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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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herrngewalt gefährlich und übermäßig, und wurde mehr
und mehr gemindert. Nicht zwar durch die Verfügung,
welche die Uneinigkeit des Demarat und Kleomenes
hervorbrachte, daß nur ein König zugleich ins Feld
ziehen sollte 1, denn diese erhöhete vielmehr die Ge-
walt des Einen ausgeschickten; aber besonders durch
das Gesetz, daß der König nicht ohne zehn Räthe
ausziehen dürfe, zu welchem Agis übereilter Waffen-
stillstand Anlaß gab 2, und durch die aufgedrungene
Begleitung der Ephoren 3.

9.

Die Untersuchung über die Einkünfte des Kö-
nigs ist an sich selbst nicht so bedeutend, als sie durch
die Parallele mit dem homerischen Königthume inter-
essant wird. Bei Homer haben die Fürsten dreierlei
Einkünfte; erstens den Ertrag ihres Landguts (teme-
nos) 4, welches oft Aecker, Viehweiden, Baumpflan-
zungen in sich faßt; zweitens den Lohn für den einzel-
nen Richtspruch (dora), drittens die öffentlichen Mahl-
zeiten, welche vom Gute der Gemeine bestritten wer-
den 5. Dazu kommen noch außerordentliche Gaben,
Antheile an der Beute und andere Ehrengeschenke. Fast

au in ou nicht einsehe; mentoi zeigt den Gegensatz gegen die vori-
ge reinkriegerische Thätigkeit.
1 Herod. 5, 75. Selten waren beide K. außerhalb Sp. Xen.
Hell. 5, 3, 10.
2 Th. 5, 63., wo en paronti nicht besagt,
daß sie das Gesetz blos für einen Feldzug gaben. vgl. Manso Sp.
1, 2. S. 231. 2, 378 k. Von den Dreißig beim K. unten K. 12.
3 unten K. 7.
4 Od. 11, 184. Il. 12, 312. vgl. 9, 578. Pind. O.
13, 60. bathus klaros.
5 Dies heißt demia pinein Il. 17, 250.
(vgl. siteomenoi ta demosia Herod. 6, 57). In Kreta werden
die Fremden demothen gespeist, Od. 19, 197. vgl. Aesch. Iket.
964. und Platner a. O. p. 100. Die Stelle Od. 11, 184. ist zu
übersetzen: Ruhig genießt Telem. den königl. Landbesitz und speist
die ihm zukommenden Mahlzeiten, die ein richtender Mann genie-
ßen soll: denn alle laden ihn ein. Ueber die letztern Worte s.
S. 106. unten.

herrngewalt gefaͤhrlich und uͤbermaͤßig, und wurde mehr
und mehr gemindert. Nicht zwar durch die Verfuͤgung,
welche die Uneinigkeit des Demarat und Kleomenes
hervorbrachte, daß nur ein Koͤnig zugleich ins Feld
ziehen ſollte 1, denn dieſe erhoͤhete vielmehr die Ge-
walt des Einen ausgeſchickten; aber beſonders durch
das Geſetz, daß der Koͤnig nicht ohne zehn Raͤthe
ausziehen duͤrfe, zu welchem Agis uͤbereilter Waffen-
ſtillſtand Anlaß gab 2, und durch die aufgedrungene
Begleitung der Ephoren 3.

9.

Die Unterſuchung uͤber die Einkuͤnfte des Koͤ-
nigs iſt an ſich ſelbſt nicht ſo bedeutend, als ſie durch
die Parallele mit dem homeriſchen Koͤnigthume inter-
eſſant wird. Bei Homer haben die Fuͤrſten dreierlei
Einkuͤnfte; erſtens den Ertrag ihres Landguts (τέμε-
νος) 4, welches oft Aecker, Viehweiden, Baumpflan-
zungen in ſich faßt; zweitens den Lohn fuͤr den einzel-
nen Richtſpruch (δῶρα), drittens die oͤffentlichen Mahl-
zeiten, welche vom Gute der Gemeine beſtritten wer-
den 5. Dazu kommen noch außerordentliche Gaben,
Antheile an der Beute und andere Ehrengeſchenke. Faſt

