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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

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Viertes Kapitel.
Unterschied der Wechselsclaverey und der freyen Wechsel-
wirkung, zwischen den ökonomischen Kräften.

Wenn man die Vorstellungen unserer Zeitgenossen von dem
Verkehr, dem Tausche, dem Handel, dem Markte bedenkt,
so ergibt sich, daß wohl empfunden wird, wie in letzter
Instanz die Nachfrage oder das menschliche Bedürfniß, also
etwas höchst Persönliches alle diese Umsätze und Uebertragungen
der Sachen regiere: indeß da man nur auf das körperliche
Bedürfniß des Menschen, auf das Bedürfniß des Menschen
nach Sachen, nach Handgreiflichkeiten, nach Augenblicklich-
keiten Rücksicht nimmt, da man die ökonomische Ordnung
der Dinge errichtet zu haben glaubt, wenn man diesen Au-
genblicklichkeiten gestattet, sich frey unter einander ins Gleich-
gewicht zu setzen, da man durchaus keine Anstalt trifft, die
höheren moralischen und ewigen Bedürfnisse der Menschen,
welche in der Sorge für den Augenblick so leicht versäumt
werden, und ohne die demnach eine dauerhafte Befriedigung
des Augenblicks unmöglich ist, mit auf den Markt zu brin-
gen -- so ist klar, daß man eigentlich den handgreiflichen
Sachen die Regierung der Welt übergibt, und an eine,


Viertes Kapitel.
Unterſchied der Wechſelſclaverey und der freyen Wechſel-
wirkung, zwiſchen den oͤkonomiſchen Kraͤften.

Wenn man die Vorſtellungen unſerer Zeitgenoſſen von dem
Verkehr, dem Tauſche, dem Handel, dem Markte bedenkt,
ſo ergibt ſich, daß wohl empfunden wird, wie in letzter
Inſtanz die Nachfrage oder das menſchliche Beduͤrfniß, alſo
etwas hoͤchſt Perſoͤnliches alle dieſe Umſaͤtze und Uebertragungen
der Sachen regiere: indeß da man nur auf das koͤrperliche
Beduͤrfniß des Menſchen, auf das Beduͤrfniß des Menſchen
nach Sachen, nach Handgreiflichkeiten, nach Augenblicklich-
keiten Ruͤckſicht nimmt, da man die oͤkonomiſche Ordnung
der Dinge errichtet zu haben glaubt, wenn man dieſen Au-
genblicklichkeiten geſtattet, ſich frey unter einander ins Gleich-
gewicht zu ſetzen, da man durchaus keine Anſtalt trifft, die
hoͤheren moraliſchen und ewigen Beduͤrfniſſe der Menſchen,
welche in der Sorge fuͤr den Augenblick ſo leicht verſaͤumt
werden, und ohne die demnach eine dauerhafte Befriedigung
des Augenblicks unmoͤglich iſt, mit auf den Markt zu brin-
gen — ſo iſt klar, daß man eigentlich den handgreiflichen
Sachen die Regierung der Welt uͤbergibt, und an eine,

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[167/0181] Viertes Kapitel. Unterſchied der Wechſelſclaverey und der freyen Wechſel- wirkung, zwiſchen den oͤkonomiſchen Kraͤften. Wenn man die Vorſtellungen unſerer Zeitgenoſſen von dem Verkehr, dem Tauſche, dem Handel, dem Markte bedenkt, ſo ergibt ſich, daß wohl empfunden wird, wie in letzter Inſtanz die Nachfrage oder das menſchliche Beduͤrfniß, alſo etwas hoͤchſt Perſoͤnliches alle dieſe Umſaͤtze und Uebertragungen der Sachen regiere: indeß da man nur auf das koͤrperliche Beduͤrfniß des Menſchen, auf das Beduͤrfniß des Menſchen nach Sachen, nach Handgreiflichkeiten, nach Augenblicklich- keiten Ruͤckſicht nimmt, da man die oͤkonomiſche Ordnung der Dinge errichtet zu haben glaubt, wenn man dieſen Au- genblicklichkeiten geſtattet, ſich frey unter einander ins Gleich- gewicht zu ſetzen, da man durchaus keine Anſtalt trifft, die hoͤheren moraliſchen und ewigen Beduͤrfniſſe der Menſchen, welche in der Sorge fuͤr den Augenblick ſo leicht verſaͤumt werden, und ohne die demnach eine dauerhafte Befriedigung des Augenblicks unmoͤglich iſt, mit auf den Markt zu brin- gen — ſo iſt klar, daß man eigentlich den handgreiflichen Sachen die Regierung der Welt uͤbergibt, und an eine,

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/181>, abgerufen am 24.11.2024.