Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Feinheit enthielte, ausgedrückt werden könnte, so würde es
der gröbste Irrthum seyn, diese einseitige Richtschnur an sich, für
einen genügenden Werthmaaßstab zu halten. Wir würden
aber ganz eben so einseitig und irrig verfahren, wenn wir
den Wortpol allein fixirten, die Einheit des Pfundes Ster-
ling willkührlich und eigenmächtig bestimmten, und verlang-
ten, daß diese so despotisch creirte Einheit, etwa durch die
Schrift auf einem Blatte Papier ausgedrückt, für einen
Werthmaaßstab gelten sollte. Es wäre dieses allerdings ein
Act der Persönlichkeit, der aber die Gegenwirkung der Sa-
chen, durch welche das Agiren der Personen erst möglich
wird, aufhöbe, und also, da sich diese Reaction der Sa-
chen einmahl nicht vernichten läßt, zu einem Kriege auf
Tod und Leben zwischen der Persönlichkeit und Sächlichkeit,
oder zwischen dem Gesetz und den Sachen führen müßte.

Bey dem ewig denkwürdigen Streit über die Deprecia-
tion der Londer Banknoten im Jahre 1811, einer Verhand-
lung, die an Wichtigkeit keiner Deliberation, die je auf die-
ser Erde über die Heiligthümer der Menschheit geführt wor-
den, nachsteht, theilten sich die beyden streitenden Parteyen
in die beyden hier angegebenen, einseitigen Ansichten des
Maaßstabes. Die Committee des Unterhauses hatte sich für
den Metallpol entschieden, und glaubte den Werthmaaßstab
nirgends anders als in einem Pfunde Sterling von festgesetztem
Gewichte Goldes oder Silbers finden zu können. Die Gegen-
partey entschied für den Wortpol, und wollte das Pfund Sterling
nicht anders, als wie es durch die öffentliche Meinung exi-
stirte, anerkennen. -- Das Parliament oder vielmehr Groß-

Feinheit enthielte, ausgedruͤckt werden koͤnnte, ſo wuͤrde es
der groͤbſte Irrthum ſeyn, dieſe einſeitige Richtſchnur an ſich, fuͤr
einen genuͤgenden Werthmaaßſtab zu halten. Wir wuͤrden
aber ganz eben ſo einſeitig und irrig verfahren, wenn wir
den Wortpol allein fixirten, die Einheit des Pfundes Ster-
ling willkuͤhrlich und eigenmaͤchtig beſtimmten, und verlang-
ten, daß dieſe ſo deſpotiſch creirte Einheit, etwa durch die
Schrift auf einem Blatte Papier ausgedruͤckt, fuͤr einen
Werthmaaßſtab gelten ſollte. Es waͤre dieſes allerdings ein
Act der Perſoͤnlichkeit, der aber die Gegenwirkung der Sa-
chen, durch welche das Agiren der Perſonen erſt moͤglich
wird, aufhoͤbe, und alſo, da ſich dieſe Reaction der Sa-
chen einmahl nicht vernichten laͤßt, zu einem Kriege auf
Tod und Leben zwiſchen der Perſoͤnlichkeit und Saͤchlichkeit,
oder zwiſchen dem Geſetz und den Sachen fuͤhren muͤßte.

