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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Ersiens: Will man, die Sage unmittelbar als Hi-
storie benutzend, die Herakliden für zugewanderte Achäer
halten: so muß man dasselbe bei der ganzen ersten
Phyle der Hylleer thun. Denn Hyllos, der Reprä-
sentant dieser Phyle, heißt Sohn des Herakles; und
auf die Phyle bezieht es sich, wenn Herakles Nach-
kommen der dritte Theil des Landbesitzes gewährleistet
wird; daher auch Pindar die gesammten Dorier Nach-
kommen des Herakles und Aegimios nennt 1. Dann
bleiben also nur Pamphylen und Dymanen eigentliche
Dorier. Es ist aber nicht wahrscheinlich, daß in die-
sem Falle, wenn der vornehmste Theil der Dorischen
Völkerschaft Achaeisch gewesen wäre, Sprache, Cultus,
Sitten so scharf und bestimmt geschieden sein könnten.

Zweitens: Alles, was von Herakles Thaten in
dem Norden Griechenlands erzählt wird, bezieht sich
auf äußere und geistige Geschichte der Dorier; und um-
gekehrt: alle Begebenheiten des Dorischen Stammes
in den frühern Wohnsitzen werden mythisch unter der
Person des Herakles dargestellt: dies läßt sich aber aus
einer momentanen Vereinigung des Helden mit dem
Stamme nicht erklären.

Ferner: Man vergleiche nun die unten aufgestellten
Heraklesmythen, so viele sich auf die Dorier beziehen,
mit den altargivischen, und wenn man in Gedanken
das Band, wodurch die epischen Sänger beide schein-
bar geschichtlich verknüpft, löset: so wird man zwi-
schen diesem und jenem keine innere reale Aehnlichkeit
finden. Der Cultus des Apollon, der fast überall als
inneres Motiv der Thaten des erstern nachgewiesen

1 Pindar P. 5, 70. P. 1, 61. nennt er sie Abkömmlinge
des Pamphylos und der Herakliden mit Auslassung Domans. Vgl.
Skol. auf Aegina, `'Ullou stratos Dorieus.
II. 4

Erſiens: Will man, die Sage unmittelbar als Hi-
ſtorie benutzend, die Herakliden fuͤr zugewanderte Achaͤer
halten: ſo muß man daſſelbe bei der ganzen erſten
Phyle der Hylleer thun. Denn Hyllos, der Repraͤ-
ſentant dieſer Phyle, heißt Sohn des Herakles; und
auf die Phyle bezieht es ſich, wenn Herakles Nach-
kommen der dritte Theil des Landbeſitzes gewaͤhrleiſtet
wird; daher auch Pindar die geſammten Dorier Nach-
kommen des Herakles und Aegimios nennt 1. Dann
bleiben alſo nur Pamphylen und Dymanen eigentliche
Dorier. Es iſt aber nicht wahrſcheinlich, daß in die-
ſem Falle, wenn der vornehmſte Theil der Doriſchen
Voͤlkerſchaft Achaeiſch geweſen waͤre, Sprache, Cultus,
Sitten ſo ſcharf und beſtimmt geſchieden ſein koͤnnten.

Zweitens: Alles, was von Herakles Thaten in
dem Norden Griechenlands erzaͤhlt wird, bezieht ſich
auf aͤußere und geiſtige Geſchichte der Dorier; und um-
gekehrt: alle Begebenheiten des Doriſchen Stammes
in den fruͤhern Wohnſitzen werden mythiſch unter der
Perſon des Herakles dargeſtellt: dies laͤßt ſich aber aus
einer momentanen Vereinigung des Helden mit dem
Stamme nicht erklaͤren.

Ferner: Man vergleiche nun die unten aufgeſtellten
Heraklesmythen, ſo viele ſich auf die Dorier beziehen,
mit den altargiviſchen, und wenn man in Gedanken
das Band, wodurch die epiſchen Saͤnger beide ſchein-
bar geſchichtlich verknuͤpft, loͤſet: ſo wird man zwi-
ſchen dieſem und jenem keine innere reale Aehnlichkeit
finden. Der Cultus des Apollon, der faſt uͤberall als
inneres Motiv der Thaten des erſtern nachgewieſen

1 Pindar P. 5, 70. P. 1, 61. nennt er ſie Abkoͤmmlinge
des Pamphylos und der Herakliden mit Auslaſſung Domans. Vgl.
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[49/0079] Erſiens: Will man, die Sage unmittelbar als Hi- ſtorie benutzend, die Herakliden fuͤr zugewanderte Achaͤer halten: ſo muß man daſſelbe bei der ganzen erſten Phyle der Hylleer thun. Denn Hyllos, der Repraͤ- ſentant dieſer Phyle, heißt Sohn des Herakles; und auf die Phyle bezieht es ſich, wenn Herakles Nach- kommen der dritte Theil des Landbeſitzes gewaͤhrleiſtet wird; daher auch Pindar die geſammten Dorier Nach- kommen des Herakles und Aegimios nennt 1. Dann bleiben alſo nur Pamphylen und Dymanen eigentliche Dorier. Es iſt aber nicht wahrſcheinlich, daß in die- ſem Falle, wenn der vornehmſte Theil der Doriſchen Voͤlkerſchaft Achaeiſch geweſen waͤre, Sprache, Cultus, Sitten ſo ſcharf und beſtimmt geſchieden ſein koͤnnten. Zweitens: Alles, was von Herakles Thaten in dem Norden Griechenlands erzaͤhlt wird, bezieht ſich auf aͤußere und geiſtige Geſchichte der Dorier; und um- gekehrt: alle Begebenheiten des Doriſchen Stammes in den fruͤhern Wohnſitzen werden mythiſch unter der Perſon des Herakles dargeſtellt: dies laͤßt ſich aber aus einer momentanen Vereinigung des Helden mit dem Stamme nicht erklaͤren. Ferner: Man vergleiche nun die unten aufgeſtellten Heraklesmythen, ſo viele ſich auf die Dorier beziehen, mit den altargiviſchen, und wenn man in Gedanken das Band, wodurch die epiſchen Saͤnger beide ſchein- bar geſchichtlich verknuͤpft, loͤſet: ſo wird man zwi- ſchen dieſem und jenem keine innere reale Aehnlichkeit finden. Der Cultus des Apollon, der faſt uͤberall als inneres Motiv der Thaten des erſtern nachgewieſen 1 Pindar P. 5, 70. P. 1, 61. nennt er ſie Abkoͤmmlinge des Pamphylos und der Herakliden mit Auslaſſung Domans. Vgl. Skol. auf Aegina, ῞ϒλλου στϱατὸς Δωϱιεύς. II. 4

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/79>, abgerufen am 24.11.2024.