Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

zurück, und kommt viel später noch unter dem Namen
Kraugalliden in Verbindung mit den Kirrhäern als
dem Heiligthum feindlich vor 1: woraus wohl hervor-
geht, daß die Hauptmasse dieser Kirrhäer aus Tem-
pelunterthanen, die sich losgerissen und empört hatten,
bestand.

4.

Der geschichtlichen Zeit etwas näher steht die
Wanderung der Magneten. Dieser am Pelion woh-
nende Volkstamm sah sich um die Zeit der Thessalischen
Einwanderung so gedrückt und beschränkt, daß er sich
an das Orakel wandte und nach dessen Vorschrift
zehnten, d. h. den zehnten Theil der jungen Mann-
schaft ausheben ließ, welcher nun, wie ein ver sacrum
in Italien im ältern Sinne, der Heimat entsagte 2.
Diese jungen Colonisten sandte der Gott zuvörderst zu
seinen Freunden und Verwandten in Kreta: wo sie eine
Stadt Magnesia gründeten, die Platon als einen un-
tergegangenen Ort kennt, und als eine Vorkolonie seines
idealen Staates betrachtet, weil auch diese den Gott
zum alleinigen Gesetzgeber hatte 3. Aber bald brachte
der Verkehr der Insel mit der Kleinasiatischen Küste

288, 32. Heyne zu Aen. 1, 736. Sie behielten den Dienst auch
in den Messenischen Wohnsitzen nach Paus. -- Nach Konon 29
sandten sie nach der Rückkehr von Troja eine dekate.
1 S. oben S. 43.
2 Nach der merkwürdigen Erzäh-
lung des Parthen. Erot. 5. sind diese dekateuthentes ek Pheron up
Admetou, und haben zum Anführer einen Lykier Leukippos. Str.
14, 647. dreht die Sache um: Delphon apogonoi, ton epoikesan-
ton ta Diduma ore (bei Pherä, Orchom. S. 192.) en Thettalia.
3 Gesetze 11, 919 d. vgl. Böckh in Minoem et legg. p. 68.
Das nach Platons Dichtung erneuerte Magnesia weihet dem Ap.
und Helios kata ton palaion nomon drei Männer als akrothi-
nion. 12, 945. S. sonst Apollod. Fragm. S. 386. Konon 29.
Varro 3. rer. hum. bei Prob. zu Virg. Ecl. 6. Kreter im Asiat.
Magnesia Str. 14, 636. Sch. Apollon. 1, 584.

zuruͤck, und kommt viel ſpaͤter noch unter dem Namen
Kraugalliden in Verbindung mit den Kirrhaͤern als
dem Heiligthum feindlich vor 1: woraus wohl hervor-
geht, daß die Hauptmaſſe dieſer Kirrhaͤer aus Tem-
pelunterthanen, die ſich losgeriſſen und empoͤrt hatten,
beſtand.

4.

Der geſchichtlichen Zeit etwas naͤher ſteht die
Wanderung der Magneten. Dieſer am Pelion woh-
nende Volkſtamm ſah ſich um die Zeit der Theſſaliſchen
Einwanderung ſo gedruͤckt und beſchraͤnkt, daß er ſich
an das Orakel wandte und nach deſſen Vorſchrift
zehnten, d. h. den zehnten Theil der jungen Mann-
ſchaft ausheben ließ, welcher nun, wie ein ver sacrum
in Italien im aͤltern Sinne, der Heimat entſagte 2.
Dieſe jungen Coloniſten ſandte der Gott zuvoͤrderſt zu
ſeinen Freunden und Verwandten in Kreta: wo ſie eine
Stadt Magneſia gruͤndeten, die Platon als einen un-
tergegangenen Ort kennt, und als eine Vorkolonie ſeines
idealen Staates betrachtet, weil auch dieſe den Gott
zum alleinigen Geſetzgeber hatte 3. Aber bald brachte
der Verkehr der Inſel mit der Kleinaſiatiſchen Kuͤſte

