gen, als die Produktion selbst, von der ungläubigen Theorie für unproduktiv geachtet werden.
Kommen die abwesenden Zeiten und Menschen, die unsicht- baren Bedürfnisse und Güter des Menschen mit in Anschlag wie es sich gebührt, so ist nun ein Allgemeines da, welches die Willkühr beschränkt und zur Freyheit erhebt, so ist nun jene sitt- liche Nothwendigkeit da, welche das besondere Bestreben gleich bey seinem Ursprunge durchdringt, und dem man sich mit dem Gefühle der Freyheit unterwirft, während die rohe Natur- nothwendigkeit erst aus verzweifelnder Sklaverey, oder aus der Asche ganzer Geschlechter eine neue Ordnung hervorzwingt, die auch erst wenn sie vom Geiste der Freyheit anerkannt, also zur sittlichen Nothwendigkeit erhoben wird, für eine bessere Ordnung der Dinge zu halten ist.
Wer nicht bloß an einzelnen Stellen die Bedürfnisse des höhern Lebens über die des gemeinen vergißt; wer in der gro- ßen Masse des Volkes nichts sieht, als den gefräßigen Magen und die harten schaffenden Hände; wer alle seine Vorstellungen der gesellschaftlichen Thätigkeit hernimmt, von der Galeeren- sklaverey des städtischen Tagelöhners; wer über den Stand- punct des verkümmerten, mechanisirten Fabrikarbeiters nie hin- aus geht, wer in den Ketten der edeln Metalle so tief befan- gen ist, daß er von einer Wechselwirkung persönlicher Kräfte, von gegenseitigen Dienstverpflichtungen ganzer Familien über den Raum der Jahrhunderte hinaus, nichts ahndet; wer die Wiege der europäischen Freyheit, das feudalistische Mittelalter, wer diesen Quell aller stolzen Empfindungen nicht kennt, deren letzter Nachklang noch heut unser ganzes zerschliffenes, zerbil-
gen, als die Produktion ſelbſt, von der unglaͤubigen Theorie fuͤr unproduktiv geachtet werden.
Kommen die abweſenden Zeiten und Menſchen, die unſicht- baren Beduͤrfniſſe und Guͤter des Menſchen mit in Anſchlag wie es ſich gebuͤhrt, ſo iſt nun ein Allgemeines da, welches die Willkuͤhr beſchraͤnkt und zur Freyheit erhebt, ſo iſt nun jene ſitt- liche Nothwendigkeit da, welche das beſondere Beſtreben gleich bey ſeinem Urſprunge durchdringt, und dem man ſich mit dem Gefuͤhle der Freyheit unterwirft, waͤhrend die rohe Natur- nothwendigkeit erſt aus verzweifelnder Sklaverey, oder aus der Aſche ganzer Geſchlechter eine neue Ordnung hervorzwingt, die auch erſt wenn ſie vom Geiſte der Freyheit anerkannt, alſo zur ſittlichen Nothwendigkeit erhoben wird, fuͤr eine beſſere Ordnung der Dinge zu halten iſt.
Wer nicht bloß an einzelnen Stellen die Beduͤrfniſſe des hoͤhern Lebens uͤber die des gemeinen vergißt; wer in der gro- ßen Maſſe des Volkes nichts ſieht, als den gefraͤßigen Magen und die harten ſchaffenden Haͤnde; wer alle ſeine Vorſtellungen der geſellſchaftlichen Thaͤtigkeit hernimmt, von der Galeeren- ſklaverey des ſtaͤdtiſchen Tageloͤhners; wer uͤber den Stand- punct des verkuͤmmerten, mechaniſirten Fabrikarbeiters nie hin- aus geht, wer in den Ketten der edeln Metalle ſo tief befan- gen iſt, daß er von einer Wechſelwirkung perſoͤnlicher Kraͤfte, von gegenſeitigen Dienſtverpflichtungen ganzer Familien uͤber den Raum der Jahrhunderte hinaus, nichts ahndet; wer die Wiege der europaͤiſchen Freyheit, das feudaliſtiſche Mittelalter, wer dieſen Quell aller ſtolzen Empfindungen nicht kennt, deren letzter Nachklang noch heut unſer ganzes zerſchliffenes, zerbil-
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[125[152]/0166]
gen, als die Produktion ſelbſt, von der unglaͤubigen Theorie
fuͤr unproduktiv geachtet werden.
Kommen die abweſenden Zeiten und Menſchen, die unſicht-
baren Beduͤrfniſſe und Guͤter des Menſchen mit in Anſchlag
wie es ſich gebuͤhrt, ſo iſt nun ein Allgemeines da, welches die
Willkuͤhr beſchraͤnkt und zur Freyheit erhebt, ſo iſt nun jene ſitt-
liche Nothwendigkeit da, welche das beſondere Beſtreben gleich
bey ſeinem Urſprunge durchdringt, und dem man ſich mit dem
Gefuͤhle der Freyheit unterwirft, waͤhrend die rohe Natur-
nothwendigkeit erſt aus verzweifelnder Sklaverey, oder aus
der Aſche ganzer Geſchlechter eine neue Ordnung hervorzwingt,
die auch erſt wenn ſie vom Geiſte der Freyheit anerkannt, alſo
zur ſittlichen Nothwendigkeit erhoben wird, fuͤr eine beſſere
Ordnung der Dinge zu halten iſt.
Wer nicht bloß an einzelnen Stellen die Beduͤrfniſſe des
hoͤhern Lebens uͤber die des gemeinen vergißt; wer in der gro-
ßen Maſſe des Volkes nichts ſieht, als den gefraͤßigen Magen
und die harten ſchaffenden Haͤnde; wer alle ſeine Vorſtellungen
der geſellſchaftlichen Thaͤtigkeit hernimmt, von der Galeeren-
ſklaverey des ſtaͤdtiſchen Tageloͤhners; wer uͤber den Stand-
punct des verkuͤmmerten, mechaniſirten Fabrikarbeiters nie hin-
aus geht, wer in den Ketten der edeln Metalle ſo tief befan-
gen iſt, daß er von einer Wechſelwirkung perſoͤnlicher Kraͤfte,
von gegenſeitigen Dienſtverpflichtungen ganzer Familien uͤber
den Raum der Jahrhunderte hinaus, nichts ahndet; wer die
Wiege der europaͤiſchen Freyheit, das feudaliſtiſche Mittelalter,
wer dieſen Quell aller ſtolzen Empfindungen nicht kennt, deren
letzter Nachklang noch heut unſer ganzes zerſchliffenes, zerbil-
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 125[152]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/166>, abgerufen am 31.07.2024.
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