Fünftes Kapitel. Die Oekonomie in der Bewegung betrachtet.
Wer über die Oekonomie eines Staates zu reden, oder auf sie zu wirken unternimmt, der muß die vielfältigen ökonomi- schen Gebiete und Geschäfte im Umkreise dieses Staates wie mit einem Blicke umfassen. Käme es bloß auf den isolirten Werth und die abgesonderte Bedeutung jedes Einzelnen von ihnen an, so wäre kein Bild davon aufzufassen, sondern höchstens eine summarische Recapitalation des Ganzen in Zahlen fest zu halten: es würde sich bey der ganzen Opera- tion eigentlich nichts Höheres ergeben, als ein mehr oder weniger, ein Hinzufügen, ein Erweitern; kurz, ein Plus- machen wäre das ganze Object der finanziellen Wirksamkeit. So bald aber die Verhältnisse der Dinge unter einander betrachtet werden, und diese Verhältnisse sich gleichfalls unter einander wieder zu größeren Verhältnissen gruppiren und fügen, gliederweis sich wie die Organe des menschlichen Kör- pers vor den Augen des Zeichners ordnen, und sich zuletzt eine unendliche Symmetrie, ein glückliches Gleichgewicht in allen Theilen offenbart, dann ist ein deutliches Bild des Gan- zen möglich, ein Bild, wo man mit den größeren Umrissen zugleich alle die unzähligen Organe wahrnimmt, aus denen sie geformt werden.
Theoret. Theil D
Fuͤnftes Kapitel. Die Oekonomie in der Bewegung betrachtet.
Wer uͤber die Oekonomie eines Staates zu reden, oder auf ſie zu wirken unternimmt, der muß die vielfaͤltigen oͤkonomi- ſchen Gebiete und Geſchaͤfte im Umkreiſe dieſes Staates wie mit einem Blicke umfaſſen. Kaͤme es bloß auf den iſolirten Werth und die abgeſonderte Bedeutung jedes Einzelnen von ihnen an, ſo waͤre kein Bild davon aufzufaſſen, ſondern hoͤchſtens eine ſummariſche Recapitalation des Ganzen in Zahlen feſt zu halten: es wuͤrde ſich bey der ganzen Opera- tion eigentlich nichts Hoͤheres ergeben, als ein mehr oder weniger, ein Hinzufuͤgen, ein Erweitern; kurz, ein Plus- machen waͤre das ganze Object der finanziellen Wirkſamkeit. So bald aber die Verhaͤltniſſe der Dinge unter einander betrachtet werden, und dieſe Verhaͤltniſſe ſich gleichfalls unter einander wieder zu groͤßeren Verhaͤltniſſen gruppiren und fuͤgen, gliederweis ſich wie die Organe des menſchlichen Koͤr- pers vor den Augen des Zeichners ordnen, und ſich zuletzt eine unendliche Symmetrie, ein gluͤckliches Gleichgewicht in allen Theilen offenbart, dann iſt ein deutliches Bild des Gan- zen moͤglich, ein Bild, wo man mit den groͤßeren Umriſſen zugleich alle die unzaͤhligen Organe wahrnimmt, aus denen ſie geformt werden.
Theoret. Theil D
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Fuͤnftes Kapitel.
Die Oekonomie in der Bewegung betrachtet.
Wer uͤber die Oekonomie eines Staates zu reden, oder auf
ſie zu wirken unternimmt, der muß die vielfaͤltigen oͤkonomi-
ſchen Gebiete und Geſchaͤfte im Umkreiſe dieſes Staates wie
mit einem Blicke umfaſſen. Kaͤme es bloß auf den iſolirten
Werth und die abgeſonderte Bedeutung jedes Einzelnen von
ihnen an, ſo waͤre kein Bild davon aufzufaſſen, ſondern
hoͤchſtens eine ſummariſche Recapitalation des Ganzen in
Zahlen feſt zu halten: es wuͤrde ſich bey der ganzen Opera-
tion eigentlich nichts Hoͤheres ergeben, als ein mehr oder
weniger, ein Hinzufuͤgen, ein Erweitern; kurz, ein Plus-
machen waͤre das ganze Object der finanziellen Wirkſamkeit.
So bald aber die Verhaͤltniſſe der Dinge unter einander
betrachtet werden, und dieſe Verhaͤltniſſe ſich gleichfalls unter
einander wieder zu groͤßeren Verhaͤltniſſen gruppiren und
fuͤgen, gliederweis ſich wie die Organe des menſchlichen Koͤr-
pers vor den Augen des Zeichners ordnen, und ſich zuletzt
eine unendliche Symmetrie, ein gluͤckliches Gleichgewicht in
allen Theilen offenbart, dann iſt ein deutliches Bild des Gan-
zen moͤglich, ein Bild, wo man mit den groͤßeren Umriſſen
zugleich alle die unzaͤhligen Organe wahrnimmt, aus denen
ſie geformt werden.
Theoret. Theil D
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/63>, abgerufen am 03.03.2025.
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