288, 32. Heyne zu Aen. 1, 736. Sie behielten den Dienſt auch
in den Meſſeniſchen Wohnſitzen nach Pauſ. — Nach Konon 29
ſandten ſie nach der Ruͤckkehr von Troja eine δεκάτη.
1 S. oben S. 43.
2 Nach der merkwuͤrdigen Erzaͤh-
lung des Parthen. Erot. 5. ſind dieſe δεκατευϑέντες ἐκ Φεϱῶν ὑπ̕
Ἀδμήτου, und haben zum Anfuͤhrer einen Lykier Leukippos. Str.
14, 647. dreht die Sache um: Δελφῶν ἀπόγονοι, τῶν ἐποικησάν-
των τὰ Δίδυμα ὄϱη (bei Pheraͤ, Orchom. S. 192.) ἐν Θετταλίᾳ.
3 Geſetze 11, 919 d. vgl. Boͤckh in Minoem et legg. p. 68.
Das nach Platons Dichtung erneuerte Magneſia weihet dem Ap.
und Helios κατὰ τὸν παλαιὸν νόμον drei Maͤnner als ἀκϱοϑί-
νιον. 12, 945. S. ſonſt Apollod. Fragm. S. 386. Konon 29.
Varro 3. rer. hum. bei Prob. zu Virg. Ecl. 6. Kreter im Aſiat.
Magneſia Str. 14, 636. Sch. Apollon. 1, 584.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0288" n="258"/>
zuru&#x0364;ck, und kommt viel &#x017F;pa&#x0364;ter noch unter dem Namen<lb/><hi rendition="#g">Kraugalliden</hi> in Verbindung mit den Kirrha&#x0364;ern als<lb/>
dem Heiligthum feindlich vor <note place="foot" n="1">S. oben S. 43.</note>: woraus wohl hervor-<lb/>
geht, daß die Hauptma&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er Kirrha&#x0364;er aus Tem-<lb/>
pelunterthanen, die &#x017F;ich losgeri&#x017F;&#x017F;en und empo&#x0364;rt hatten,<lb/>
be&#x017F;tand.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>4.</head><lb/>
              <p>Der ge&#x017F;chichtlichen Zeit etwas na&#x0364;her &#x017F;teht die<lb/>
Wanderung der <hi rendition="#g">Magneten.</hi> Die&#x017F;er am Pelion woh-<lb/>
nende Volk&#x017F;tamm &#x017F;ah &#x017F;ich um die Zeit der The&#x017F;&#x017F;ali&#x017F;chen<lb/>
Einwanderung &#x017F;o gedru&#x0364;ckt und be&#x017F;chra&#x0364;nkt, daß er &#x017F;ich<lb/>
an das Orakel wandte und nach de&#x017F;&#x017F;en Vor&#x017F;chrift<lb/>
zehnten, d. h. den zehnten Theil der jungen Mann-<lb/>
&#x017F;chaft ausheben ließ, welcher nun, wie ein <hi rendition="#aq">ver sacrum</hi><lb/>
in Italien im a&#x0364;ltern Sinne, der Heimat ent&#x017F;agte <note place="foot" n="2">Nach der merkwu&#x0364;rdigen Erza&#x0364;h-<lb/>
lung des Parthen. Erot. 5. &#x017F;ind die&#x017F;e &#x03B4;&#x03B5;&#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C5;&#x03D1;&#x03AD;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2; &#x1F10;&#x03BA; &#x03A6;&#x03B5;&#x03F1;&#x1FF6;&#x03BD; &#x1F51;&#x03C0;&#x0315;<lb/>
&#x1F08;&#x03B4;&#x03BC;&#x03AE;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C5;, und haben zum Anfu&#x0364;hrer einen Lykier Leukippos. Str.<lb/>
14, 647. dreht die Sache um: &#x0394;&#x03B5;&#x03BB;&#x03C6;&#x1FF6;&#x03BD; &#x1F00;&#x03C0;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9;, &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x1F10;&#x03C0;&#x03BF;&#x03B9;&#x03BA;&#x03B7;&#x03C3;&#x03AC;&#x03BD;-<lb/>
&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD; &#x03C4;&#x1F70; &#x0394;&#x03AF;&#x03B4;&#x03C5;&#x03BC;&#x03B1; &#x1F44;&#x03F1;&#x03B7; (bei Phera&#x0364;, Orchom. S. 192.) &#x1F10;&#x03BD; &#x0398;&#x03B5;&#x03C4;&#x03C4;&#x03B1;&#x03BB;&#x03AF;&#x1FB3;.</note>.<lb/>
Die&#x017F;e jungen Coloni&#x017F;ten &#x017F;andte der Gott zuvo&#x0364;rder&#x017F;t zu<lb/>
&#x017F;einen Freunden und Verwandten in Kreta: wo &#x017F;ie eine<lb/>
Stadt Magne&#x017F;ia gru&#x0364;ndeten, die Platon als einen un-<lb/>
tergegangenen Ort kennt, und als eine Vorkolonie &#x017F;eines<lb/>