αὔ in οὐ nicht einſehe; μέντοι zeigt den Gegenſatz gegen die vori-
ge reinkriegeriſche Thaͤtigkeit.
1 Herod. 5, 75. Selten waren beide K. außerhalb Sp. Xen.
Hell. 5, 3, 10.
2 Th. 5, 63., wo ἐν παϱόντι nicht beſagt,
daß ſie das Geſetz blos fuͤr einen Feldzug gaben. vgl. Manſo Sp.
1, 2. S. 231. 2, 378 k. Von den Dreißig beim K. unten K. 12.
3 unten K. 7.
4 Od. 11, 184. Il. 12, 312. vgl. 9, 578. Pind. O.
13, 60. βαϑὺς κλᾶϱος.
5 Dies heißt δήμια πίνειν Il. 17, 250.
(vgl. σιτεόμενοι τὰ δημόσια Herod. 6, 57). In Kreta werden
die Fremden δημόϑεν geſpeist, Od. 19, 197. vgl. Aeſch. Ἱκετ.
964. und Platner a. O. p. 100. Die Stelle Od. 11, 184. iſt zu
uͤberſetzen: Ruhig genießt Telem. den koͤnigl. Landbeſitz und ſpeist
die ihm zukommenden Mahlzeiten, die ein richtender Mann genie-
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S. 106. unten.
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[105/0111] herrngewalt gefaͤhrlich und uͤbermaͤßig, und wurde mehr und mehr gemindert. Nicht zwar durch die Verfuͤgung, welche die Uneinigkeit des Demarat und Kleomenes hervorbrachte, daß nur ein Koͤnig zugleich ins Feld ziehen ſollte 1, denn dieſe erhoͤhete vielmehr die Ge- walt des Einen ausgeſchickten; aber beſonders durch das Geſetz, daß der Koͤnig nicht ohne zehn Raͤthe ausziehen duͤrfe, zu welchem Agis uͤbereilter Waffen- ſtillſtand Anlaß gab 2, und durch die aufgedrungene Begleitung der Ephoren 3. 9. Die Unterſuchung uͤber die Einkuͤnfte des Koͤ- nigs iſt an ſich ſelbſt nicht ſo bedeutend, als ſie durch die Parallele mit dem homeriſchen Koͤnigthume inter- eſſant wird. Bei Homer haben die Fuͤrſten dreierlei Einkuͤnfte; erſtens den Ertrag ihres Landguts (τέμε- νος) 4, welches oft Aecker, Viehweiden, Baumpflan- zungen in ſich faßt; zweitens den Lohn fuͤr den einzel- nen Richtſpruch (δῶρα), drittens die oͤffentlichen Mahl- zeiten, welche vom Gute der Gemeine beſtritten wer- den 5. Dazu kommen noch außerordentliche Gaben, Antheile an der Beute und andere Ehrengeſchenke. Faſt 4 1 Herod. 5, 75. Selten waren beide K. außerhalb Sp. Xen. Hell. 5, 3, 10. 2 Th. 5, 63., wo ἐν παϱόντι nicht beſagt, daß ſie das Geſetz blos fuͤr einen Feldzug gaben. vgl. Manſo Sp. 1, 2. S. 231. 2, 378 k. Von den Dreißig beim K. unten K. 12. 3 unten K. 7. 4 Od. 11, 184. Il. 12, 312. vgl. 9, 578. Pind. O. 13, 60. βαϑὺς κλᾶϱος. 5 Dies heißt δήμια πίνειν Il. 17, 250. (vgl. σιτεόμενοι τὰ δημόσια Herod. 6, 57). In Kreta werden die Fremden δημόϑεν geſpeist, Od. 19, 197. vgl. Aeſch. Ἱκετ. 964. und Platner a. O. p. 100. Die Stelle Od. 11, 184. iſt zu uͤberſetzen: Ruhig genießt Telem. den koͤnigl. Landbeſitz und ſpeist die ihm zukommenden Mahlzeiten, die ein richtender Mann genie- ßen ſoll: denn alle laden ihn ein. Ueber die letztern Worte ſ. S. 106. unten. 4 αὔ in οὐ nicht einſehe; μέντοι zeigt den Gegenſatz gegen die vori- ge reinkriegeriſche Thaͤtigkeit.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/111>, abgerufen am 21.11.2024.