Wie die Dorische Haushaltung: so trägt auch das Dorische Recht, so viel wir davon bei dem Man- gel an Quellen erfahren, einen sehr alterthümlichen Charakter. Es spricht die Gesinnung der Zeit, in der es entstanden, mit viel Bestimmtheit aus, und eine gewisse Hoheit und Strenge des Charakters ist darin nicht zu verkennen. Aber eben deswegen war es den Verhältnissen des freiern und bewegtern Lebens späte- rer Zeit unangemessen, und bestand in diesen nur durch Sparta's Isolirung. -- So mußte gleich in dem ge- nannten Staate noch mehr, als im ältern Griechen- lande sonst der Fall war, das Privatrecht aller genauern Bestimmungen entbehren, da das Mein und Dein nach der Grundidee desselben eine geringfügige Sache sein sollte; in den Sprüchen und Sätzen, die man als Lykurgisch ansah, war keine Verfügung dar- über; und die Ephoren als Richter waren an ihren eigenen Sinn der Billigkeit gewiesen. Ja es hatten die alten Gesetzgeber einen offenbaren Widerwillen ge- gen strengere Rechtsformen hierin; wie Zaleukos, der sonst zuerst einige Bestimmungen über Sachen- und Ob- ligationenrecht gab 1, doch ausdrücklich Schuldscheine untersagte 2. Dagegen hatte das Recht jener Zeit eine noch viel mehr persönliche Tendenz, und war in
1 Str. 6, 393.
2 Zenob. Prov. 5, 4.
11.
1.
Wie die Doriſche Haushaltung: ſo traͤgt auch das Doriſche Recht, ſo viel wir davon bei dem Man- gel an Quellen erfahren, einen ſehr alterthuͤmlichen Charakter. Es ſpricht die Geſinnung der Zeit, in der es entſtanden, mit viel Beſtimmtheit aus, und eine gewiſſe Hoheit und Strenge des Charakters iſt darin nicht zu verkennen. Aber eben deswegen war es den Verhaͤltniſſen des freiern und bewegtern Lebens ſpaͤte- rer Zeit unangemeſſen, und beſtand in dieſen nur durch Sparta’s Iſolirung. — So mußte gleich in dem ge- nannten Staate noch mehr, als im aͤltern Griechen- lande ſonſt der Fall war, das Privatrecht aller genauern Beſtimmungen entbehren, da das Mein und Dein nach der Grundidee deſſelben eine geringfuͤgige Sache ſein ſollte; in den Spruͤchen und Saͤtzen, die man als Lykurgiſch anſah, war keine Verfuͤgung dar- uͤber; und die Ephoren als Richter waren an ihren eigenen Sinn der Billigkeit gewieſen. Ja es hatten die alten Geſetzgeber einen offenbaren Widerwillen ge- gen ſtrengere Rechtsformen hierin; wie Zaleukos, der ſonſt zuerſt einige Beſtimmungen uͤber Sachen- und Ob- ligationenrecht gab 1, doch ausdruͤcklich Schuldſcheine unterſagte 2. Dagegen hatte das Recht jener Zeit eine noch viel mehr perſoͤnliche Tendenz, und war in
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2 Zenob. Prov. 5, 4.
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1.
Wie die Doriſche Haushaltung: ſo traͤgt auch
das Doriſche Recht, ſo viel wir davon bei dem Man-
gel an Quellen erfahren, einen ſehr alterthuͤmlichen
Charakter. Es ſpricht die Geſinnung der Zeit, in der
es entſtanden, mit viel Beſtimmtheit aus, und eine
gewiſſe Hoheit und Strenge des Charakters iſt darin
nicht zu verkennen. Aber eben deswegen war es den
Verhaͤltniſſen des freiern und bewegtern Lebens ſpaͤte-
rer Zeit unangemeſſen, und beſtand in dieſen nur durch
Sparta’s Iſolirung. — So mußte gleich in dem ge-
nannten Staate noch mehr, als im aͤltern Griechen-
lande ſonſt der Fall war, das Privatrecht aller
genauern Beſtimmungen entbehren, da das Mein und
Dein nach der Grundidee deſſelben eine geringfuͤgige
Sache ſein ſollte; in den Spruͤchen und Saͤtzen, die
man als Lykurgiſch anſah, war keine Verfuͤgung dar-
uͤber; und die Ephoren als Richter waren an ihren
eigenen Sinn der Billigkeit gewieſen. Ja es hatten
die alten Geſetzgeber einen offenbaren Widerwillen ge-
gen ſtrengere Rechtsformen hierin; wie Zaleukos, der
ſonſt zuerſt einige Beſtimmungen uͤber Sachen- und Ob-
ligationenrecht gab 1, doch ausdruͤcklich Schuldſcheine
unterſagte 2. Dagegen hatte das Recht jener Zeit eine
noch viel mehr perſoͤnliche Tendenz, und war in
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2 Zenob. Prov. 5, 4.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/224>, abgerufen am 04.12.2024.
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