"Von da wanderte, erzählt Herodot weiter, der Volkstamm der Dorier nach Dryopis -- in die Land- schaft, welche seitdem Doris oder die Dorische Tetrapo- lis heißt". Auch hier erfordert zuerst das Geographi- sche einige Erörterung, welche sich von den Thermopy- len, dem Punkte, wo das Oetegebirge das Meer be- rührt, bis zu dem Knoten erstrecken muß, wo es sich mit dem Parnaß und beide mit dem Pindosgebirge ver- schlingen, und der letztere Hauptbergzug Griechenlands sich in verschiednen Richtungen hin auflößt und ver- zweigt.
Wenn wir die Ebene von Phokis, welche zwischen Oeta und Parnassos liegt, und vom Kephissos durchflos- sen wird, hinaufwärts verfolgen: so treten nach und nach die Gebirge von beiden Seiten näher zusammen und verengern das Thal des Flusses. Die letzten Phokischen Städte in dieser Richtung sind Amphikaea, Tithronion, Drymaea, in Trümmern und Palaeokastro's noch er- kennbar 1. Wendet man sich von da westlich nach den höhern Gegenden, so gelangt man bald zur Quelle des Flusses, welche dadurch unverkennbar ist, daß sie so- gleich einen ziemlich starken Strom bildet. Und zwar strömt Kephissos aus dem Parnaß, nicht Oeta, und
1 Amphikaea bei Dadja, s. Leake in Walpole's Trav. S. 509. Clarke a. O. S. 227. Gell Itinerary S. 210.
3 *
2.
1.
“Von da wanderte, erzaͤhlt Herodot weiter, der Volkſtamm der Dorier nach Dryopis — in die Land- ſchaft, welche ſeitdem Doris oder die Doriſche Tetrapo- lis heißt”. Auch hier erfordert zuerſt das Geographi- ſche einige Eroͤrterung, welche ſich von den Thermopy- len, dem Punkte, wo das Oetegebirge das Meer be- ruͤhrt, bis zu dem Knoten erſtrecken muß, wo es ſich mit dem Parnaß und beide mit dem Pindosgebirge ver- ſchlingen, und der letztere Hauptbergzug Griechenlands ſich in verſchiednen Richtungen hin aufloͤßt und ver- zweigt.
Wenn wir die Ebene von Phokis, welche zwiſchen Oeta und Parnaſſos liegt, und vom Kephiſſos durchfloſ- ſen wird, hinaufwaͤrts verfolgen: ſo treten nach und nach die Gebirge von beiden Seiten naͤher zuſammen und verengern das Thal des Fluſſes. Die letzten Phokiſchen Staͤdte in dieſer Richtung ſind Amphikaea, Tithronion, Drymaea, in Truͤmmern und Palaeokaſtro’s noch er- kennbar 1. Wendet man ſich von da weſtlich nach den hoͤhern Gegenden, ſo gelangt man bald zur Quelle des Fluſſes, welche dadurch unverkennbar iſt, daß ſie ſo- gleich einen ziemlich ſtarken Strom bildet. Und zwar ſtroͤmt Kephiſſos aus dem Parnaß, nicht Oeta, und
1 Amphikaea bei Dadja, ſ. Leake in Walpole’s Trav. S. 509. Clarke a. O. S. 227. Gell Itinerary S. 210.
3 *
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0065"n="35"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>2.</head><lb/><divn="3"><head>1.</head><p>“<hirendition="#in">V</hi>on da wanderte, erzaͤhlt Herodot weiter, der<lb/>
Volkſtamm der Dorier nach Dryopis — in die Land-<lb/>ſchaft, welche ſeitdem Doris oder die Doriſche Tetrapo-<lb/>
lis heißt”. Auch hier erfordert zuerſt das Geographi-<lb/>ſche einige Eroͤrterung, welche ſich von den Thermopy-<lb/>
len, dem Punkte, wo das Oetegebirge das Meer be-<lb/>
ruͤhrt, bis zu dem Knoten erſtrecken muß, wo es ſich<lb/>
mit dem Parnaß und beide mit dem Pindosgebirge ver-<lb/>ſchlingen, und der letztere Hauptbergzug Griechenlands<lb/>ſich in verſchiednen Richtungen hin aufloͤßt und ver-<lb/>
zweigt.</p><lb/><p>Wenn wir die Ebene von Phokis, welche zwiſchen<lb/>
Oeta und Parnaſſos liegt, und vom Kephiſſos durchfloſ-<lb/>ſen wird, hinaufwaͤrts verfolgen: ſo treten nach und<lb/>
nach die <choice><sic>Eebirge</sic><corr>Gebirge</corr></choice> von beiden Seiten naͤher zuſammen und<lb/>
verengern das Thal des Fluſſes. Die letzten Phokiſchen<lb/>
Staͤdte in dieſer Richtung ſind Amphikaea, Tithronion,<lb/>
Drymaea, in Truͤmmern und Palaeokaſtro’s noch er-<lb/>
kennbar <noteplace="foot"n="1">Amphikaea bei Dadja, ſ. Leake in Walpole’s <hirendition="#aq">Trav.</hi> S. 509.<lb/>
Clarke a. O. S. 227. Gell <hirendition="#aq">Itinerary</hi> S. 210.</note>. Wendet man ſich von da weſtlich nach den<lb/>
hoͤhern Gegenden, ſo gelangt man bald zur Quelle des<lb/>
Fluſſes, welche dadurch unverkennbar iſt, daß ſie ſo-<lb/>
gleich einen ziemlich ſtarken Strom bildet. Und zwar<lb/>ſtroͤmt Kephiſſos aus dem Parnaß, nicht Oeta, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">3 *</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[35/0065]
2.
1. “Von da wanderte, erzaͤhlt Herodot weiter, der
Volkſtamm der Dorier nach Dryopis — in die Land-
ſchaft, welche ſeitdem Doris oder die Doriſche Tetrapo-
lis heißt”. Auch hier erfordert zuerſt das Geographi-
ſche einige Eroͤrterung, welche ſich von den Thermopy-
len, dem Punkte, wo das Oetegebirge das Meer be-
ruͤhrt, bis zu dem Knoten erſtrecken muß, wo es ſich
mit dem Parnaß und beide mit dem Pindosgebirge ver-
ſchlingen, und der letztere Hauptbergzug Griechenlands
ſich in verſchiednen Richtungen hin aufloͤßt und ver-
zweigt.
Wenn wir die Ebene von Phokis, welche zwiſchen
Oeta und Parnaſſos liegt, und vom Kephiſſos durchfloſ-
ſen wird, hinaufwaͤrts verfolgen: ſo treten nach und
nach die Gebirge von beiden Seiten naͤher zuſammen und
verengern das Thal des Fluſſes. Die letzten Phokiſchen
Staͤdte in dieſer Richtung ſind Amphikaea, Tithronion,
Drymaea, in Truͤmmern und Palaeokaſtro’s noch er-
kennbar 1. Wendet man ſich von da weſtlich nach den
hoͤhern Gegenden, ſo gelangt man bald zur Quelle des
Fluſſes, welche dadurch unverkennbar iſt, daß ſie ſo-
gleich einen ziemlich ſtarken Strom bildet. Und zwar
ſtroͤmt Kephiſſos aus dem Parnaß, nicht Oeta, und
1 Amphikaea bei Dadja, ſ. Leake in Walpole’s Trav. S. 509.
Clarke a. O. S. 227. Gell Itinerary S. 210.
3 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/65>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.