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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

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des Brittischen Unterhauses im Jahre 1810 und 1811 allzu
voreilig Standard des Werthes genannt wird.

Aus der Existenz eines solchen sicheren Standard der öko-
nomischen Größe, folgt die Gerechtigkeit des Verhältnisses der
gesammten Geldzeichen zu dem Totalwerthe des Nationalver-
mögens noch nicht, und da von diesem Verhältniß die Dauer
aller einzelnen Werthe abhängt, so kann jener Standard auch
nichts über die Werthe entscheiden. Es muß erst eine dritte
Legirung vor sich gehen, das Metallgeld muß erst mit wirk-
lichem Creditgelde versetzt werden, damit es in ein festes Ver-
hältniß zu dem Gesammtwerth der Nationalökonomie, und
so mit allen einzelnen Werthen treten könne. So nun entsteht
der dritte Standard, der Standard des Werthes.

Diesen dreyen Arten des Standard entsprechen nun genau
drey Arten der Depreciation, oder der Corruption des
Standard: die erste, da das Verhältniß des edeln Metalles
zu seiner Legirung von unedelm Metalle verändert wird, da
man von dem Standard der Feinheit abweicht; die andere,
da man eine Veränderung in dem Silber- oder Goldgewicht
der Münze absichtlich vornimmt oder einschleichen läßt, da
man also den Standard der ökonomischen Größe verliert.
Diese beyden Arten der Depreciation sind in der Europäischen
Geldgeschichte der drey letzten Jahrhunderte die Allergewöhn-
lichsten. Eben weil die Nationalökonomie sich noch nicht zur
dritten Art des Standard erhoben hatte, weil die Legirung
des Metallgeldes vermittelst des Creditgeldes noch nicht aus-
gebildet war, also überhaupt noch kein Standard des Wer-
thes existirte, so mußte man sich wohl an den beyden anderen

des Brittiſchen Unterhauſes im Jahre 1810 und 1811 allzu
voreilig Standard des Werthes genannt wird.

Aus der Exiſtenz eines ſolchen ſicheren Standard der oͤko-
nomiſchen Groͤße, folgt die Gerechtigkeit des Verhaͤltniſſes der
geſammten Geldzeichen zu dem Totalwerthe des Nationalver-
moͤgens noch nicht, und da von dieſem Verhaͤltniß die Dauer
aller einzelnen Werthe abhaͤngt, ſo kann jener Standard auch
nichts uͤber die Werthe entſcheiden. Es muß erſt eine dritte
Legirung vor ſich gehen, das Metallgeld muß erſt mit wirk-
lichem Creditgelde verſetzt werden, damit es in ein feſtes Ver-
haͤltniß zu dem Geſammtwerth der Nationaloͤkonomie, und
ſo mit allen einzelnen Werthen treten koͤnne. So nun entſteht
der dritte Standard, der Standard des Werthes.

Dieſen dreyen Arten des Standard entſprechen nun genau
drey Arten der Depreciation, oder der Corruption des
Standard: die erſte, da das Verhaͤltniß des edeln Metalles
zu ſeiner Legirung von unedelm Metalle veraͤndert wird, da
man von dem Standard der Feinheit abweicht; die andere,
da man eine Veraͤnderung in dem Silber- oder Goldgewicht
der Muͤnze abſichtlich vornimmt oder einſchleichen laͤßt, da
man alſo den Standard der oͤkonomiſchen Groͤße verliert.
Dieſe beyden Arten der Depreciation ſind in der Europaͤiſchen
Geldgeſchichte der drey letzten Jahrhunderte die Allergewoͤhn-
lichſten. Eben weil die Nationaloͤkonomie ſich noch nicht zur
dritten Art des Standard erhoben hatte, weil die Legirung
des Metallgeldes vermittelſt des Creditgeldes noch nicht aus-
gebildet war, alſo uͤberhaupt noch kein Standard des Wer-
thes exiſtirte, ſo mußte man ſich wohl an den beyden anderen

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[265/0279] des Brittiſchen Unterhauſes im Jahre 1810 und 1811 allzu voreilig Standard des Werthes genannt wird. Aus der Exiſtenz eines ſolchen ſicheren Standard der oͤko- nomiſchen Groͤße, folgt die Gerechtigkeit des Verhaͤltniſſes der geſammten Geldzeichen zu dem Totalwerthe des Nationalver- moͤgens noch nicht, und da von dieſem Verhaͤltniß die Dauer aller einzelnen Werthe abhaͤngt, ſo kann jener Standard auch nichts uͤber die Werthe entſcheiden. Es muß erſt eine dritte Legirung vor ſich gehen, das Metallgeld muß erſt mit wirk- lichem Creditgelde verſetzt werden, damit es in ein feſtes Ver- haͤltniß zu dem Geſammtwerth der Nationaloͤkonomie, und ſo mit allen einzelnen Werthen treten koͤnne. So nun entſteht der dritte Standard, der Standard des Werthes. Dieſen dreyen Arten des Standard entſprechen nun genau drey Arten der Depreciation, oder der Corruption des Standard: die erſte, da das Verhaͤltniß des edeln Metalles zu ſeiner Legirung von unedelm Metalle veraͤndert wird, da man von dem Standard der Feinheit abweicht; die andere, da man eine Veraͤnderung in dem Silber- oder Goldgewicht der Muͤnze abſichtlich vornimmt oder einſchleichen laͤßt, da man alſo den Standard der oͤkonomiſchen Groͤße verliert. Dieſe beyden Arten der Depreciation ſind in der Europaͤiſchen Geldgeſchichte der drey letzten Jahrhunderte die Allergewoͤhn- lichſten. Eben weil die Nationaloͤkonomie ſich noch nicht zur dritten Art des Standard erhoben hatte, weil die Legirung des Metallgeldes vermittelſt des Creditgeldes noch nicht aus- gebildet war, alſo uͤberhaupt noch kein Standard des Wer- thes exiſtirte, ſo mußte man ſich wohl an den beyden anderen

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/279>, abgerufen am 24.11.2024.