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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Orte der Verehrung 1. Ein Sohn der Erde vom Ura-
nos oder des Päon konnte er überall mit Fug heißen,
Cheiron nannte man seinen Vater am Pelion, Kary-
stos auf Keos 2, Apollon und Kyrene hießen seine El-
tern in der gleichnamigen Stadt 3. Zum Apollon wurde
er durch das Ueberwiegen des Hellenischen Cultus in
Arkadien; man erinnerte sich dabei, daß auch der Del-
phische Gott bei Admet die Heerden geweidet, wenn
nicht schon auf die Ausbildung dieser Mythe die bei
Pherä einheimische Verehrung des Aristäos früher ein-
gewirkt hatte 4. Solche Götter, welche frühe in den
Schatten getreten und zurückgedrängt waren, schmie-
gen sich den herrschenden Dynastieen auf mannigfaltige
Weise an; und das zertrümmerte Ganze sucht ein neues
Leben zu gewinnen, indem es auf verschiedenen Wegen
in blühende Stämme übergeht. So machte man auch
den alten Naturgott, den man Apollon Nomios ge-
nannt hatte, wenig auf Consequenz bedacht, zum Sohne
des alten Silen 5, weil er den Bakchischen Wesen ver-

1 S. Sch. Apoll. 2, 500. zum Theil aus Bakchylides
Pherek. Sturz 32. S. 159.
2 vgl. Herakl. P. Polit. Keos.
3 Auch Agreus heißt S. Ap. und der Kyrene, Etym. M. Justin.
13, 7. emd. Orchom. S. 347, 1. Ueber Ap. Agreus s. Aeschyl. bei
Plut. Erot. 14. vgl. Paus. 1, 41.; er ist Aristäos; Apollod. (bei
Hesych Agreus) erklärt ihn für einen Attischen Pan. vgl. Liebe
Gotha num. p. 309. Enagros Ap. en Siphno Hesych.
4 Sch.
Ap. 2, 514. vgl. Schol. Il. 2, 766. -- Nach dem Hom. Hymn.
auf Hermes weidete einst Ap. mit dem Rabdos tripetelos (vgl.
Eust. zu Il. 24, 343.) die Götterheerden, aber gab die boukolias
an Hermes ab. Wie dieser epische Hymnus sich zu dem melos des
Alkäos über Hermes Geburt und Rinderraub (Paus. 7, 20, 2. Me-
nand. de encom. 7. p. 48. Horaz Carm. 1, 10.) verhält, ist
noch nicht deutlich. Den letztern erzählten auch die Eöen (Anton.
Lib. 23.).
5 Klem. Alex. Protr. S. 8. vgl. Porphyr. L. Py-
thag. §. 16. Cyrill gegen Julian S. 342. Creuzer in den Studien
Bd. 2, S. 277.

Orte der Verehrung 1. Ein Sohn der Erde vom Ura-
nos oder des Paͤon konnte er uͤberall mit Fug heißen,
Cheiron nannte man ſeinen Vater am Pelion, Kary-
ſtos auf Keos 2, Apollon und Kyrene hießen ſeine El-
tern in der gleichnamigen Stadt 3. Zum Apollon wurde
er durch das Ueberwiegen des Helleniſchen Cultus in
Arkadien; man erinnerte ſich dabei, daß auch der Del-
phiſche Gott bei Admet die Heerden geweidet, wenn
nicht ſchon auf die Ausbildung dieſer Mythe die bei
Pheraͤ einheimiſche Verehrung des Ariſtaͤos fruͤher ein-
gewirkt hatte 4. Solche Goͤtter, welche fruͤhe in den
Schatten getreten und zuruͤckgedraͤngt waren, ſchmie-
gen ſich den herrſchenden Dynaſtieen auf mannigfaltige
Weiſe an; und das zertruͤmmerte Ganze ſucht ein neues
Leben zu gewinnen, indem es auf verſchiedenen Wegen
in bluͤhende Staͤmme uͤbergeht. So machte man auch
den alten Naturgott, den man Apollon Nomios ge-
nannt hatte, wenig auf Conſequenz bedacht, zum Sohne
des alten Silen 5, weil er den Bakchiſchen Weſen ver-

