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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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daß die Hitze des Sommers durch die wie in einen
Fokus zusammenfallenden Sonnenstrahlen sehr erhöht,
und durch kühlende Seewinde nie gemildert 1, im Win-
ter dagegen die Kälte doppelt heftig war. Dieselben
Umstände veranlassen starke Regengüsse, und die Menge
der Gebirgswässer bringt in den engen Thälern
leicht Ueberschwemmungen hervor 2. Die Gebirge,
obgleich in zusammenhängenden Ketten, sind doch viel
durchbrochen, ihre zerklüftete und geborstene Gestalt
leitete man von Erdbeben ab 3, deren eins Sparta
vor dem Helotenkriege so schrecklich verheerte. Aber
auch die Ebenen des Landes sind nicht unbeträchtlich,
zu den schönsten Griechenlands gehört die am untern
Laufe des Eurotas, welche sich gegen Süden auseinan-
der zieht und vor den Nordwinden durch Gebirge ge-
schützt ist; auch der von Felsen umzäunte Küstenstrich
von Malea nach Epidauros Limera (Malvasia) ist
ungemein fruchtbar 4, nicht minder die Thäler an
der Gränze Messeniens; nur gegen das Vorgebirge Tä-
naron hin wird das Land immer dürrer, härter und
ferruginöser. Wie sehr man aber irrt, wenn man sich
dies Land als eine halbe Wüste denkt, zeigt die sehr
große Menge Lakonischer Früchte, welche Theophrast
und Andere erwähnen; die edlen Weinarten preisen
Alkman und Theognis; bis zu den Gipfeln des Tay-
getos hinan wurden Reben gepflanzt, und aus Quel-
len in Platanenwäldern mühsam bewässert 5; das

1 Abaris soll eine Pest gestillt haben, die durch diese erstik-
kende Hitze entstanden war. Jamblich Leben Pythag. 19. vgl.
Apollon. Dysk. hist. mirab. c. 4. p. 9. ed. Meurs.
2 Theo-
phrast nennt Lakonika Roodest, epombros kai eleios (de caus. pl.
3, 3, 4.)
3 Rokhmous apo seismon ekhousa Eust. Homer. 294,
10. 1478, 43. Rom.
4 S. Des Mouceaux bei Corneille le
Bruyn Vog. T. 5. p.
465.
5 Theogn. 859.

daß die Hitze des Sommers durch die wie in einen
Fokus zuſammenfallenden Sonnenſtrahlen ſehr erhoͤht,
und durch kuͤhlende Seewinde nie gemildert 1, im Win-
ter dagegen die Kaͤlte doppelt heftig war. Dieſelben
Umſtaͤnde veranlaſſen ſtarke Regenguͤſſe, und die Menge
der Gebirgswaͤſſer bringt in den engen Thaͤlern
leicht Ueberſchwemmungen hervor 2. Die Gebirge,
obgleich in zuſammenhaͤngenden Ketten, ſind doch viel
durchbrochen, ihre zerkluͤftete und geborſtene Geſtalt
leitete man von Erdbeben ab 3, deren eins Sparta
vor dem Helotenkriege ſo ſchrecklich verheerte. Aber
auch die Ebenen des Landes ſind nicht unbetraͤchtlich,
zu den ſchoͤnſten Griechenlands gehoͤrt die am untern
Laufe des Eurotas, welche ſich gegen Suͤden auseinan-
der zieht und vor den Nordwinden durch Gebirge ge-
ſchuͤtzt iſt; auch der von Felſen umzaͤunte Kuͤſtenſtrich
von Malea nach Epidauros Limera (Malvaſia) iſt
ungemein fruchtbar 4, nicht minder die Thaͤler an
der Graͤnze Meſſeniens; nur gegen das Vorgebirge Taͤ-
naron hin wird das Land immer duͤrrer, haͤrter und
ferruginoͤſer. Wie ſehr man aber irrt, wenn man ſich
dies Land als eine halbe Wuͤſte denkt, zeigt die ſehr
große Menge Lakoniſcher Fruͤchte, welche Theophraſt
und Andere erwaͤhnen; die edlen Weinarten preiſen
Alkman und Theognis; bis zu den Gipfeln des Tay-
getos hinan wurden Reben gepflanzt, und aus Quel-
len in Platanenwaͤldern muͤhſam bewaͤſſert 5; das