idealen Staates betrachtet, weil auch die&#x017F;e den Gott<lb/>
zum alleinigen Ge&#x017F;etzgeber hatte <note place="foot" n="3">Ge&#x017F;etze 11, 919 <hi rendition="#aq">d.</hi> vgl. Bo&#x0364;ckh <hi rendition="#aq">in Minoem et legg. p.</hi> 68.<lb/>
Das nach Platons Dichtung erneuerte Magne&#x017F;ia weihet dem Ap.<lb/><hi rendition="#g">und Helios</hi> &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x1F70; &#x03C4;&#x1F78;&#x03BD; &#x03C0;&#x03B1;&#x03BB;&#x03B1;&#x03B9;&#x1F78;&#x03BD; &#x03BD;&#x03CC;&#x03BC;&#x03BF;&#x03BD; drei Ma&#x0364;nner als &#x1F00;&#x03BA;&#x03F1;&#x03BF;&#x03D1;&#x03AF;-<lb/>
&#x03BD;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD;. 12, 945. S. &#x017F;on&#x017F;t Apollod. Fragm. S. 386. Konon 29.<lb/>
Varro 3. <hi rendition="#aq">rer. hum.</hi> bei Prob. zu Virg. Ecl. 6. Kreter im A&#x017F;iat.<lb/>
Magne&#x017F;ia Str. 14, 636. Sch. Apollon. 1, 584.</note>. Aber bald brachte<lb/>
der Verkehr der In&#x017F;el mit der Kleina&#x017F;iati&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;te<lb/><note xml:id="seg2pn_29_2" prev="#seg2pn_29_1" place="foot" n="5">288, 32. Heyne zu Aen. 1, 736. Sie behielten den Dien&#x017F;t auch<lb/>
in den Me&#x017F;&#x017F;eni&#x017F;chen Wohn&#x017F;itzen nach Pau&#x017F;. &#x2014; Nach Konon 29<lb/>
&#x017F;andten &#x017F;ie nach der Ru&#x0364;ckkehr von Troja eine &#x03B4;&#x03B5;&#x03BA;&#x03AC;&#x03C4;&#x03B7;.</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0288] zuruͤck, und kommt viel ſpaͤter noch unter dem Namen Kraugalliden in Verbindung mit den Kirrhaͤern als dem Heiligthum feindlich vor 1: woraus wohl hervor- geht, daß die Hauptmaſſe dieſer Kirrhaͤer aus Tem- pelunterthanen, die ſich losgeriſſen und empoͤrt hatten, beſtand. 4. Der geſchichtlichen Zeit etwas naͤher ſteht die Wanderung der Magneten. Dieſer am Pelion woh- nende Volkſtamm ſah ſich um die Zeit der Theſſaliſchen Einwanderung ſo gedruͤckt und beſchraͤnkt, daß er ſich an das Orakel wandte und nach deſſen Vorſchrift zehnten, d. h. den zehnten Theil der jungen Mann- ſchaft ausheben ließ, welcher nun, wie ein ver sacrum in Italien im aͤltern Sinne, der Heimat entſagte 2. Dieſe jungen Coloniſten ſandte der Gott zuvoͤrderſt zu ſeinen Freunden und Verwandten in Kreta: wo ſie eine Stadt Magneſia gruͤndeten, die Platon als einen un- tergegangenen Ort kennt, und als eine Vorkolonie ſeines idealen Staates betrachtet, weil auch dieſe den Gott zum alleinigen Geſetzgeber hatte 3. Aber bald brachte der Verkehr der Inſel mit der Kleinaſiatiſchen Kuͤſte 5 1 S. oben S. 43. 2 Nach der merkwuͤrdigen Erzaͤh- lung des Parthen. Erot. 5. ſind dieſe δεκατευϑέντες ἐκ Φεϱῶν ὑπ̕ Ἀδμήτου, und haben zum Anfuͤhrer einen Lykier Leukippos. Str. 14, 647. dreht die Sache um: Δελφῶν ἀπόγονοι, τῶν ἐποικησάν- των τὰ Δίδυμα ὄϱη (bei Pheraͤ, Orchom. S. 192.) ἐν Θετταλίᾳ. 3 Geſetze 11, 919 d. vgl. Boͤckh in Minoem et legg. p. 68. Das nach Platons Dichtung erneuerte Magneſia weihet dem Ap. und Helios κατὰ τὸν παλαιὸν νόμον drei Maͤnner als ἀκϱοϑί- νιον. 12, 945. S. ſonſt Apollod. Fragm. S. 386. Konon 29. Varro 3. rer. hum. bei Prob. zu Virg. Ecl. 6. Kreter im Aſiat. Magneſia Str. 14, 636. Sch. Apollon. 1, 584. 5 288, 32. Heyne zu Aen. 1, 736. Sie behielten den Dienſt auch in den Meſſeniſchen Wohnſitzen nach Pauſ. — Nach Konon 29 ſandten ſie nach der Ruͤckkehr von Troja eine δεκάτη.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/288
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/288>, abgerufen am 27.11.2024.