das Herkommen verpflichtet, um einen Geliebten zu werben 1. Einzelne Beispiele solcher Verbindung geben mehrere Königssöhne: Agesilaos war, als er noch in der Agele, aItas des Lysandros 2, und hatte später selbst wieder einen aItas 3; sein Sohn Archi- damos liebte Sphodrias Sohn, den edlen Kleonymos 4; Kleomenes der Dritte war als Prinz Geliebter des Xenares 5, und später Liebhaber des kühnen Pan- teus 6. Derjenige, von dem die Knüpfung der Ver- bindung ausging, war fast immer der Eispnele; doch mußte der Knabe ihn dazu annehmen, nach innrer Neigung, denn Rücksicht auf Reichthum wurde für sehr schmachvoll geachtet 7: bisweilen kam es vor, daß Kna- ben freiwillig Männer baten, ihre Eispnelen zu werden 8. Ein Wetteifern und Nebenbuhlen fand von keiner Sei- te statt 9. Der Nexus selbst war einerseits sehr innig und vertraut, und andrerseits im öffentlichen Leben an- erkannt und hervortretend. Der Mann vertrat den Knaben in der Volksversammlung, wenn die Verwand- ten es nicht thaten 10; er hatte ihn gewöhnlich auch in der Schlacht in der Nähe, und oft zeigte sich hier An- hänglichkeit und Treue bis zum Tode 11: daheim war ihm der Knabe und all sein Thun den ganzen Tag vor Augen, und er ihm hinwiederum Muster und Vor-
Mai Frgm.) opprobrio fuisse adulescentibus si amatores non haberent.
1 Aelian 3, 10.
2 Plut. Ages. 2. Lys. 22.
3 Ages. 13. reg. ap. p. 128. Lac. ap. p. 177.
4 Xen. H. 5, 4, 25.
5 Plut. Kleom. 3.
6 37. -- Der Argilische Ge- liebte des Pausanias gehört nicht hieher, Thuk. 1, 132. Nep. Paus. 4.
7 Aelian 3, 10.
8 3, 12.
9 Plut. Lyk. 18.
10 Ebd. 25.
11 Xen. H. 4, 8, 39. Plut. reg. ap. a. O.
19*
das Herkommen verpflichtet, um einen Geliebten zu werben 1. Einzelne Beiſpiele ſolcher Verbindung geben mehrere Koͤnigsſoͤhne: Ageſilaos war, als er noch in der Agele, ἀΐτας des Lyſandros 2, und hatte ſpaͤter ſelbſt wieder einen ἀΐτας 3; ſein Sohn Archi- damos liebte Sphodrias Sohn, den edlen Kleonymos 4; Kleomenes der Dritte war als Prinz Geliebter des Xenares 5, und ſpaͤter Liebhaber des kuͤhnen Pan- teus 6. Derjenige, von dem die Knuͤpfung der Ver- bindung ausging, war faſt immer der Eispnele; doch mußte der Knabe ihn dazu annehmen, nach innrer Neigung, denn Ruͤckſicht auf Reichthum wurde fuͤr ſehr ſchmachvoll geachtet 7: bisweilen kam es vor, daß Kna- ben freiwillig Maͤnner baten, ihre Eispnelen zu werden 8. Ein Wetteifern und Nebenbuhlen fand von keiner Sei- te ſtatt 9. Der Nexus ſelbſt war einerſeits ſehr innig und vertraut, und andrerſeits im oͤffentlichen Leben an- erkannt und hervortretend. Der Mann vertrat den Knaben in der Volksverſammlung, wenn die Verwand- ten es nicht thaten 10; er hatte ihn gewoͤhnlich auch in der Schlacht in der Naͤhe, und oft zeigte ſich hier An- haͤnglichkeit und Treue bis zum Tode 11: daheim war ihm der Knabe und all ſein Thun den ganzen Tag vor Augen, und er ihm hinwiederum Muſter und Vor-
Mai Frgm.) opprobrio fuisse adulescentibus si amatores non haberent.
1 Aelian 3, 10.
2 Plut. Ageſ. 2. Lyſ. 22.
3 Ageſ. 13. reg. ap. p. 128. Lac. ap. p. 177.
4 Xen. H. 5, 4, 25.
5 Plut. Kleom. 3.
6 37. — Der Argiliſche Ge- liebte des Pauſanias gehoͤrt nicht hieher, Thuk. 1, 132. Nep. Pauſ. 4.
7 Aelian 3, 10.
8 3, 12.
