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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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stheniten, Pantikapäer 1, mögen sie zuerst ausgebildet
haben; von ihnen kamen sie zu den ebenfalls Milesi-
schen Prokonnesiern in der Propontis. Die Greifen
wurden als wunderbare Fabelwesen schon in Hesiodi-
schen Gedichten genannt 2, aber ihre aus Adler und
Löwen zusammengesetzte Gestalt mögen sie doch erst
durch die später eintretende Bekanntschaft mit dem
innern Orient erhalten haben. Wir sehen an den Sei-
tenpfosten der Pforten von Persepolis den alten Achä-
menes, wenn man will, im Kampfe mit einem Löwen-
adler, der dem Greife sehr nahe kommt: Persische und
Babylonische Tapeten mit dieser und ähnlichen Arabes-
ken kamen über Milet früh in alle Gegenden Griechen-
lands; so verschmolz das Orientalische Gebilde mit der
nordischen Phantasie. -- Mit den Arimaspeen stimmt
in der Anordnung der fabelhaften Nordvölker der alte
Damastes überein 3: Ueber den Skythen die Issedo-
nen, dann die Arimaspen, dann die Rhipäengebirge,
von denen Boreas bläst, und jenseits am andern Meere
die Hyperboreer 4. Ohne Zweifel dachte er sich die
Issedonen mit den daran hängenden Gegenden nördlich
vom Pont Euxin, und eher etwas östlich von Griechen-

1 Münze von Pantikapäon: ein Greif auf eine Aehre tre-
tend (khrus. theros) mit einem Pfeil im Schnabel (vgl. die Fabel
von Abaris).
2 Schol. Aesch. Prom. 803. -- Greife kamen zuerst,
so viel wir wissen, in der Kunst vor, an dem Kessel, den die Samier
Ol. 38. in ihr Heräon weihten; dann in dem Hofe des Skythischen
Königs, Her. 4, 79. -- Vgl. über die Kunstdarstellungen beson-
ders Millin Mon. ined. T. 2. p. 129. Böttiger im N. Teutschen
Merkur 1792. T. 2. N. 6. S. 143. Rhode's Ansicht: "die heil.
Sage der Perser", S. 226. scheint mir nicht ganz vom rechten
Standpunkte gefaßt.
3 bei Steph. B. `Uperboreoi, Uckert
Damastes S. 48.
4 Die beiden letzten Punkte nennt auch
Hellanikos bei Klem. Al. Str. 1. S. 305. Sturz S. 132. Spätere
Zeugen für dasselbe übergehe ich.

ſtheniten, Pantikapaͤer 1, moͤgen ſie zuerſt ausgebildet
haben; von ihnen kamen ſie zu den ebenfalls Mileſi-
ſchen Prokonneſiern in der Propontis. Die Greifen
wurden als wunderbare Fabelweſen ſchon in Heſiodi-
ſchen Gedichten genannt 2, aber ihre aus Adler und
Loͤwen zuſammengeſetzte Geſtalt moͤgen ſie doch erſt
durch die ſpaͤter eintretende Bekanntſchaft mit dem
innern Orient erhalten haben. Wir ſehen an den Sei-
tenpfoſten der Pforten von Perſepolis den alten Achaͤ-
menes, wenn man will, im Kampfe mit einem Loͤwen-
adler, der dem Greife ſehr nahe kommt: Perſiſche und
Babyloniſche Tapeten mit dieſer und aͤhnlichen Arabes-
ken kamen uͤber Milet fruͤh in alle Gegenden Griechen-
lands; ſo verſchmolz das Orientaliſche Gebilde mit der
nordiſchen Phantaſie. — Mit den Arimaspeen ſtimmt
in der Anordnung der fabelhaften Nordvoͤlker der alte
Damaſtes uͤberein 3: Ueber den Skythen die Iſſedo-
nen, dann die Arimaspen, dann die Rhipaͤengebirge,
von denen Boreas blaͤſt, und jenſeits am andern Meere
die Hyperboreer 4. Ohne Zweifel dachte er ſich die
Iſſedonen mit den daran haͤngenden Gegenden noͤrdlich
vom Pont Euxin, und eher etwas oͤſtlich von Griechen-

