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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Hyakinthien und Karneen: aus dem Grunde, weil
sie uns nicht eigentlich Apollinisch scheinen. Daß der
Cult des Apollon Karneios, an den sich beide anschlie-
ßen, aus Theben stammt, von wo er durch die Aegi-
den nach Amyklä verpflanzt wurde, haben wir schon
früher aus historischen Nachrichten dargethan 1: hier
wollen wir aus den Symbolen und Gebräuchen dessel-
ben deutlich zu machen suchen, wie er auch seinem Cha-
rakter nach mehr in altgriechischer Demeterreligion als
in der Apollinischen wurzelt. Der Jüngling Hyakin-
thos, den Apollon Karneios 2 unvorsichtiger Weise mit
dem Diskus auf das Haupt trifft, hat seinen Namen
ohne Zweifel von der Blume, (einer dunkelfarbigen Iris-
art), die auf mannigfache Weise in alter Symbolik
zur Andeutung von Tod und Untergang dient; und der
Mythus von seinem Tode giebt sich sonach deutlich als
ein Fragment alter Naturreligion. Nun ist es aber
besonders der Demetercult, in dem die Blume Hya-
kinthos in diesem Sinne vorkommt; wie sie z. B. unter
dem Namen Kosmosandalos der Chthonia zu Hermione
heilig war 3. Weiter führen die alten Bildwerke, mit
denen das zugleich als Altar betrachtete Grab des
Hyakinth geschmückt war, und deren Verfertiger noch
die völlige Kenntniß der Cultusidee inne gehabt zu
haben scheinen. Man sah hier Demeter, Kora, Ha-
des, und die Kadmeer Dionysos, Semele, Ino; den
Hyakinthos selbst aber mit seiner Schwester Polyböa als
Jüngling und Jungfrau zusammen dargestellt 4. Po-
lyböa ist sicher von der Kora wenig oder gar nicht ver-

1 Bd. 1. S. 327. Durch die Aegiden kam auch der Monat
Hyakinthios (Castelli Proll. 12. p. 74.) nach Sicilien.
2 Hyak.
selbst Karneios bei Koluth. V. 237.
3 Paus. 2, 35, 4.
4 3, 19. vgl. 4, 33, 5.

Hyakinthien und Karneen: aus dem Grunde, weil
ſie uns nicht eigentlich Apolliniſch ſcheinen. Daß der
Cult des Apollon Karneios, an den ſich beide anſchlie-
ßen, aus Theben ſtammt, von wo er durch die Aegi-
den nach Amyklaͤ verpflanzt wurde, haben wir ſchon
fruͤher aus hiſtoriſchen Nachrichten dargethan 1: hier
wollen wir aus den Symbolen und Gebraͤuchen deſſel-
ben deutlich zu machen ſuchen, wie er auch ſeinem Cha-
rakter nach mehr in altgriechiſcher Demeterreligion als
in der Apolliniſchen wurzelt. Der Juͤngling Hyakin-
thos, den Apollon Karneios 2 unvorſichtiger Weiſe mit
dem Diskus auf das Haupt trifft, hat ſeinen Namen
ohne Zweifel von der Blume, (einer dunkelfarbigen Iris-
art), die auf mannigfache Weiſe in alter Symbolik
zur Andeutung von Tod und Untergang dient; und der
Mythus von ſeinem Tode giebt ſich ſonach deutlich als
ein Fragment alter Naturreligion. Nun iſt es aber
beſonders der Demetercult, in dem die Blume Hya-
kinthos in dieſem Sinne vorkommt; wie ſie z. B. unter
dem Namen Κοσμοσάνδαλος der Chthonia zu Hermione
heilig war 3. Weiter fuͤhren die alten Bildwerke, mit
denen das zugleich als Altar betrachtete Grab des
Hyakinth geſchmuͤckt war, und deren Verfertiger noch
die voͤllige Kenntniß der Cultusidee inne gehabt zu
haben ſcheinen. Man ſah hier Demeter, Kora, Ha-
des, und die Kadmeer Dionyſos, Semele, Ino; den
Hyakinthos ſelbſt aber mit ſeiner Schweſter Polyboͤa als
Juͤngling und Jungfrau zuſammen dargeſtellt 4. Po-
lyboͤa iſt ſicher von der Kora wenig oder gar nicht ver-

1 Bd. 1. S. 327. Durch die Aegiden kam auch der Monat
Hyakinthios (Caſtelli Proll. 12. p. 74.) nach Sicilien.
2 Hyak.
ſelbſt Καϱνεῖος bei Koluth. V. 237.
3 Pauſ. 2, 35, 4.
4 3, 19. vgl. 4, 33, 5.
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[354/0384] Hyakinthien und Karneen: aus dem Grunde, weil ſie uns nicht eigentlich Apolliniſch ſcheinen. Daß der Cult des Apollon Karneios, an den ſich beide anſchlie- ßen, aus Theben ſtammt, von wo er durch die Aegi- den nach Amyklaͤ verpflanzt wurde, haben wir ſchon fruͤher aus hiſtoriſchen Nachrichten dargethan 1: hier wollen wir aus den Symbolen und Gebraͤuchen deſſel- ben deutlich zu machen ſuchen, wie er auch ſeinem Cha- rakter nach mehr in altgriechiſcher Demeterreligion als in der Apolliniſchen wurzelt. Der Juͤngling Hyakin- thos, den Apollon Karneios 2 unvorſichtiger Weiſe mit dem Diskus auf das Haupt trifft, hat ſeinen Namen ohne Zweifel von der Blume, (einer dunkelfarbigen Iris- art), die auf mannigfache Weiſe in alter Symbolik zur Andeutung von Tod und Untergang dient; und der Mythus von ſeinem Tode giebt ſich ſonach deutlich als ein Fragment alter Naturreligion. Nun iſt es aber beſonders der Demetercult, in dem die Blume Hya- kinthos in dieſem Sinne vorkommt; wie ſie z. B. unter dem Namen Κοσμοσάνδαλος der Chthonia zu Hermione heilig war 3. Weiter fuͤhren die alten Bildwerke, mit denen das zugleich als Altar betrachtete Grab des Hyakinth geſchmuͤckt war, und deren Verfertiger noch die voͤllige Kenntniß der Cultusidee inne gehabt zu haben ſcheinen. Man ſah hier Demeter, Kora, Ha- des, und die Kadmeer Dionyſos, Semele, Ino; den Hyakinthos ſelbſt aber mit ſeiner Schweſter Polyboͤa als Juͤngling und Jungfrau zuſammen dargeſtellt 4. Po- lyboͤa iſt ſicher von der Kora wenig oder gar nicht ver- 1 Bd. 1. S. 327. Durch die Aegiden kam auch der Monat Hyakinthios (Caſtelli Proll. 12. p. 74.) nach Sicilien. 2 Hyak. ſelbſt Καϱνεῖος bei Koluth. V. 237. 3 Pauſ. 2, 35, 4. 4 3, 19. vgl. 4, 33, 5.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/384>, abgerufen am 22.11.2024.