9 Plut. Lyk. 18.
10 Ebd. 25.
11 Xen. H. 4, 8, 39. Plut. reg. ap. a. O.
19*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0297"n="291"/>
das Herkommen verpflichtet, um einen Geliebten zu<lb/>
werben <noteplace="foot"n="1">Aelian 3, 10.</note>. Einzelne Beiſpiele ſolcher Verbindung<lb/>
geben mehrere Koͤnigsſoͤhne: Ageſilaos war, als er<lb/>
noch in der Agele, ἀΐτας des Lyſandros <noteplace="foot"n="2">Plut. Ageſ. 2. Lyſ. 22.</note>, und hatte<lb/>ſpaͤter ſelbſt wieder einen ἀΐτας<noteplace="foot"n="3">Ageſ.<lb/>
13. <hirendition="#aq">reg. ap. p. 128. Lac. ap. p. 177.</hi></note>; ſein Sohn Archi-<lb/>
damos liebte Sphodrias Sohn, den edlen Kleonymos <noteplace="foot"n="4">Xen. H. 5, 4,<lb/>
25.</note>;<lb/>
Kleomenes der Dritte war als Prinz Geliebter des<lb/>
Xenares <noteplace="foot"n="5">Plut. Kleom. 3.</note>, und ſpaͤter Liebhaber des kuͤhnen Pan-<lb/>
teus <noteplace="foot"n="6">37. — Der Argiliſche Ge-<lb/>
liebte des Pauſanias gehoͤrt nicht hieher, Thuk. 1, 132. Nep.<lb/>
Pauſ. 4.</note>. Derjenige, von dem die Knuͤpfung der Ver-<lb/>
bindung ausging, war faſt immer der Eispnele; doch<lb/>
mußte der Knabe ihn dazu annehmen, nach innrer<lb/>
Neigung, denn Ruͤckſicht auf Reichthum wurde fuͤr ſehr<lb/>ſchmachvoll geachtet <noteplace="foot"n="7">Aelian 3, 10.</note>: bisweilen kam es vor, daß Kna-<lb/>
ben freiwillig Maͤnner baten, ihre Eispnelen zu werden <noteplace="foot"n="8">3, 12.</note>.<lb/>
Ein Wetteifern und Nebenbuhlen fand von keiner Sei-<lb/>
te ſtatt <noteplace="foot"n="9">Plut. Lyk.<lb/>
18.</note>. Der Nexus ſelbſt war einerſeits ſehr innig<lb/>
und vertraut, und andrerſeits im oͤffentlichen Leben an-<lb/>
erkannt und hervortretend. Der Mann vertrat den<lb/>
Knaben in der Volksverſammlung, wenn die Verwand-<lb/>
ten es nicht thaten <noteplace="foot"n="10">Ebd. 25.</note>; er hatte ihn gewoͤhnlich auch in<lb/>
der Schlacht in der Naͤhe, und oft zeigte ſich hier An-<lb/>
haͤnglichkeit und Treue bis zum Tode <noteplace="foot"n="11">Xen. H. 4, 8, 39. Plut. <hirendition="#aq">reg.<lb/>
ap.</hi> a. O.</note>: daheim war<lb/>
ihm der Knabe und all ſein Thun den ganzen Tag<lb/>
vor Augen, und er ihm hinwiederum Muſter und Vor-<lb/><notexml:id="seg2pn_35_2"prev="#seg2pn_35_1"place="foot"n="4">Mai Frgm.) <hirendition="#aq">opprobrio fuisse adulescentibus si amatores non<lb/>
haberent.</hi></note><lb/><fwplace="bottom"type="sig">19*</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[291/0297]
das Herkommen verpflichtet, um einen Geliebten zu
werben 1. Einzelne Beiſpiele ſolcher Verbindung
geben mehrere Koͤnigsſoͤhne: Ageſilaos war, als er
noch in der Agele, ἀΐτας des Lyſandros 2, und hatte
ſpaͤter ſelbſt wieder einen ἀΐτας 3; ſein Sohn Archi-
damos liebte Sphodrias Sohn, den edlen Kleonymos 4;
Kleomenes der Dritte war als Prinz Geliebter des
Xenares 5, und ſpaͤter Liebhaber des kuͤhnen Pan-
teus 6. Derjenige, von dem die Knuͤpfung der Ver-
bindung ausging, war faſt immer der Eispnele; doch
mußte der Knabe ihn dazu annehmen, nach innrer
Neigung, denn Ruͤckſicht auf Reichthum wurde fuͤr ſehr
ſchmachvoll geachtet 7: bisweilen kam es vor, daß Kna-
ben freiwillig Maͤnner baten, ihre Eispnelen zu werden 8.
Ein Wetteifern und Nebenbuhlen fand von keiner Sei-
te ſtatt 9. Der Nexus ſelbſt war einerſeits ſehr innig
und vertraut, und andrerſeits im oͤffentlichen Leben an-
erkannt und hervortretend. Der Mann vertrat den
Knaben in der Volksverſammlung, wenn die Verwand-
ten es nicht thaten 10; er hatte ihn gewoͤhnlich auch in
der Schlacht in der Naͤhe, und oft zeigte ſich hier An-
haͤnglichkeit und Treue bis zum Tode 11: daheim war
ihm der Knabe und all ſein Thun den ganzen Tag
vor Augen, und er ihm hinwiederum Muſter und Vor-
4
1 Aelian 3, 10.
2 Plut. Ageſ. 2. Lyſ. 22.
3 Ageſ.
13. reg. ap. p. 128. Lac. ap. p. 177.
4 Xen. H. 5, 4,
25.
5 Plut. Kleom. 3.
6 37. — Der Argiliſche Ge-
liebte des Pauſanias gehoͤrt nicht hieher, Thuk. 1, 132. Nep.
Pauſ. 4.
7 Aelian 3, 10.
8 3, 12.
9 Plut. Lyk.
18.
10 Ebd. 25.
11 Xen. H. 4, 8, 39. Plut. reg.
ap. a. O.
4 Mai Frgm.) opprobrio fuisse adulescentibus si amatores non
haberent.
19*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/297>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.