Mit den Ephoren Sparta's vergleichen Aristote- les, Ephoros, Cicero die Kretischen Kosmen1. Arg- wöhnisch indessen gegen die Richtigkeit der Vergleichung muß uns zuerst der Umstand machen, daß die größere Macht der Ephorie sich nicht in der Spartiatischen Ur- verfassung findet, und es also auch in der mit dieser zunächst verwandten Kretischen nicht wohl etwas dieser Entsprechendes geben konnte. Noch mehr aber spricht dagegen, daß die Kosmen aus einzelnen Geschlech- tern, mehr nach dem Ansehen derselben als nach per- sönlicher Würdigkeit, gewählt wurden 2: denn wenn wir von dem Begriffe der Ephoren die Erwählung aus dem Demos trennen, geben wir das Wesen derselben auf. Stehen wir aber von dieser Vergleichung ab, und müssen wir doch nach der durchherrschenden Analogie der beiden Verfassungen eine andere an die Stelle setzen: so finden wir den Kosmen unter den Spartiatischen Magistraten keine andern entsprechend als die Könige, aus denen jene ebenso hervorgegangen scheinen, wie an- derwärts Prytanen, Artynen u. s. w., indem man die ausgegangene monarchische Würde durch ein aristokrati- sches Element zu ersetzen suchte.
1 Polit. 2, 7, 3. -- bei Str. 10, 482 a. -- de rep. 2, 33. Van Dale de Ephoris et Cosmis in seinen Dissert. antiquar.
2 Arist. 2, 7, 5.
8.
1.
Mit den Ephoren Sparta’s vergleichen Ariſtote- les, Ephoros, Cicero die Kretiſchen Kosmen1. Arg- woͤhniſch indeſſen gegen die Richtigkeit der Vergleichung muß uns zuerſt der Umſtand machen, daß die groͤßere Macht der Ephorie ſich nicht in der Spartiatiſchen Ur- verfaſſung findet, und es alſo auch in der mit dieſer zunaͤchſt verwandten Kretiſchen nicht wohl etwas dieſer Entſprechendes geben konnte. Noch mehr aber ſpricht dagegen, daß die Kosmen aus einzelnen Geſchlech- tern, mehr nach dem Anſehen derſelben als nach per- ſoͤnlicher Wuͤrdigkeit, gewaͤhlt wurden 2: denn wenn wir von dem Begriffe der Ephoren die Erwaͤhlung aus dem Demos trennen, geben wir das Weſen derſelben auf. Stehen wir aber von dieſer Vergleichung ab, und muͤſſen wir doch nach der durchherrſchenden Analogie der beiden Verfaſſungen eine andere an die Stelle ſetzen: ſo finden wir den Kosmen unter den Spartiatiſchen Magiſtraten keine andern entſprechend als die Koͤnige, aus denen jene ebenſo hervorgegangen ſcheinen, wie an- derwaͤrts Prytanen, Artynen u. ſ. w., indem man die ausgegangene monarchiſche Wuͤrde durch ein ariſtokrati- ſches Element zu erſetzen ſuchte.
1 Polit. 2, 7, 3. — bei Str. 10, 482 a. — de rep. 2, 33. Van Dale de Ephoris et Cosmis in ſeinen Dissert. antiquar.
2 Ariſt. 2, 7, 5.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0136"n="130"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>8.</head><lb/><divn="3"><head>1.</head><lb/><p><hirendition="#in">M</hi>it den Ephoren Sparta’s vergleichen Ariſtote-<lb/>
les, Ephoros, Cicero die Kretiſchen <hirendition="#g">Kosmen</hi><noteplace="foot"n="1">Polit. 2, 7, 3. — bei Str. 10, 482 <hirendition="#aq">a. — de rep.</hi> 2, 33.<lb/>
Van Dale <hirendition="#aq">de Ephoris et Cosmis</hi> in ſeinen <hirendition="#aq">Dissert. antiquar.</hi></note>. Arg-<lb/>
woͤhniſch indeſſen gegen die Richtigkeit der Vergleichung<lb/>
muß uns zuerſt der Umſtand machen, daß die groͤßere<lb/>
Macht der Ephorie ſich nicht in der Spartiatiſchen Ur-<lb/>
verfaſſung findet, und es alſo auch in der mit dieſer<lb/>
zunaͤchſt verwandten Kretiſchen nicht wohl etwas dieſer<lb/>
Entſprechendes geben konnte. Noch mehr aber ſpricht<lb/>
dagegen, daß die Kosmen aus einzelnen <hirendition="#g">Geſchlech-<lb/>
tern</hi>, mehr nach dem Anſehen derſelben als nach per-<lb/>ſoͤnlicher Wuͤrdigkeit, gewaͤhlt wurden <noteplace="foot"n="2">Ariſt. 2, 7, 5.</note>: denn wenn<lb/>
wir von dem Begriffe der Ephoren die Erwaͤhlung aus<lb/>
dem Demos trennen, geben wir das Weſen derſelben<lb/>
auf. Stehen wir aber von dieſer Vergleichung ab, und<lb/>
muͤſſen wir doch nach der durchherrſchenden Analogie<lb/>
der beiden Verfaſſungen eine andere an die Stelle ſetzen:<lb/>ſo finden wir den Kosmen unter den Spartiatiſchen<lb/>
Magiſtraten keine andern entſprechend als die Koͤnige,<lb/>
aus denen jene ebenſo hervorgegangen ſcheinen, wie an-<lb/>
derwaͤrts Prytanen, Artynen u. ſ. w., indem man die<lb/>
ausgegangene monarchiſche Wuͤrde durch ein ariſtokrati-<lb/>ſches Element zu erſetzen ſuchte.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[130/0136]
8.
1.
Mit den Ephoren Sparta’s vergleichen Ariſtote-
les, Ephoros, Cicero die Kretiſchen Kosmen 1. Arg-
woͤhniſch indeſſen gegen die Richtigkeit der Vergleichung
muß uns zuerſt der Umſtand machen, daß die groͤßere
Macht der Ephorie ſich nicht in der Spartiatiſchen Ur-
verfaſſung findet, und es alſo auch in der mit dieſer
zunaͤchſt verwandten Kretiſchen nicht wohl etwas dieſer
Entſprechendes geben konnte. Noch mehr aber ſpricht
dagegen, daß die Kosmen aus einzelnen Geſchlech-
tern, mehr nach dem Anſehen derſelben als nach per-
ſoͤnlicher Wuͤrdigkeit, gewaͤhlt wurden 2: denn wenn
wir von dem Begriffe der Ephoren die Erwaͤhlung aus
dem Demos trennen, geben wir das Weſen derſelben
auf. Stehen wir aber von dieſer Vergleichung ab, und
muͤſſen wir doch nach der durchherrſchenden Analogie
der beiden Verfaſſungen eine andere an die Stelle ſetzen:
ſo finden wir den Kosmen unter den Spartiatiſchen
Magiſtraten keine andern entſprechend als die Koͤnige,
aus denen jene ebenſo hervorgegangen ſcheinen, wie an-
derwaͤrts Prytanen, Artynen u. ſ. w., indem man die
ausgegangene monarchiſche Wuͤrde durch ein ariſtokrati-
ſches Element zu erſetzen ſuchte.
1 Polit. 2, 7, 3. — bei Str. 10, 482 a. — de rep. 2, 33.
Van Dale de Ephoris et Cosmis in ſeinen Dissert. antiquar.
2 Ariſt. 2, 7, 5.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/136>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.