und durch deren Gegengewicht die Absonderung und Isolirung unzähliger ökonomischer Functionen erst möglich geworden -- so wird uns vielleicht anfänglich der Welthandel täuschen, wir werden uns einstweilen mit dem Ueberflusse unserer Pro- duktion an die Persönlichkeit der Nachbarstaaten anschließen, und ein Schein üppigen Fortschreitens wird uns eine Zeit lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels, die ewigen Wechsel der äußeren politischen Verhältnisse werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauschen können, wel- ches uns für den Verlust unseres inneren Gleichgewichts entschädige.
Je gewinnreicher unser Handel ist, je mehr und je viel- fältigere Gegenstände des Privateigenthums wir uns dadurch aneignen, um so unsicherer und augenblicklicher wird unser Besitz, weil er immer mehr außer Verhältniß tritt, zu der Persönlichkeit die ihn trägt. Der active Sechandel allein hat die glückliche Eigenschaft, daß dort die Gefahren des Elements den Lebensmuth um so viel steigern, als die Pri- vatgenüsse die er verschafft, ihn schwächen würden. Auch liegt England ganz außer dem Umkreise unserer Betrachtung, wenn nicht gerade die ungeheure tausendjährige unverletzte, alle Institutionen und Gesetze, ja alle einzelne Bürger durch- dringende Persönlichkeit seiner Verfassung, mit deren Hülfe es die Last des Welthandels auf leichten Schultern trägt, das lehrreichste Beyspiel für die Wahrheit unsers Systems darböthe, wenn nicht gerade die politischen Verhält- nisse ausgebildeter, und die Wechselwirkung nach allen
und durch deren Gegengewicht die Abſonderung und Iſolirung unzaͤhliger oͤkonomiſcher Functionen erſt moͤglich geworden — ſo wird uns vielleicht anfaͤnglich der Welthandel taͤuſchen, wir werden uns einſtweilen mit dem Ueberfluſſe unſerer Pro- duktion an die Perſoͤnlichkeit der Nachbarſtaaten anſchließen, und ein Schein uͤppigen Fortſchreitens wird uns eine Zeit lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels, die ewigen Wechſel der aͤußeren politiſchen Verhaͤltniſſe werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauſchen koͤnnen, wel- ches uns fuͤr den Verluſt unſeres inneren Gleichgewichts entſchaͤdige.
Je gewinnreicher unſer Handel iſt, je mehr und je viel- faͤltigere Gegenſtaͤnde des Privateigenthums wir uns dadurch aneignen, um ſo unſicherer und augenblicklicher wird unſer Beſitz, weil er immer mehr außer Verhaͤltniß tritt, zu der Perſoͤnlichkeit die ihn traͤgt. Der active Sechandel allein hat die gluͤckliche Eigenſchaft, daß dort die Gefahren des Elements den Lebensmuth um ſo viel ſteigern, als die Pri- vatgenuͤſſe die er verſchafft, ihn ſchwaͤchen wuͤrden. Auch liegt England ganz außer dem Umkreiſe unſerer Betrachtung, wenn nicht gerade die ungeheure tauſendjaͤhrige unverletzte, alle Inſtitutionen und Geſetze, ja alle einzelne Buͤrger durch- dringende Perſoͤnlichkeit ſeiner Verfaſſung, mit deren Huͤlfe es die Laſt des Welthandels auf leichten Schultern traͤgt, das lehrreichſte Beyſpiel fuͤr die Wahrheit unſers Syſtems darboͤthe, wenn nicht gerade die politiſchen Verhaͤlt- niſſe ausgebildeter, und die Wechſelwirkung nach allen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0060"n="46"/>
und durch deren Gegengewicht die Abſonderung und Iſolirung<lb/>
unzaͤhliger oͤkonomiſcher Functionen erſt moͤglich geworden —<lb/>ſo wird uns vielleicht anfaͤnglich der Welthandel taͤuſchen,<lb/>
wir werden uns einſtweilen mit dem Ueberfluſſe unſerer Pro-<lb/>