1 Muͤnze von Pantikapaͤon: ein Greif auf eine Aehre tre-
tend (χϱυσ. ϑέϱος) mit einem Pfeil im Schnabel (vgl. die Fabel
von Abaris).
2 Schol. Aeſch. Prom. 803. — Greife kamen zuerſt,
ſo viel wir wiſſen, in der Kunſt vor, an dem Keſſel, den die Samier
Ol. 38. in ihr Heraͤon weihten; dann in dem Hofe des Skythiſchen
Koͤnigs, Her. 4, 79. — Vgl. uͤber die Kunſtdarſtellungen beſon-
ders Millin Mon. ined. T. 2. p. 129. Boͤttiger im N. Teutſchen
Merkur 1792. T. 2. N. 6. S. 143. Rhode’s Anſicht: “die heil.
Sage der Perſer”, S. 226. ſcheint mir nicht ganz vom rechten
Standpunkte gefaßt.
3 bei Steph. B. ῾ϒπεϱβόϱεοι, Uckert
Damaſtes S. 48.
4 Die beiden letzten Punkte nennt auch
Hellanikos bei Klem. Al. Str. 1. S. 305. Sturz S. 132. Spaͤtere
Zeugen fuͤr daſſelbe uͤbergehe ich.
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[276/0306] ſtheniten, Pantikapaͤer 1, moͤgen ſie zuerſt ausgebildet haben; von ihnen kamen ſie zu den ebenfalls Mileſi- ſchen Prokonneſiern in der Propontis. Die Greifen wurden als wunderbare Fabelweſen ſchon in Heſiodi- ſchen Gedichten genannt 2, aber ihre aus Adler und Loͤwen zuſammengeſetzte Geſtalt moͤgen ſie doch erſt durch die ſpaͤter eintretende Bekanntſchaft mit dem innern Orient erhalten haben. Wir ſehen an den Sei- tenpfoſten der Pforten von Perſepolis den alten Achaͤ- menes, wenn man will, im Kampfe mit einem Loͤwen- adler, der dem Greife ſehr nahe kommt: Perſiſche und Babyloniſche Tapeten mit dieſer und aͤhnlichen Arabes- ken kamen uͤber Milet fruͤh in alle Gegenden Griechen- lands; ſo verſchmolz das Orientaliſche Gebilde mit der nordiſchen Phantaſie. — Mit den Arimaspeen ſtimmt in der Anordnung der fabelhaften Nordvoͤlker der alte Damaſtes uͤberein 3: Ueber den Skythen die Iſſedo- nen, dann die Arimaspen, dann die Rhipaͤengebirge, von denen Boreas blaͤſt, und jenſeits am andern Meere die Hyperboreer 4. Ohne Zweifel dachte er ſich die Iſſedonen mit den daran haͤngenden Gegenden noͤrdlich vom Pont Euxin, und eher etwas oͤſtlich von Griechen- 1 Muͤnze von Pantikapaͤon: ein Greif auf eine Aehre tre- tend (χϱυσ. ϑέϱος) mit einem Pfeil im Schnabel (vgl. die Fabel von Abaris). 2 Schol. Aeſch. Prom. 803. — Greife kamen zuerſt, ſo viel wir wiſſen, in der Kunſt vor, an dem Keſſel, den die Samier Ol. 38. in ihr Heraͤon weihten; dann in dem Hofe des Skythiſchen Koͤnigs, Her. 4, 79. — Vgl. uͤber die Kunſtdarſtellungen beſon- ders Millin Mon. ined. T. 2. p. 129. Boͤttiger im N. Teutſchen Merkur 1792. T. 2. N. 6. S. 143. Rhode’s Anſicht: “die heil. Sage der Perſer”, S. 226. ſcheint mir nicht ganz vom rechten Standpunkte gefaßt. 3 bei Steph. B. ῾ϒπεϱβόϱεοι, Uckert Damaſtes S. 48. 4 Die beiden letzten Punkte nennt auch Hellanikos bei Klem. Al. Str. 1. S. 305. Sturz S. 132. Spaͤtere Zeugen fuͤr daſſelbe uͤbergehe ich.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/306>, abgerufen am 22.11.2024.