Es scheint freylich, daß sich die Sachen bloß durch die Willkühr einseitig aneignen lassen, indessen gegen Personen, die selbst an sich, und dann auch zur Behauptung und Er- haltung der Sachen unentbehrlich sind, gilt nur Verpflich- tung, gegenseitige Aneignung. Wenn also auch nur nach dem Eigenthume gestrebt würde, so müßten die Menschen sich deßhalb schon wie in ein großes Gewebe gegenseitig ver- schränken; jeder müßte in eine Wechselverpflichtung zu allen Uebrigen treten: das Eigenthum ließe sich nicht erweitern, ohne diese persönlichen Verpflichtungen zu vermehren. Wer diese Verpflichtungen zerrisse, schwächte auch das Eigenthum und verursachte eine Werthverminderung desselben.
Gesetzt nun also, die Nationalökonomie hätte es bloß mit dem Eigenthum zu thun, und nicht mit der wechselseitigen Verschränkung und Verbürgung des Eigenthums, welche durch persönliche Verpflichtungen vollzogen wird, so würde sie eben so wenig von der ökonomischen Erweiterung des Eigenthums Rechenschaft geben können, als eine Rechtslehre, die nur von den persönlichen Verpflichtungen handelte, aber die Realrechte versäumte, über die juristische Sicherstellung der Contracte Rechenschaft geben könnte. Wie also die Juris- prudenz Personen und Sachen als Subjecte des Rechts be- handelt, so soll die Staatswirthschaft Personen und Sachen als ökonomische Objecte betrachten. Der erste Zweck der Nationalökonomie ist also Erhaltung, Bele- hung, Vereinigung des Verhältnisses der Personen und Sachen zu einander.
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Es ſcheint freylich, daß ſich die Sachen bloß durch die Willkuͤhr einſeitig aneignen laſſen, indeſſen gegen Perſonen, die ſelbſt an ſich, und dann auch zur Behauptung und Er- haltung der Sachen unentbehrlich ſind, gilt nur Verpflich- tung, gegenſeitige Aneignung. Wenn alſo auch nur nach dem Eigenthume geſtrebt wuͤrde, ſo muͤßten die Menſchen ſich deßhalb ſchon wie in ein großes Gewebe gegenſeitig ver- ſchraͤnken; jeder muͤßte in eine Wechſelverpflichtung zu allen Uebrigen treten: das Eigenthum ließe ſich nicht erweitern, ohne dieſe perſoͤnlichen Verpflichtungen zu vermehren. Wer dieſe Verpflichtungen zerriſſe, ſchwaͤchte auch das Eigenthum und verurſachte eine Werthverminderung desſelben.
Geſetzt nun alſo, die Nationaloͤkonomie haͤtte es bloß mit dem Eigenthum zu thun, und nicht mit der wechſelſeitigen Verſchraͤnkung und Verbuͤrgung des Eigenthums, welche durch perſoͤnliche Verpflichtungen vollzogen wird, ſo wuͤrde ſie eben ſo wenig von der oͤkonomiſchen Erweiterung des Eigenthums Rechenſchaft geben koͤnnen, als eine Rechtslehre, die nur von den perſoͤnlichen Verpflichtungen handelte, aber die Realrechte verſaͤumte, uͤber die juriſtiſche Sicherſtellung der Contracte Rechenſchaft geben koͤnnte. Wie alſo die Juris- prudenz Perſonen und Sachen als Subjecte des Rechts be- handelt, ſo ſoll die Staatswirthſchaft Perſonen und Sachen als oͤkonomiſche Objecte betrachten. Der erſte Zweck der Nationaloͤkonomie iſt alſo Erhaltung, Bele- hung, Vereinigung des Verhaͤltniſſes der Perſonen und Sachen zu einander.
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Es ſcheint freylich, daß ſich die Sachen bloß durch die
Willkuͤhr einſeitig aneignen laſſen, indeſſen gegen Perſonen,
die ſelbſt an ſich, und dann auch zur Behauptung und Er-
haltung der Sachen unentbehrlich ſind, gilt nur Verpflich-
tung, gegenſeitige Aneignung. Wenn alſo auch nur nach dem
Eigenthume geſtrebt wuͤrde, ſo muͤßten die Menſchen ſich
deßhalb ſchon wie in ein großes Gewebe gegenſeitig ver-
ſchraͤnken; jeder muͤßte in eine Wechſelverpflichtung zu allen
Uebrigen treten: das Eigenthum ließe ſich nicht erweitern,
ohne dieſe perſoͤnlichen Verpflichtungen zu vermehren. Wer
dieſe Verpflichtungen zerriſſe, ſchwaͤchte auch das Eigenthum
und verurſachte eine Werthverminderung desſelben.
Geſetzt nun alſo, die Nationaloͤkonomie haͤtte es bloß mit
dem Eigenthum zu thun, und nicht mit der wechſelſeitigen
Verſchraͤnkung und Verbuͤrgung des Eigenthums, welche
durch perſoͤnliche Verpflichtungen vollzogen wird, ſo wuͤrde
ſie eben ſo wenig von der oͤkonomiſchen Erweiterung des
Eigenthums Rechenſchaft geben koͤnnen, als eine Rechtslehre,
die nur von den perſoͤnlichen Verpflichtungen handelte, aber
die Realrechte verſaͤumte, uͤber die juriſtiſche Sicherſtellung
der Contracte Rechenſchaft geben koͤnnte. Wie alſo die Juris-
prudenz Perſonen und Sachen als Subjecte des Rechts be-
handelt, ſo ſoll die Staatswirthſchaft Perſonen und Sachen
als oͤkonomiſche Objecte betrachten. Der erſte Zweck der
Nationaloͤkonomie iſt alſo Erhaltung, Bele-
hung, Vereinigung des Verhaͤltniſſes der
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/33>, abgerufen am 16.02.2025.
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