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Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.

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III. Die Extremität der Sehsinnsubstanz
als Auge
.
13.

Daß die Empfindung des Lichtes als Energie sich
bloß auf die Netzhaut als die Extremität der Sehsinnsub-
stanz beschränke, ist nicht anzunehmen, wenn es einmal ge-
wiß ist, daß von dieser Extremität kein äußeres fertiges
Leuchten empfunden wird. Selbst ein geringer Druck, auf
das bloßgelegte Gehirn und sofort auf die inneren Fort-
setzungen der Sehsinnsubstanz wirkend, bedingt in dieser
subjective Lichterscheinungen; und selbst wenn die Sehsinn-
substanz als Netzhaut für die äußeren Reize gelähmt ist, in
der Blindheit bohrt sich der Geblendete noch Licht aus
dem Sehnerven; wie denn bei vollkommener Blindheit
noch subjective innere Lichterscheinungen in den inneren
nicht gelähmten Theilen der Sehsinnsubstanz statt finden
können, wovon später höchst merkwürdige Beispiele aufge-
führt werden sollen. Die Netzhaut ist also nur die äußere
Extremität der Sehsinnsubstanz für das äußere Sinnes-
leben. Die Sehsinnsubstanz entspringt mit lichtempfinden-
den Theilen im Gehirne selbst, setzt sich durch die Sehner-
ven fort und endigt als Netzhaut, welche allein durch das
Elementarische afficirt werden kann, während die inneren
Theile von allen organischen Reizen afficirt werden können.

14.

In der einfachsten Form des Auges ist daher die Netz-
haut auch nur eine continuirliche membranöse Fortsetzung
eines membranösen Sehnerven und dieser des membranösen
lobus opticus im Gehirne. Bei den Fischen, so lange kein
Chiasma der Sehnerven statt findet, entfalten sich die lobi op-
tici
als vollkommene Membranen in die Sehnerven. Diese be-
stehen aus einer Membran, die so weit die Sehsinnsubstanz

III. Die Extremitaͤt der Sehſinnſubſtanz
als Auge
.
13.

Daß die Empfindung des Lichtes als Energie ſich
bloß auf die Netzhaut als die Extremitaͤt der Sehſinnſub-
ſtanz beſchraͤnke, iſt nicht anzunehmen, wenn es einmal ge-
wiß iſt, daß von dieſer Extremitaͤt kein aͤußeres fertiges
Leuchten empfunden wird. Selbſt ein geringer Druck, auf
das bloßgelegte Gehirn und ſofort auf die inneren Fort-
ſetzungen der Sehſinnſubſtanz wirkend, bedingt in dieſer
ſubjective Lichterſcheinungen; und ſelbſt wenn die Sehſinn-
ſubſtanz als Netzhaut fuͤr die aͤußeren Reize gelaͤhmt iſt, in
der Blindheit bohrt ſich der Geblendete noch Licht aus
dem Sehnerven; wie denn bei vollkommener Blindheit
noch ſubjective innere Lichterſcheinungen in den inneren
nicht gelaͤhmten Theilen der Sehſinnſubſtanz ſtatt finden
koͤnnen, wovon ſpaͤter hoͤchſt merkwuͤrdige Beiſpiele aufge-
fuͤhrt werden ſollen. Die Netzhaut iſt alſo nur die aͤußere
Extremitaͤt der Sehſinnſubſtanz fuͤr das aͤußere Sinnes-
leben. Die Sehſinnſubſtanz entſpringt mit lichtempfinden-
den Theilen im Gehirne ſelbſt, ſetzt ſich durch die Sehner-
ven fort und endigt als Netzhaut, welche allein durch das
Elementariſche afficirt werden kann, waͤhrend die inneren
Theile von allen organiſchen Reizen afficirt werden koͤnnen.

14.

In der einfachſten Form des Auges iſt daher die Netz-
haut auch nur eine continuirliche membranoͤſe Fortſetzung
eines membranoͤſen Sehnerven und dieſer des membranoͤſen
lobus opticus im Gehirne. Bei den Fiſchen, ſo lange kein
Chiasma der Sehnerven ſtatt findet, entfalten ſich die lobi op-
tici
als vollkommene Membranen in die Sehnerven. Dieſe be-
ſtehen aus einer Membran, die ſo weit die Sehſinnſubſtanz

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[10/0026] III. Die Extremitaͤt der Sehſinnſubſtanz als Auge. 13. Daß die Empfindung des Lichtes als Energie ſich bloß auf die Netzhaut als die Extremitaͤt der Sehſinnſub- ſtanz beſchraͤnke, iſt nicht anzunehmen, wenn es einmal ge- wiß iſt, daß von dieſer Extremitaͤt kein aͤußeres fertiges Leuchten empfunden wird. Selbſt ein geringer Druck, auf das bloßgelegte Gehirn und ſofort auf die inneren Fort- ſetzungen der Sehſinnſubſtanz wirkend, bedingt in dieſer ſubjective Lichterſcheinungen; und ſelbſt wenn die Sehſinn- ſubſtanz als Netzhaut fuͤr die aͤußeren Reize gelaͤhmt iſt, in der Blindheit bohrt ſich der Geblendete noch Licht aus dem Sehnerven; wie denn bei vollkommener Blindheit noch ſubjective innere Lichterſcheinungen in den inneren nicht gelaͤhmten Theilen der Sehſinnſubſtanz ſtatt finden koͤnnen, wovon ſpaͤter hoͤchſt merkwuͤrdige Beiſpiele aufge- fuͤhrt werden ſollen. Die Netzhaut iſt alſo nur die aͤußere Extremitaͤt der Sehſinnſubſtanz fuͤr das aͤußere Sinnes- leben. Die Sehſinnſubſtanz entſpringt mit lichtempfinden- den Theilen im Gehirne ſelbſt, ſetzt ſich durch die Sehner- ven fort und endigt als Netzhaut, welche allein durch das Elementariſche afficirt werden kann, waͤhrend die inneren Theile von allen organiſchen Reizen afficirt werden koͤnnen. 14. In der einfachſten Form des Auges iſt daher die Netz- haut auch nur eine continuirliche membranoͤſe Fortſetzung eines membranoͤſen Sehnerven und dieſer des membranoͤſen lobus opticus im Gehirne. Bei den Fiſchen, ſo lange kein Chiasma der Sehnerven ſtatt findet, entfalten ſich die lobi op- tici als vollkommene Membranen in die Sehnerven. Dieſe be- ſtehen aus einer Membran, die ſo weit die Sehſinnſubſtanz

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Zitationshilfe: Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/26>, abgerufen am 11.12.2024.