duktion an die Perſoͤnlichkeit der Nachbarſtaaten anſchließen,<lb/>
und ein Schein uͤppigen Fortſchreitens wird uns eine Zeit<lb/>
lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels,<lb/>
die ewigen Wechſel der aͤußeren politiſchen Verhaͤltniſſe<lb/>
werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als<lb/>
gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauſchen koͤnnen, wel-<lb/>
ches uns fuͤr den Verluſt unſeres inneren Gleichgewichts<lb/>
entſchaͤdige.</p><lb/><p>Je gewinnreicher unſer Handel iſt, je mehr und je viel-<lb/>
faͤltigere Gegenſtaͤnde des Privateigenthums wir uns dadurch<lb/>
aneignen, um ſo unſicherer und augenblicklicher wird unſer<lb/>
Beſitz, weil er immer mehr außer Verhaͤltniß tritt, zu der<lb/>
Perſoͤnlichkeit die ihn traͤgt. Der active Sechandel allein<lb/>
hat die gluͤckliche Eigenſchaft, daß dort die Gefahren des<lb/>
Elements den Lebensmuth um ſo viel ſteigern, als die Pri-<lb/>
vatgenuͤſſe die er verſchafft, ihn ſchwaͤchen wuͤrden. Auch<lb/>
liegt <placeName>England</placeName> ganz außer dem Umkreiſe unſerer Betrachtung,<lb/>
wenn nicht gerade die ungeheure tauſendjaͤhrige unverletzte,<lb/>
alle Inſtitutionen und Geſetze, ja alle einzelne Buͤrger durch-<lb/>
dringende Perſoͤnlichkeit ſeiner Verfaſſung, mit deren Huͤlfe<lb/>
es die Laſt des Welthandels auf leichten Schultern traͤgt,<lb/>
das lehrreichſte Beyſpiel fuͤr die Wahrheit unſers Syſtems<lb/>
darboͤthe, wenn nicht gerade die politiſchen <hirendition="#g">Verhaͤlt-<lb/>
niſſe</hi> ausgebildeter, und die <hirendition="#g">Wechſelwirkung</hi> nach allen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[46/0060]
und durch deren Gegengewicht die Abſonderung und Iſolirung
unzaͤhliger oͤkonomiſcher Functionen erſt moͤglich geworden —
ſo wird uns vielleicht anfaͤnglich der Welthandel taͤuſchen,
wir werden uns einſtweilen mit dem Ueberfluſſe unſerer Pro-
duktion an die Perſoͤnlichkeit der Nachbarſtaaten anſchließen,
und ein Schein uͤppigen Fortſchreitens wird uns eine Zeit
lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels,
die ewigen Wechſel der aͤußeren politiſchen Verhaͤltniſſe
werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als
gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauſchen koͤnnen, wel-
ches uns fuͤr den Verluſt unſeres inneren Gleichgewichts
entſchaͤdige.
Je gewinnreicher unſer Handel iſt, je mehr und je viel-
faͤltigere Gegenſtaͤnde des Privateigenthums wir uns dadurch
aneignen, um ſo unſicherer und augenblicklicher wird unſer
Beſitz, weil er immer mehr außer Verhaͤltniß tritt, zu der
Perſoͤnlichkeit die ihn traͤgt. Der active Sechandel allein
hat die gluͤckliche Eigenſchaft, daß dort die Gefahren des
Elements den Lebensmuth um ſo viel ſteigern, als die Pri-
vatgenuͤſſe die er verſchafft, ihn ſchwaͤchen wuͤrden. Auch
liegt England ganz außer dem Umkreiſe unſerer Betrachtung,
wenn nicht gerade die ungeheure tauſendjaͤhrige unverletzte,
alle Inſtitutionen und Geſetze, ja alle einzelne Buͤrger durch-
dringende Perſoͤnlichkeit ſeiner Verfaſſung, mit deren Huͤlfe
es die Laſt des Welthandels auf leichten Schultern traͤgt,
das lehrreichſte Beyſpiel fuͤr die Wahrheit unſers Syſtems
darboͤthe, wenn nicht gerade die politiſchen Verhaͤlt-
niſſe ausgebildeter, und die Wechſelwirkung nach allen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/60>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.