Viel ziemt reden dem Mann, doch der Frau sich an Allem zu freuen. 1.
Wenn aber derselbe Aristoteles Spartas Frauen vor- wirft, daß sie dem Vaterlande in Zeiten der Noth und Bedrängniß nie wesentlich genützt: so verlangt er einer- seits von ihnen, was auch in Sparta ganz außer ih- rer Bestimmung lag; andrerseits hat ihn noch die nach- folgende Zeit genugsam widerlegt, die letzten Tage La- kedämons, welche Frauentugend mit wunderbarem Glanze erhellte 2. Im Ganzen hatte sich indeß doch auch den Athenern, so wenig sie ihre eignen Frauen achteten, unwillkührlich eine Ehrfurcht vor Spar- ta's Heroinen, wie vor einer Gorgo, Leonidas Ge- mahlin, einer Lampito, Leutychidas Tochter, Archida- mos Frau und Agis Mutter 3, eingeprägt, die selbst durch Aristophanes kecke Scherze bisweilen hindurchblickt.
5.
Wie aus dieser Stellung des weiblichen Ge- schlechts zu dem männlichen bei den Doriern eine ganz andre Ansicht, als die zu Athen herrschende, von der den Frauen zuträglichen Bildung hervorging, ist zum Theil schon angedeutet worden, und wird weiter unten an mehrern Stellen noch hervorgehoben werden. Im allgemeinen gilt die Bemerkung, daß, wenn bei den Joniern die Frauen fast nur als leibliche Wesen betrachtet wurden, als Mägde nämlich und Beischläfe- rinnen, und die Aeoler dagegen ihrer Sensibilität eine höhere Entwickelung gestatteten, von der die erotischen Dichterinnen von Lesbos zeugen 4, doch die Dorier fast
1 Frgm. 13. Wlck. vgl. Franck. Tyrt. S. 173. u. S. 203.
2 S. z. B. Plut. Kleom. 38.
3 Platon. Alkib. I, 41. Plin. H. N. 7, 41. vgl. das Apophth. der Gorgo bei Plut. p. 258.
4 Doch standen auch die Böoterinnen, Korinna und Myrto, wie die Arkaderin Diotima (vgl. über diese Fr. Schlegel, Griechen und
Viel ziemt reden dem Mann, doch der Frau ſich an Allem zu freuen. 1.
Wenn aber derſelbe Ariſtoteles Spartas Frauen vor- wirft, daß ſie dem Vaterlande in Zeiten der Noth und Bedraͤngniß nie weſentlich genuͤtzt: ſo verlangt er einer- ſeits von ihnen, was auch in Sparta ganz außer ih- rer Beſtimmung lag; andrerſeits hat ihn noch die nach- folgende Zeit genugſam widerlegt, die letzten Tage La- kedaͤmons, welche Frauentugend mit wunderbarem Glanze erhellte 2. Im Ganzen hatte ſich indeß doch auch den Athenern, ſo wenig ſie ihre eignen Frauen achteten, unwillkuͤhrlich eine Ehrfurcht vor Spar- ta’s Heroinen, wie vor einer Gorgo, Leonidas Ge- mahlin, einer Lampito, Leutychidas Tochter, Archida- mos Frau und Agis Mutter 3, eingepraͤgt, die ſelbſt durch Ariſtophanes kecke Scherze bisweilen hindurchblickt.
5.
Wie aus dieſer Stellung des weiblichen Ge- ſchlechts zu dem maͤnnlichen bei den Doriern eine ganz andre Anſicht, als die zu Athen herrſchende, von der den Frauen zutraͤglichen Bildung hervorging, iſt zum Theil ſchon angedeutet worden, und wird weiter unten an mehrern Stellen noch hervorgehoben werden. Im allgemeinen gilt die Bemerkung, daß, wenn bei den Joniern die Frauen faſt nur als leibliche Weſen betrachtet wurden, als Maͤgde naͤmlich und Beiſchlaͤfe- rinnen, und die Aeoler dagegen ihrer Senſibilitaͤt eine hoͤhere Entwickelung geſtatteten, von der die erotiſchen Dichterinnen von Lesbos zeugen 4, doch die Dorier faſt
1 Frgm. 13. Wlck. vgl. Franck. Tyrt. S. 173. u. S. 203.
2 S. z. B. Plut. Kleom. 38.
3 Platon. Alkib. I, 41. Plin. H. N. 7, 41. vgl. das Apophth. der Gorgo bei Plut. p. 258.
4 Doch ſtanden auch die Boͤoterinnen, Korinna und Myrto, wie die Arkaderin Diotima (vgl. uͤber dieſe Fr. Schlegel, Griechen und
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Viel ziemt reden dem Mann, doch der Frau ſich an Allem
zu freuen. 1.
Wenn aber derſelbe Ariſtoteles Spartas Frauen vor-
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Bedraͤngniß nie weſentlich genuͤtzt: ſo verlangt er einer-
ſeits von ihnen, was auch in Sparta ganz außer ih-
rer Beſtimmung lag; andrerſeits hat ihn noch die nach-
folgende Zeit genugſam widerlegt, die letzten Tage La-
kedaͤmons, welche Frauentugend mit wunderbarem
Glanze erhellte 2. Im Ganzen hatte ſich indeß doch
auch den Athenern, ſo wenig ſie ihre eignen Frauen
achteten, unwillkuͤhrlich eine Ehrfurcht vor Spar-
ta’s Heroinen, wie vor einer Gorgo, Leonidas Ge-
mahlin, einer Lampito, Leutychidas Tochter, Archida-
mos Frau und Agis Mutter 3, eingepraͤgt, die ſelbſt
durch Ariſtophanes kecke Scherze bisweilen hindurchblickt.
5.
Wie aus dieſer Stellung des weiblichen Ge-
ſchlechts zu dem maͤnnlichen bei den Doriern eine
ganz andre Anſicht, als die zu Athen herrſchende, von
der den Frauen zutraͤglichen Bildung hervorging, iſt
zum Theil ſchon angedeutet worden, und wird weiter
unten an mehrern Stellen noch hervorgehoben werden.
Im allgemeinen gilt die Bemerkung, daß, wenn bei
den Joniern die Frauen faſt nur als leibliche Weſen
betrachtet wurden, als Maͤgde naͤmlich und Beiſchlaͤfe-
rinnen, und die Aeoler dagegen ihrer Senſibilitaͤt eine
hoͤhere Entwickelung geſtatteten, von der die erotiſchen
Dichterinnen von Lesbos zeugen 4, doch die Dorier faſt
1 Frgm. 13. Wlck. vgl. Franck. Tyrt. S. 173. u. S. 203.
2 S. z. B. Plut. Kleom. 38.
3 Platon. Alkib. I, 41.
Plin. H. N. 7, 41. vgl. das Apophth. der Gorgo bei Plut. p. 258.
4 Doch ſtanden auch die Boͤoterinnen, Korinna und Myrto, wie
die Arkaderin Diotima (vgl. uͤber dieſe Fr. Schlegel, Griechen und
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/294>, abgerufen am 22.12.2024.
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