Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

5.
1.

Vor den Doriern war ohne Zweifel Mykenä, im
höhern Theile der Ebene am Ausgange des Gebirgs
gelegen, der bedeutendste und angesehenste Ort in Ar-
golis, und Argos, obgleich der Sitz der ältesten Lan-
descultur, war davon abhängig und untergeordnet.
Zu Mykenä war Eurystheus kyklopische Vorhalle 1;
Agamemnons goldreiches Haus; und wenn die befestigte
Stadt auch klein war, wie Thukydides mit Recht sagt,
so war sie doch -- wie wir jetzt belehrt sind -- voll
von großartigen und reichgeschmückten Monumenten,
die in ihrer halbbarbarischen aber doch kunstreichen
Pracht von der Einfachheit und Ungeschmücktheit des-
sen, was nachmals die Dorische Zeit hervorbrachte,
ungemein abstachen 2. Die Dorische Eroberung fing da-
gegen nicht bei jenen durch Natur und Menschenhand
gleich gesicherten Burgen an, sondern schritt auf dem
umgekehrten Wege von der Seeküste aus vorwärts.
Denn am Meere zwischen Lerna und Nauplia, an der
Mündung des Phrixos 3, lag ein befestigter Ort, Te-
menion, von welchem aus Temenos, Aristomachos Sohn,
mit den Doriern den Tisamenos und die Achäer be-

1 Eurustheos Kuklopia prothura Pind. Fragin. Inc. 48. Böckh.
2 Buch 4.
3 Fourmont glaubt, Temenion in einer Burg
südlich von Lerna zu erkennen, aber es muß nördlich liegen.

5.
1.

Vor den Doriern war ohne Zweifel Mykenaͤ, im
hoͤhern Theile der Ebene am Ausgange des Gebirgs
gelegen, der bedeutendſte und angeſehenſte Ort in Ar-
golis, und Argos, obgleich der Sitz der aͤlteſten Lan-
descultur, war davon abhaͤngig und untergeordnet.
Zu Mykenaͤ war Euryſtheus kyklopiſche Vorhalle 1;
Agamemnons goldreiches Haus; und wenn die befeſtigte
Stadt auch klein war, wie Thukydides mit Recht ſagt,
ſo war ſie doch — wie wir jetzt belehrt ſind — voll
von großartigen und reichgeſchmuͤckten Monumenten,
die in ihrer halbbarbariſchen aber doch kunſtreichen
Pracht von der Einfachheit und Ungeſchmuͤcktheit deſ-
ſen, was nachmals die Doriſche Zeit hervorbrachte,
ungemein abſtachen 2. Die Doriſche Eroberung fing da-
gegen nicht bei jenen durch Natur und Menſchenhand
gleich geſicherten Burgen an, ſondern ſchritt auf dem
umgekehrten Wege von der Seekuͤſte aus vorwaͤrts.
Denn am Meere zwiſchen Lerna und Nauplia, an der
Muͤndung des Phrixos 3, lag ein befeſtigter Ort, Te-
menion, von welchem aus Temenos, Ariſtomachos Sohn,
mit den Doriern den Tiſamenos und die Achaͤer be-

