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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Heliäa gegen den Areopag stieg, so in Sparta die
Ephorie gegen die Gerusie.

Erstens wurde die Gerichtsbarkeit der Epho-
ren ausgedehnt 1: besonders dadurch, daß sie die Prü-
fungen (euthunai) aller Magistrate, mit Ausnahme der
Geronten, erhielten 2: was wohl nicht so zu verstehen ist,
als hätten ihnen jene jedesmal nach Niederlegung ihres
Amtes Rechenschaft abgelegt, sondern nur so, daß sie
dieselben, wenn in ihrer Verwaltung irgend etwas
Verdacht auf sich gezogen, nöthigen konnten, sich vor
ihnen zu verantworten: welches Recht aber, da es die
Ephoren des vorigen Jahres mit betraf 3, die Ge-
walt, die es verlieh, zugleich auch beschränkte. Es
waren aber die Ephoren nicht gehalten, den Ablauf
der Zeit eines Amtes abzuwarten, sondern sie konnten
die Verwaltung desselben durch ihr Gericht unterbre-
chen, oder ihr ein Ende machen 4. Nun war in die-
ser Hinsicht der König den übrigen Magistraten ganz
gleich gestellt, und wurde, wie die andern, vor das
Tribunal der Ephoren gezogen. Schon vor den Per-
serkriegen mußte sich Kleomenes vor ihnen der Beste-
chung (dorodokias) anklagen lassen 5. Der König war
jederzeit verbunden, ihrer Vorladung zu gehorchen 6:
daß er aber erst auf das drittemal Folge zu leisten
gezwungen war, brauchte Kleomenes III. als ein Ar-
gument dafür, daß dies Recht der Ephoren ursprüng-
lich eine Anmaßung sei 7. Indessen ging deren Macht
faktisch so weit, daß sie den König wie die andern
Magistrate in dringenden Fällen ohne Berathung der
Ekklesia in Gewahrsam nehmen, und vor ein Gericht

1 kriseon megalon kurioi, Arist. 2, 6, 16.
2 2, 6, 17.
3 Plut. Ag. 12.
4 Xen. Staat 8, 4.
5 He-
rod. 6, 82.
6 Xen. Ages. 1, 36. Plut. Ag. 4. Kleom. 10.
an seni 27. praec. reip. ger. 21.
7 Plut. Kleom. 10.

Heliaͤa gegen den Areopag ſtieg, ſo in Sparta die
Ephorie gegen die Geruſie.

Erſtens wurde die Gerichtsbarkeit der Epho-
ren ausgedehnt 1: beſonders dadurch, daß ſie die Pruͤ-
fungen (εὐϑύναι) aller Magiſtrate, mit Ausnahme der
Geronten, erhielten 2: was wohl nicht ſo zu verſtehen iſt,
als haͤtten ihnen jene jedesmal nach Niederlegung ihres
Amtes Rechenſchaft abgelegt, ſondern nur ſo, daß ſie
dieſelben, wenn in ihrer Verwaltung irgend etwas
Verdacht auf ſich gezogen, noͤthigen konnten, ſich vor
ihnen zu verantworten: welches Recht aber, da es die
Ephoren des vorigen Jahres mit betraf 3, die Ge-
walt, die es verlieh, zugleich auch beſchraͤnkte. Es
waren aber die Ephoren nicht gehalten, den Ablauf
der Zeit eines Amtes abzuwarten, ſondern ſie konnten
die Verwaltung deſſelben durch ihr Gericht unterbre-
chen, oder ihr ein Ende machen 4. Nun war in die-
ſer Hinſicht der Koͤnig den uͤbrigen Magiſtraten ganz
gleich geſtellt, und wurde, wie die andern, vor das
Tribunal der Ephoren gezogen. Schon vor den Per-
ſerkriegen mußte ſich Kleomenes vor ihnen der Beſte-
chung (δωροδοκίας) anklagen laſſen 5. Der Koͤnig war
jederzeit verbunden, ihrer Vorladung zu gehorchen 6:
daß er aber erſt auf das drittemal Folge zu leiſten
gezwungen war, brauchte Kleomenes III. als ein Ar-
gument dafuͤr, daß dies Recht der Ephoren urſpruͤng-
lich eine Anmaßung ſei 7. Indeſſen ging deren Macht
faktiſch ſo weit, daß ſie den Koͤnig wie die andern
Magiſtrate in dringenden Faͤllen ohne Berathung der
Ekkleſia in Gewahrſam nehmen, und vor ein Gericht

1 κϱίσεων μεγάλων κύϱιοι, Ariſt. 2, 6, 16.
2 2, 6, 17.
3 Plut. Ag. 12.
4 Xen. Staat 8, 4.
5 He-
rod. 6, 82.
6 Xen. Ageſ. 1, 36. Plut. Ag. 4. Kleom. 10.
an seni 27. praec. reip. ger. 21.
7 Plut. Kleom. 10.
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[118/0124] Heliaͤa gegen den Areopag ſtieg, ſo in Sparta die Ephorie gegen die Geruſie. Erſtens wurde die Gerichtsbarkeit der Epho- ren ausgedehnt 1: beſonders dadurch, daß ſie die Pruͤ- fungen (εὐϑύναι) aller Magiſtrate, mit Ausnahme der Geronten, erhielten 2: was wohl nicht ſo zu verſtehen iſt, als haͤtten ihnen jene jedesmal nach Niederlegung ihres Amtes Rechenſchaft abgelegt, ſondern nur ſo, daß ſie dieſelben, wenn in ihrer Verwaltung irgend etwas Verdacht auf ſich gezogen, noͤthigen konnten, ſich vor ihnen zu verantworten: welches Recht aber, da es die Ephoren des vorigen Jahres mit betraf 3, die Ge- walt, die es verlieh, zugleich auch beſchraͤnkte. Es waren aber die Ephoren nicht gehalten, den Ablauf der Zeit eines Amtes abzuwarten, ſondern ſie konnten die Verwaltung deſſelben durch ihr Gericht unterbre- chen, oder ihr ein Ende machen 4. Nun war in die- ſer Hinſicht der Koͤnig den uͤbrigen Magiſtraten ganz gleich geſtellt, und wurde, wie die andern, vor das Tribunal der Ephoren gezogen. Schon vor den Per- ſerkriegen mußte ſich Kleomenes vor ihnen der Beſte- chung (δωροδοκίας) anklagen laſſen 5. Der Koͤnig war jederzeit verbunden, ihrer Vorladung zu gehorchen 6: daß er aber erſt auf das drittemal Folge zu leiſten gezwungen war, brauchte Kleomenes III. als ein Ar- gument dafuͤr, daß dies Recht der Ephoren urſpruͤng- lich eine Anmaßung ſei 7. Indeſſen ging deren Macht faktiſch ſo weit, daß ſie den Koͤnig wie die andern Magiſtrate in dringenden Faͤllen ohne Berathung der Ekkleſia in Gewahrſam nehmen, und vor ein Gericht 1 κϱίσεων μεγάλων κύϱιοι, Ariſt. 2, 6, 16. 2 2, 6, 17. 3 Plut. Ag. 12. 4 Xen. Staat 8, 4. 5 He- rod. 6, 82. 6 Xen. Ageſ. 1, 36. Plut. Ag. 4. Kleom. 10. an seni 27. praec. reip. ger. 21. 7 Plut. Kleom. 10.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/124>, abgerufen am 21.11.2024.