Bey dem ewig denkwuͤrdigen Streit uͤber die Deprecia-
tion der Londer Banknoten im Jahre 1811, einer Verhand-
lung, die an Wichtigkeit keiner Deliberation, die je auf die-
ſer Erde uͤber die Heiligthuͤmer der Menſchheit gefuͤhrt wor-
den, nachſteht, theilten ſich die beyden ſtreitenden Parteyen
in die beyden hier angegebenen, einſeitigen Anſichten des
Maaßſtabes. Die Committee des Unterhauſes hatte ſich fuͤr
den Metallpol entſchieden, und glaubte den Werthmaaßſtab
nirgends anders als in einem Pfunde Sterling von feſtgeſetztem
Gewichte Goldes oder Silbers finden zu koͤnnen. Die Gegen-
partey entſchied fuͤr den Wortpol, und wollte das Pfund Sterling
nicht anders, als wie es durch die oͤffentliche Meinung exi-
ſtirte, anerkennen. — Das Parliament oder vielmehr Groß-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0260" n="246"/>
Feinheit enthielte, ausgedru&#x0364;ckt werden ko&#x0364;nnte, &#x017F;o wu&#x0364;rde es<lb/>
der gro&#x0364;b&#x017F;te Irrthum &#x017F;eyn, die&#x017F;e ein&#x017F;eitige Richt&#x017F;chnur an &#x017F;ich, fu&#x0364;r<lb/>
einen genu&#x0364;genden Werthmaaß&#x017F;tab zu halten. Wir wu&#x0364;rden<lb/>
aber ganz eben &#x017F;o ein&#x017F;eitig und irrig verfahren, wenn wir<lb/>
den Wortpol allein fixirten, die Einheit des Pfundes Ster-<lb/>
ling willku&#x0364;hrlich und eigenma&#x0364;chtig be&#x017F;timmten, und verlang-<lb/>
ten, daß die&#x017F;e &#x017F;o de&#x017F;poti&#x017F;ch creirte Einheit, etwa durch die<lb/>
Schrift auf einem Blatte Papier ausgedru&#x0364;ckt, fu&#x0364;r einen<lb/>
Werthmaaß&#x017F;tab gelten &#x017F;ollte. Es wa&#x0364;re die&#x017F;es allerdings ein<lb/>
Act der Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit, der aber die Gegenwirkung der Sa-<lb/>
chen, durch welche das Agiren der Per&#x017F;onen er&#x017F;t mo&#x0364;glich<lb/>
wird, aufho&#x0364;be, und al&#x017F;o, da &#x017F;ich die&#x017F;e Reaction der Sa-<lb/>
chen einmahl nicht vernichten la&#x0364;ßt, zu einem Kriege auf<lb/>
Tod und Leben zwi&#x017F;chen der Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit und Sa&#x0364;chlichkeit,<lb/>
oder zwi&#x017F;chen dem Ge&#x017F;etz und den Sachen fu&#x0364;hren mu&#x0364;ßte.</p><lb/>
          <p>Bey dem ewig denkwu&#x0364;rdigen Streit u&#x0364;ber die Deprecia-<lb/>
tion der Londer Banknoten im Jahre 1811, einer Verhand-<lb/>
lung, die an Wichtigkeit keiner Deliberation, die je auf die-<lb/>
&#x017F;er Erde u&#x0364;ber die Heiligthu&#x0364;mer der Men&#x017F;chheit gefu&#x0364;hrt wor-<lb/>
den, nach&#x017F;teht, theilten &#x017F;ich die beyden &#x017F;treitenden Parteyen<lb/>
in die beyden hier angegebenen, ein&#x017F;eitigen An&#x017F;ichten des<lb/>
Maaß&#x017F;tabes. Die Committee des Unterhau&#x017F;es hatte &#x017F;ich fu&#x0364;r<lb/>
den Metallpol ent&#x017F;chieden, und glaubte den Werthmaaß&#x017F;tab<lb/>
nirgends anders als in einem Pfunde Sterling von fe&#x017F;tge&#x017F;etztem<lb/>
Gewichte Goldes oder Silbers finden zu ko&#x0364;nnen. Die Gegen-<lb/>
partey ent&#x017F;chied fu&#x0364;r den Wortpol, und wollte das Pfund Sterling<lb/>
nicht anders, als wie es durch die o&#x0364;ffentliche Meinung exi-<lb/>
&#x017F;tirte, anerkennen. &#x2014; Das Parliament oder vielmehr <placeName>Groß-<lb/></placeName></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0260] Feinheit enthielte, ausgedruͤckt werden koͤnnte, ſo wuͤrde es der groͤbſte Irrthum ſeyn, dieſe einſeitige Richtſchnur an ſich, fuͤr einen genuͤgenden Werthmaaßſtab zu halten. Wir wuͤrden aber ganz eben ſo einſeitig und irrig verfahren, wenn wir den Wortpol allein fixirten, die Einheit des Pfundes Ster- ling willkuͤhrlich und eigenmaͤchtig beſtimmten, und verlang- ten, daß dieſe ſo deſpotiſch creirte Einheit, etwa durch die Schrift auf einem Blatte Papier ausgedruͤckt, fuͤr einen Werthmaaßſtab gelten ſollte. Es waͤre dieſes allerdings ein Act der Perſoͤnlichkeit, der aber die Gegenwirkung der Sa- chen, durch welche das Agiren der Perſonen erſt moͤglich wird, aufhoͤbe, und alſo, da ſich dieſe Reaction der Sa- chen einmahl nicht vernichten laͤßt, zu einem Kriege auf Tod und Leben zwiſchen der Perſoͤnlichkeit und Saͤchlichkeit, oder zwiſchen dem Geſetz und den Sachen fuͤhren muͤßte. Bey dem ewig denkwuͤrdigen Streit uͤber die Deprecia- tion der Londer Banknoten im Jahre 1811, einer Verhand- lung, die an Wichtigkeit keiner Deliberation, die je auf die- ſer Erde uͤber die Heiligthuͤmer der Menſchheit gefuͤhrt wor- den, nachſteht, theilten ſich die beyden ſtreitenden Parteyen in die beyden hier angegebenen, einſeitigen Anſichten des Maaßſtabes. Die Committee des Unterhauſes hatte ſich fuͤr den Metallpol entſchieden, und glaubte den Werthmaaßſtab nirgends anders als in einem Pfunde Sterling von feſtgeſetztem Gewichte Goldes oder Silbers finden zu koͤnnen. Die Gegen- partey entſchied fuͤr den Wortpol, und wollte das Pfund Sterling nicht anders, als wie es durch die oͤffentliche Meinung exi- ſtirte, anerkennen. — Das Parliament oder vielmehr Groß-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/260
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/260>, abgerufen am 23.11.2024.