1 Abaris ſoll eine Peſt geſtillt haben, die durch dieſe erſtik-
kende Hitze entſtanden war. Jamblich Leben Pythag. 19. vgl.
Apollon. Dysk. hist. mirab. c. 4. p. 9. ed. Meurs.
2 Theo-
phraſt nennt Lakonika ῥοώδηϛ, ἔπομβϱος καὶ ἕλειος (de caus. pl.
3, 3, 4.)
3 ῥωχμοὺς ἀπὸ σεισμῶν ἔχουσα Euſt. Homer. 294,
10. 1478, 43. Rom.
4 S. Des Mouceaux bei Corneille le
Bruyn Vog. T. 5. p.
465.
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[69/0099] daß die Hitze des Sommers durch die wie in einen Fokus zuſammenfallenden Sonnenſtrahlen ſehr erhoͤht, und durch kuͤhlende Seewinde nie gemildert 1, im Win- ter dagegen die Kaͤlte doppelt heftig war. Dieſelben Umſtaͤnde veranlaſſen ſtarke Regenguͤſſe, und die Menge der Gebirgswaͤſſer bringt in den engen Thaͤlern leicht Ueberſchwemmungen hervor 2. Die Gebirge, obgleich in zuſammenhaͤngenden Ketten, ſind doch viel durchbrochen, ihre zerkluͤftete und geborſtene Geſtalt leitete man von Erdbeben ab 3, deren eins Sparta vor dem Helotenkriege ſo ſchrecklich verheerte. Aber auch die Ebenen des Landes ſind nicht unbetraͤchtlich, zu den ſchoͤnſten Griechenlands gehoͤrt die am untern Laufe des Eurotas, welche ſich gegen Suͤden auseinan- der zieht und vor den Nordwinden durch Gebirge ge- ſchuͤtzt iſt; auch der von Felſen umzaͤunte Kuͤſtenſtrich von Malea nach Epidauros Limera (Malvaſia) iſt ungemein fruchtbar 4, nicht minder die Thaͤler an der Graͤnze Meſſeniens; nur gegen das Vorgebirge Taͤ- naron hin wird das Land immer duͤrrer, haͤrter und ferruginoͤſer. Wie ſehr man aber irrt, wenn man ſich dies Land als eine halbe Wuͤſte denkt, zeigt die ſehr große Menge Lakoniſcher Fruͤchte, welche Theophraſt und Andere erwaͤhnen; die edlen Weinarten preiſen Alkman und Theognis; bis zu den Gipfeln des Tay- getos hinan wurden Reben gepflanzt, und aus Quel- len in Platanenwaͤldern muͤhſam bewaͤſſert 5; das 1 Abaris ſoll eine Peſt geſtillt haben, die durch dieſe erſtik- kende Hitze entſtanden war. Jamblich Leben Pythag. 19. vgl. Apollon. Dysk. hist. mirab. c. 4. p. 9. ed. Meurs. 2 Theo- phraſt nennt Lakonika ῥοώδηϛ, ἔπομβϱος καὶ ἕλειος (de caus. pl. 3, 3, 4.) 3 ῥωχμοὺς ἀπὸ σεισμῶν ἔχουσα Euſt. Homer. 294, 10. 1478, 43. Rom. 4 S. Des Mouceaux bei Corneille le Bruyn Vog. T. 5. p. 465. 5 Theogn. 859.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/99>, abgerufen am 24.11.2024.