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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Sage 1. Es hatten sich aber ohne Zweifel viel solche Lokal-
sagen über eine Begebenheit, die den Zustand des Pelo-
ponnes für lange Zeit bestimmte, bei den einzelnen Völ-
kerschaften erhalten. So erzählten die Tegeaten 2 rüh-
mend von dem Kampfe ihres Heerführers Echemos mit
Hyllos. Ob die Logographen diese Sagen unmittelbar
sammelten, oder ob sie von jenen Dichtern abhingen, kön-
nen wir nicht sagen, (doch ist das Letztre mehr in ihrer
Art) weil wir überhaupt nur zwei Fragmente, eines
von Hekataeos, das andre von Pherekydes über die
Herakliden haben, welche sich noch dazu unmittelbar
an Herakles Tod anschließen, und darum keine fortgesetzte
Erzählung des Zuges beweisen. Eine reichere Ausfüh-
rung der älteren Sage führte das Attische Drama her-
bei, aber unvermeidlich unter sehr einseitigen Gesichts-
punkten. Aeschylos Herakliden und Sophokles Jolaos
mochten wie Euripides Herakliden im Ganzen die Tendenz
haben, welche die Athener schon vor der Platäischen Schlacht
bei Herodot aussprechen 3: die Verdienste ihrer Stadt
um die Beherrscher des Peloponnes zu erheben. Der
letzte der genannten Tragiker ging in seinen Temeniden,
im Archelaos und Kresphontes weiter in die Geschichte
der Dorischen Staaten ein und in historische Zeiträume
herab als ein Tragiker vor ihm, wozu ihn die Erschö-
pfung des ächt mythischen Stoffes bewegen mochte 4.

1 Her. a. O. nnd 53. Die erste Stelle mißdeutet Wessel.
Sie heißt: die Lakedaemonier erzählen abweichend von allen Dich-
tern, welche nämlich Prokles und Eurysthenes erst nach Sparta
kommen ließen. Die zweite saßt Schweigh. nicht ganz genau. Der
Sinn ist: So weit ist es Specialsage ber Lakedaemonier, das Fol-
gende berichte ich nach der Griechischen Gemeinsage.
2 Herod.
9, 26.
3 9, 26.
4 Die Tragiker steigen überhaupt im My-
thus immer mehr herunter.

Sage 1. Es hatten ſich aber ohne Zweifel viel ſolche Lokal-
ſagen uͤber eine Begebenheit, die den Zuſtand des Pelo-
ponnes fuͤr lange Zeit beſtimmte, bei den einzelnen Voͤl-
kerſchaften erhalten. So erzaͤhlten die Tegeaten 2 ruͤh-
mend von dem Kampfe ihres Heerfuͤhrers Echemos mit
Hyllos. Ob die Logographen dieſe Sagen unmittelbar
ſammelten, oder ob ſie von jenen Dichtern abhingen, koͤn-
nen wir nicht ſagen, (doch iſt das Letztre mehr in ihrer
Art) weil wir uͤberhaupt nur zwei Fragmente, eines
von Hekataeos, das andre von Pherekydes uͤber die
Herakliden haben, welche ſich noch dazu unmittelbar
an Herakles Tod anſchließen, und darum keine fortgeſetzte
Erzaͤhlung des Zuges beweiſen. Eine reichere Ausfuͤh-
rung der aͤlteren Sage fuͤhrte das Attiſche Drama her-
bei, aber unvermeidlich unter ſehr einſeitigen Geſichts-
punkten. Aeſchylos Herakliden und Sophokles Jolaos
mochten wie Euripides Herakliden im Ganzen die Tendenz
haben, welche die Athener ſchon vor der Plataͤiſchen Schlacht
bei Herodot ausſprechen 3: die Verdienſte ihrer Stadt
um die Beherrſcher des Peloponnes zu erheben. Der
letzte der genannten Tragiker ging in ſeinen Temeniden,
im Archelaos und Kresphontes weiter in die Geſchichte
der Doriſchen Staaten ein und in hiſtoriſche Zeitraͤume
herab als ein Tragiker vor ihm, wozu ihn die Erſchoͤ-
pfung des aͤcht mythiſchen Stoffes bewegen mochte 4.

1 Her. a. O. nnd 53. Die erſte Stelle mißdeutet Weſſel.
Sie heißt: die Lakedaemonier erzaͤhlen abweichend von allen Dich-
tern, welche naͤmlich Prokles und Euryſthenes erſt nach Sparta
kommen ließen. Die zweite ſaßt Schweigh. nicht ganz genau. Der
Sinn iſt: So weit iſt es Specialſage ber Lakedaemonier, das Fol-
gende berichte ich nach der Griechiſchen Gemeinſage.
2 Herod.
9, 26.
3 9, 26.
4 Die Tragiker ſteigen uͤberhaupt im My-
thus immer mehr herunter.
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[52/0082] Sage 1. Es hatten ſich aber ohne Zweifel viel ſolche Lokal- ſagen uͤber eine Begebenheit, die den Zuſtand des Pelo- ponnes fuͤr lange Zeit beſtimmte, bei den einzelnen Voͤl- kerſchaften erhalten. So erzaͤhlten die Tegeaten 2 ruͤh- mend von dem Kampfe ihres Heerfuͤhrers Echemos mit Hyllos. Ob die Logographen dieſe Sagen unmittelbar ſammelten, oder ob ſie von jenen Dichtern abhingen, koͤn- nen wir nicht ſagen, (doch iſt das Letztre mehr in ihrer Art) weil wir uͤberhaupt nur zwei Fragmente, eines von Hekataeos, das andre von Pherekydes uͤber die Herakliden haben, welche ſich noch dazu unmittelbar an Herakles Tod anſchließen, und darum keine fortgeſetzte Erzaͤhlung des Zuges beweiſen. Eine reichere Ausfuͤh- rung der aͤlteren Sage fuͤhrte das Attiſche Drama her- bei, aber unvermeidlich unter ſehr einſeitigen Geſichts- punkten. Aeſchylos Herakliden und Sophokles Jolaos mochten wie Euripides Herakliden im Ganzen die Tendenz haben, welche die Athener ſchon vor der Plataͤiſchen Schlacht bei Herodot ausſprechen 3: die Verdienſte ihrer Stadt um die Beherrſcher des Peloponnes zu erheben. Der letzte der genannten Tragiker ging in ſeinen Temeniden, im Archelaos und Kresphontes weiter in die Geſchichte der Doriſchen Staaten ein und in hiſtoriſche Zeitraͤume herab als ein Tragiker vor ihm, wozu ihn die Erſchoͤ- pfung des aͤcht mythiſchen Stoffes bewegen mochte 4. 1 Her. a. O. nnd 53. Die erſte Stelle mißdeutet Weſſel. Sie heißt: die Lakedaemonier erzaͤhlen abweichend von allen Dich- tern, welche naͤmlich Prokles und Euryſthenes erſt nach Sparta kommen ließen. Die zweite ſaßt Schweigh. nicht ganz genau. Der Sinn iſt: So weit iſt es Specialſage ber Lakedaemonier, das Fol- gende berichte ich nach der Griechiſchen Gemeinſage. 2 Herod. 9, 26. 3 9, 26. 4 Die Tragiker ſteigen uͤberhaupt im My- thus immer mehr herunter.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/82>, abgerufen am 24.11.2024.