1 Εὐϱυσϑέος Κυκλώπια πϱόϑυϱα Pind. Fragin. Inc. 48. Boͤckh.
2 Buch 4.
3 Fourmont glaubt, Temenion in einer Burg
ſuͤdlich von Lerna zu erkennen, aber es muß noͤrdlich liegen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0108" n="78"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>5.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">V</hi>or den Doriern war ohne Zweifel Mykena&#x0364;, im<lb/>
ho&#x0364;hern Theile der Ebene am Ausgange des Gebirgs<lb/>
gelegen, der bedeutend&#x017F;te und ange&#x017F;ehen&#x017F;te Ort in Ar-<lb/>
golis, und Argos, obgleich der Sitz der a&#x0364;lte&#x017F;ten Lan-<lb/>
descultur, war davon abha&#x0364;ngig und untergeordnet.<lb/>
Zu Mykena&#x0364; war Eury&#x017F;theus kyklopi&#x017F;che Vorhalle <note place="foot" n="1">&#x0395;&#x1F50;&#x03F1;&#x03C5;&#x03C3;&#x03D1;&#x03AD;&#x03BF;&#x03C2; &#x039A;&#x03C5;&#x03BA;&#x03BB;&#x03CE;&#x03C0;&#x03B9;&#x03B1; &#x03C0;&#x03F1;&#x03CC;&#x03D1;&#x03C5;&#x03F1;&#x03B1; Pind. Fragin. <hi rendition="#aq">Inc.</hi> 48. Bo&#x0364;ckh.</note>;<lb/>
Agamemnons goldreiches Haus; und wenn die befe&#x017F;tigte<lb/>
Stadt auch klein war, wie Thukydides mit Recht &#x017F;agt,<lb/>
&#x017F;o war &#x017F;ie doch &#x2014; wie wir jetzt belehrt &#x017F;ind &#x2014; voll<lb/>
von großartigen und reichge&#x017F;chmu&#x0364;ckten Monumenten,<lb/>
die in ihrer halbbarbari&#x017F;chen aber doch kun&#x017F;treichen<lb/>
Pracht von der Einfachheit und Unge&#x017F;chmu&#x0364;cktheit de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, was nachmals die Dori&#x017F;che Zeit hervorbrachte,<lb/>
ungemein ab&#x017F;tachen <note place="foot" n="2">Buch 4.</note>. Die Dori&#x017F;che Eroberung fing da-<lb/>
gegen nicht bei jenen durch Natur und Men&#x017F;chenhand<lb/>
gleich ge&#x017F;icherten Burgen an, &#x017F;ondern &#x017F;chritt auf dem<lb/>
umgekehrten Wege von der Seeku&#x0364;&#x017F;te aus vorwa&#x0364;rts.<lb/>
Denn am Meere zwi&#x017F;chen Lerna und Nauplia, an der<lb/>
Mu&#x0364;ndung des Phrixos <note place="foot" n="3">Fourmont glaubt, Temenion in einer Burg<lb/>
&#x017F;u&#x0364;dlich von Lerna zu erkennen, aber es muß no&#x0364;rdlich liegen.</note>, lag ein befe&#x017F;tigter Ort, Te-<lb/>
menion, von welchem aus Temenos, Ari&#x017F;tomachos Sohn,<lb/>
mit den Doriern den Ti&#x017F;amenos und die Acha&#x0364;er be-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0108] 5. 1. Vor den Doriern war ohne Zweifel Mykenaͤ, im hoͤhern Theile der Ebene am Ausgange des Gebirgs gelegen, der bedeutendſte und angeſehenſte Ort in Ar- golis, und Argos, obgleich der Sitz der aͤlteſten Lan- descultur, war davon abhaͤngig und untergeordnet. Zu Mykenaͤ war Euryſtheus kyklopiſche Vorhalle 1; Agamemnons goldreiches Haus; und wenn die befeſtigte Stadt auch klein war, wie Thukydides mit Recht ſagt, ſo war ſie doch — wie wir jetzt belehrt ſind — voll von großartigen und reichgeſchmuͤckten Monumenten, die in ihrer halbbarbariſchen aber doch kunſtreichen Pracht von der Einfachheit und Ungeſchmuͤcktheit deſ- ſen, was nachmals die Doriſche Zeit hervorbrachte, ungemein abſtachen 2. Die Doriſche Eroberung fing da- gegen nicht bei jenen durch Natur und Menſchenhand gleich geſicherten Burgen an, ſondern ſchritt auf dem umgekehrten Wege von der Seekuͤſte aus vorwaͤrts. Denn am Meere zwiſchen Lerna und Nauplia, an der Muͤndung des Phrixos 3, lag ein befeſtigter Ort, Te- menion, von welchem aus Temenos, Ariſtomachos Sohn, mit den Doriern den Tiſamenos und die Achaͤer be- 1 Εὐϱυσϑέος Κυκλώπια πϱόϑυϱα Pind. Fragin. Inc. 48. Boͤckh. 2 Buch 4. 3 Fourmont glaubt, Temenion in einer Burg ſuͤdlich von Lerna zu erkennen, aber es muß noͤrdlich liegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/108
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/108>, abgerufen am 22.11.2024.