Demokratie auf kurze Zeit und nur halb und halb her 1; denn eigentlich lag es in seinem Sinne, eine Dorische Aristokratie nach dem Muster Sparta's und Kreta's einzuführen 2. Mit mehr Entschiedenheit machte Timo- leon die eigentliche Demokratie wieder zur gesetzlichen Verfassung 3, wie sich versteht nicht ohne Sykophanten und Demagogen, die ihre Waffen auch gegen den Gründer der neuen Freiheit zu kehren nicht träge wa- ren 4. Als eine aristokratische Beimischung kann man das Amt des Amphipolos des Olympischen Zeus an- sehen, welches von Ol. 109, 2. an drei Jahrhunderte fortdauerte, und mit dem höchsten Ansehen -- es gab dem Jahre den Namen -- wohl auch Einfluß auf den Staat verband. Es wurden aber dazu aus drei Ge- schlechtern drei Candidaten durch Stimmen gewählt, und einer davon durch das Loos bestimmt 5. Uebri- gens ließ Timoleon die Gesetze durch einen Korinthier, Kephalos, revidiren, der sich aber nur Exegeten des Diokleischen Codex nennen ließ, obgleich er das Privat- recht, wie es scheint, neu umarbeitete 6. Wir eilen über die spätern Zeiten schnell hinweg, im allgemeinen bemerkend, daß eine schwächliche Demokratie hindurch- geht, oft im Streite mit oligarchischen Hetärieen 7, und dann demagogischen Tyrannen, wie dem Agatho- kles, der neue Aeckervertheilung und Schuldenbefreiung verhieß, in die Arme fallend 8. Hieron II. ließ den
1 Plut. Dion 28.
2 ebd. 53. skhema - aristokratian ekhon ten epiotatousan kai brabeuousan ta megista. Vgl. oben S. 15.
3 Diod. 16, 70.
4 Plut. Tim. 37.
5 Diod. 16, 31. mit Wessel. Note. Cic. in Verr. 1. 2, 51.
6 Diod. 13, 35. 16, 70.
7 Diod. 19, 3-5. -- Nach einer solchen und vor Agathokles leitete den Staat gesetzlich ein Synedrion von 600 der Angesehensten (khariestatois). 19, 6.
8 Diod. 19, 4. 6-9. Volksversammlungen unter ihm, wenn es ihm einfiel, den demoti- kos zu spielen. Diod. 20, 63. 79.
Demokratie auf kurze Zeit und nur halb und halb her 1; denn eigentlich lag es in ſeinem Sinne, eine Doriſche Ariſtokratie nach dem Muſter Sparta’s und Kreta’s einzufuͤhren 2. Mit mehr Entſchiedenheit machte Timo- leon die eigentliche Demokratie wieder zur geſetzlichen Verfaſſung 3, wie ſich verſteht nicht ohne Sykophanten und Demagogen, die ihre Waffen auch gegen den Gruͤnder der neuen Freiheit zu kehren nicht traͤge wa- ren 4. Als eine ariſtokratiſche Beimiſchung kann man das Amt des Amphipolos des Olympiſchen Zeus an- ſehen, welches von Ol. 109, 2. an drei Jahrhunderte fortdauerte, und mit dem hoͤchſten Anſehen — es gab dem Jahre den Namen — wohl auch Einfluß auf den Staat verband. Es wurden aber dazu aus drei Ge- ſchlechtern drei Candidaten durch Stimmen gewaͤhlt, und einer davon durch das Loos beſtimmt 5. Uebri- gens ließ Timoleon die Geſetze durch einen Korinthier, Kephalos, revidiren, der ſich aber nur Exegeten des Diokleiſchen Codex nennen ließ, obgleich er das Privat- recht, wie es ſcheint, neu umarbeitete 6. Wir eilen uͤber die ſpaͤtern Zeiten ſchnell hinweg, im allgemeinen bemerkend, daß eine ſchwaͤchliche Demokratie hindurch- geht, oft im Streite mit oligarchiſchen Hetaͤrieen 7, und dann demagogiſchen Tyrannen, wie dem Agatho- kles, der neue Aeckervertheilung und Schuldenbefreiung verhieß, in die Arme fallend 8. Hieron II. ließ den
5 Diod. 16, 31. mit Weſſel. Note. Cic. in Verr. 1. 2, 51.
6 Diod. 13, 35. 16, 70.
7 Diod. 19, 3-5. — Nach einer ſolchen und vor Agathokles leitete den Staat geſetzlich ein Synedrion von 600 der Angeſehenſten (χαϱιεστάτοις). 19, 6.
8 Diod. 19, 4. 6-9. Volksverſammlungen unter ihm, wenn es ihm einfiel, den δημοτι- κὸς zu ſpielen. Diod. 20, 63. 79.
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einzufuͤhren 2. Mit mehr Entſchiedenheit machte Timo-
leon die eigentliche Demokratie wieder zur geſetzlichen
Verfaſſung 3, wie ſich verſteht nicht ohne Sykophanten
und Demagogen, die ihre Waffen auch gegen den
Gruͤnder der neuen Freiheit zu kehren nicht traͤge wa-
ren 4. Als eine ariſtokratiſche Beimiſchung kann man
das Amt des Amphipolos des Olympiſchen Zeus an-
ſehen, welches von Ol. 109, 2. an drei Jahrhunderte
fortdauerte, und mit dem hoͤchſten Anſehen — es gab
dem Jahre den Namen — wohl auch Einfluß auf den
Staat verband. Es wurden aber dazu aus drei Ge-
ſchlechtern drei Candidaten durch Stimmen gewaͤhlt,
und einer davon durch das Loos beſtimmt 5. Uebri-
gens ließ Timoleon die Geſetze durch einen Korinthier,
Kephalos, revidiren, der ſich aber nur Exegeten des
Diokleiſchen Codex nennen ließ, obgleich er das Privat-
recht, wie es ſcheint, neu umarbeitete 6. Wir eilen
uͤber die ſpaͤtern Zeiten ſchnell hinweg, im allgemeinen
bemerkend, daß eine ſchwaͤchliche Demokratie hindurch-
geht, oft im Streite mit oligarchiſchen Hetaͤrieen 7,
und dann demagogiſchen Tyrannen, wie dem Agatho-
kles, der neue Aeckervertheilung und Schuldenbefreiung
verhieß, in die Arme fallend 8. Hieron II. ließ den
1 Plut. Dion 28.
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τὴν ἐπιοτατοῦσαν ϰαὶ βϱαβεύουσαν τὰ μέγιστα. Vgl. oben S. 15.
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4 Plut. Tim. 37.
5 Diod. 16, 31.
mit Weſſel. Note. Cic. in Verr. 1. 2, 51.
6 Diod. 13, 35.
16, 70.
7 Diod. 19, 3-5. — Nach einer ſolchen und vor
Agathokles leitete den Staat geſetzlich ein Synedrion von 600 der
Angeſehenſten (χαϱιεστάτοις). 19, 6.
8 Diod. 19, 4. 6-9.
Volksverſammlungen unter ihm, wenn es ihm einfiel, den δημοτι-
κὸς zu ſpielen. Diod. 20, 63. 79.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/168>, abgerufen am 16.02.2025.
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