1 S. Sch. Apoll. 2, 500. zum Theil aus Bakchylides
Pherek. Sturz 32. S. 159.
2 vgl. Herakl. P. Polit. Keos.
3 Auch Agreus heißt S. Ap. und der Kyrene, Etym. M. Juſtin.
13, 7. emd. Orchom. S. 347, 1. Ueber Ap. Agreus ſ. Aeſchyl. bei
Plut. Erot. 14. vgl. Pauſ. 1, 41.; er iſt Ariſtaͤos; Apollod. (bei
Heſych Ἀγϱεύς) erklaͤrt ihn fuͤr einen Attiſchen Pan. vgl. Liebe
Gotha num. p. 309. Ἔναγϱος Ἀπ. ἐν Σίφνῳ Heſych.
4 Sch.
Ap. 2, 514. vgl. Schol. Il. 2, 766. — Nach dem Hom. Hymn.
auf Hermes weidete einſt Ap. mit dem ῥάβδος τϱιπέτηλος (vgl.
Euſt. zu Il. 24, 343.) die Goͤtterheerden, aber gab die βουκολίας
an Hermes ab. Wie dieſer epiſche Hymnus ſich zu dem μέλος des
Alkaͤos uͤber Hermes Geburt und Rinderraub (Pauſ. 7, 20, 2. Me-
nand. de encom. 7. p. 48. Horaz Carm. 1, 10.) verhaͤlt, iſt
noch nicht deutlich. Den letztern erzaͤhlten auch die Eoͤen (Anton.
Lib. 23.).
5 Klem. Alex. Protr. S. 8. vgl. Porphyr. L. Py-
thag. §. 16. Cyrill gegen Julian S. 342. Creuzer in den Studien
Bd. 2, S. 277.
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[282/0312] Orte der Verehrung 1. Ein Sohn der Erde vom Ura- nos oder des Paͤon konnte er uͤberall mit Fug heißen, Cheiron nannte man ſeinen Vater am Pelion, Kary- ſtos auf Keos 2, Apollon und Kyrene hießen ſeine El- tern in der gleichnamigen Stadt 3. Zum Apollon wurde er durch das Ueberwiegen des Helleniſchen Cultus in Arkadien; man erinnerte ſich dabei, daß auch der Del- phiſche Gott bei Admet die Heerden geweidet, wenn nicht ſchon auf die Ausbildung dieſer Mythe die bei Pheraͤ einheimiſche Verehrung des Ariſtaͤos fruͤher ein- gewirkt hatte 4. Solche Goͤtter, welche fruͤhe in den Schatten getreten und zuruͤckgedraͤngt waren, ſchmie- gen ſich den herrſchenden Dynaſtieen auf mannigfaltige Weiſe an; und das zertruͤmmerte Ganze ſucht ein neues Leben zu gewinnen, indem es auf verſchiedenen Wegen in bluͤhende Staͤmme uͤbergeht. So machte man auch den alten Naturgott, den man Apollon Nomios ge- nannt hatte, wenig auf Conſequenz bedacht, zum Sohne des alten Silen 5, weil er den Bakchiſchen Weſen ver- 1 S. Sch. Apoll. 2, 500. zum Theil aus Bakchylides Pherek. Sturz 32. S. 159. 2 vgl. Herakl. P. Polit. Keos. 3 Auch Agreus heißt S. Ap. und der Kyrene, Etym. M. Juſtin. 13, 7. emd. Orchom. S. 347, 1. Ueber Ap. Agreus ſ. Aeſchyl. bei Plut. Erot. 14. vgl. Pauſ. 1, 41.; er iſt Ariſtaͤos; Apollod. (bei Heſych Ἀγϱεύς) erklaͤrt ihn fuͤr einen Attiſchen Pan. vgl. Liebe Gotha num. p. 309. Ἔναγϱος Ἀπ. ἐν Σίφνῳ Heſych. 4 Sch. Ap. 2, 514. vgl. Schol. Il. 2, 766. — Nach dem Hom. Hymn. auf Hermes weidete einſt Ap. mit dem ῥάβδος τϱιπέτηλος (vgl. Euſt. zu Il. 24, 343.) die Goͤtterheerden, aber gab die βουκολίας an Hermes ab. Wie dieſer epiſche Hymnus ſich zu dem μέλος des Alkaͤos uͤber Hermes Geburt und Rinderraub (Pauſ. 7, 20, 2. Me- nand. de encom. 7. p. 48. Horaz Carm. 1, 10.) verhaͤlt, iſt noch nicht deutlich. Den letztern erzaͤhlten auch die Eoͤen (Anton. Lib. 23.). 5 Klem. Alex. Protr. S. 8. vgl. Porphyr. L. Py- thag. §. 16. Cyrill gegen Julian S. 342. Creuzer in den Studien Bd. 2, S. 277.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/312>, abgerufen am 06.09.2024.