Müller-Breslau, Heinrich: Die neueren Methoden der Festigkeitslehre und der Statik der Baukonstruktionen. Leipzig, 1886.§ 22. Schärfere Untersuchung einfach gekrümmter Stäbe. 1) Grundgleichungen für die Spannungen und Formänderungen. Indem der Querschnitt auf zwei durch seinen Schwerpunkt gehende [Abbildung]
Fig. 107. senkrecht zur Stabebene ist, wird angenommen,dass in allen von der u-Achse gleichweit ab- gelegenen Querschnittstheilchen gleich grosse Spannungen s und Temperaturänderungen t entstehen, und die Berechnung der s an die Voraussetzung geknüpft, dass die vor der Biegung ebenen Querschnitte auch nach der Biegung Ebenen bleiben. *) Sind in Fig. 107: A1 B1 und A2 B2 zwei *) Man kann hierfür auch die Annahme machen, dass zwei unendlich nahe
Querschnitte in Folge der Biegung gleich gekrümmt werden und die Stabachse unter gleichen Winkeln schneiden. § 22. Schärfere Untersuchung einfach gekrümmter Stäbe. 1) Grundgleichungen für die Spannungen und Formänderungen. Indem der Querschnitt auf zwei durch seinen Schwerpunkt gehende [Abbildung]
Fig. 107. senkrecht zur Stabebene ist, wird angenommen,dass in allen von der u-Achse gleichweit ab- gelegenen Querschnittstheilchen gleich grosse Spannungen σ und Temperaturänderungen t entstehen, und die Berechnung der σ an die Voraussetzung geknüpft, dass die vor der Biegung ebenen Querschnitte auch nach der Biegung Ebenen bleiben. *) Sind in Fig. 107: A1 B1 und A2 B2 zwei *) Man kann hierfür auch die Annahme machen, dass zwei unendlich nahe
Querschnitte in Folge der Biegung gleich gekrümmt werden und die Stabachse unter gleichen Winkeln schneiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0156" n="144"/> <div n="2"> <head>§ 22.<lb/><hi rendition="#b">Schärfere Untersuchung einfach gekrümmter Stäbe.</hi></head><lb/> <p><hi rendition="#b">1) Grundgleichungen für die Spannungen und Formänderungen.</hi><lb/> Es wird, wie bei der bisherigen Untersuchung eines krummen Stabes<lb/> angenommen, dass dieser in Bezug auf die durch seine Mittellinie ge-<lb/> legte Ebene symmetrisch ist, dass alle äusseren Kräfte in jener Ebene<lb/> liegen, und nur die senkrecht zum Querschnitte wirkenden Spannungen<lb/> σ berücksichtigt zu werden brauchen. Hingegen wird die Voraussetzung<lb/> von im Verhältniss zu den Krümmungshalbmessern verschwindenden<lb/> Querschnittsabmessungen aufgegeben.</p><lb/> <p>Indem der Querschnitt auf zwei durch seinen Schwerpunkt gehende<lb/> Koordinaten-Achsen (<hi rendition="#i">u</hi> und <hi rendition="#i">v</hi>) bezogen wird, deren eine (die <hi rendition="#i">u</hi>-Achse)<lb/><figure><head>Fig. 107.</head></figure><lb/> senkrecht zur Stabebene ist, wird angenommen,<lb/> dass in allen von der <hi rendition="#i">u</hi>-Achse gleichweit ab-<lb/> gelegenen Querschnittstheilchen gleich grosse<lb/> Spannungen σ und Temperaturänderungen <hi rendition="#i">t</hi><lb/> entstehen, und die Berechnung der σ an die<lb/> Voraussetzung geknüpft, dass die vor der<lb/> Biegung ebenen Querschnitte auch nach der<lb/> Biegung Ebenen bleiben. <note place="foot" n="*)">Man kann hierfür auch die Annahme machen, dass zwei unendlich nahe<lb/> Querschnitte in Folge der Biegung gleich gekrümmt werden und die Stabachse<lb/> unter gleichen Winkeln schneiden.</note></p><lb/> <p>Sind in Fig. 107: <hi rendition="#i">A</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">B</hi><hi rendition="#sub">1</hi> und <hi rendition="#i">A</hi><hi rendition="#sub">2</hi> <hi rendition="#i">B</hi><hi rendition="#sub">2</hi> zwei<lb/> unendlich nahe Querschnitte, <hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">d s</hi> das<lb/> Element der Stabachse, <hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">1</hi> = <hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">2</hi> <hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = + <hi rendition="#i">v</hi>,<lb/><hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> und ∠ <hi rendition="#i">A</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">O A</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = (— <hi rendition="#i">d</hi> φ), wobei φ den Winkel bedeutet,<lb/> den die im Punkte <hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">1</hi> an die Stabachse gelegte Tangente mit der<lb/><hi rendition="#i">x</hi>-Achse eines rechtwinkligen Koordinatensystems (Fig. 85) bildet, so ist<lb/> vor Eintreten einer Verbiegung des Stabes, wenn <hi rendition="#i">r</hi> den Krümmungs-<lb/> halbmesser der Stabachse bezeichnet,<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">d s</hi> = — <hi rendition="#i">r d</hi> φ <hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> = — (<hi rendition="#i">r</hi> — <hi rendition="#i">v</hi>) <hi rendition="#i">d</hi> φ = <hi rendition="#i">d s</hi> + <hi rendition="#i">v d</hi> φ</hi><lb/> und nach einer kleinen Verbiegung<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">d s</hi> + Δ <hi rendition="#i">d s</hi>, ∠ <hi rendition="#i">A</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">O A</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = — (<hi rendition="#i">d</hi> φ + Δ <hi rendition="#i">d</hi> φ),<lb/><hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">D</hi><hi rendition="#sub">2</hi> = <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> + Δ <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> = <hi rendition="#i">d s</hi> + Δ <hi rendition="#i">d s</hi> + (<hi rendition="#i">v</hi> + Δ <hi rendition="#i">v</hi>) (<hi rendition="#i">d</hi> φ + Δ <hi rendition="#i">d</hi> φ),</hi><lb/> woraus, mit Vernachlässigung der sehr kleinen Grösse Δ <hi rendition="#i">v</hi> Δ <hi rendition="#i">d</hi> φ und mit<lb/> Beachtung von <hi rendition="#i">d s</hi> = <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> — <hi rendition="#i">v d</hi> φ:<lb/><hi rendition="#c">(86) Δ <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> = Δ <hi rendition="#i">d s</hi> + Δ <hi rendition="#i">v d</hi> φ + <hi rendition="#i">v</hi> Δ <hi rendition="#i">d</hi> φ,</hi><lb/> während andererseits entsteht<lb/><hi rendition="#et">in Folge der Spannung <formula/>,<lb/> „ „ „ Temperaturänderung <hi rendition="#i">t</hi>: Δ <hi rendition="#i">d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi> = ε <hi rendition="#i">t d s<hi rendition="#sub">v</hi></hi></hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0156]
§ 22.
Schärfere Untersuchung einfach gekrümmter Stäbe.
1) Grundgleichungen für die Spannungen und Formänderungen.
Es wird, wie bei der bisherigen Untersuchung eines krummen Stabes
angenommen, dass dieser in Bezug auf die durch seine Mittellinie ge-
legte Ebene symmetrisch ist, dass alle äusseren Kräfte in jener Ebene
liegen, und nur die senkrecht zum Querschnitte wirkenden Spannungen
σ berücksichtigt zu werden brauchen. Hingegen wird die Voraussetzung
von im Verhältniss zu den Krümmungshalbmessern verschwindenden
Querschnittsabmessungen aufgegeben.
Indem der Querschnitt auf zwei durch seinen Schwerpunkt gehende
Koordinaten-Achsen (u und v) bezogen wird, deren eine (die u-Achse)
[Abbildung Fig. 107.]
senkrecht zur Stabebene ist, wird angenommen,
dass in allen von der u-Achse gleichweit ab-
gelegenen Querschnittstheilchen gleich grosse
Spannungen σ und Temperaturänderungen t
entstehen, und die Berechnung der σ an die
Voraussetzung geknüpft, dass die vor der
Biegung ebenen Querschnitte auch nach der
Biegung Ebenen bleiben. *)
Sind in Fig. 107: A1 B1 und A2 B2 zwei
unendlich nahe Querschnitte, C1 C2 = d s das
Element der Stabachse, C1 D1 = C2 D2 = + v,
D1 D2 = d sv und ∠ A1 O A2 = (— d φ), wobei φ den Winkel bedeutet,
den die im Punkte C1 an die Stabachse gelegte Tangente mit der
x-Achse eines rechtwinkligen Koordinatensystems (Fig. 85) bildet, so ist
vor Eintreten einer Verbiegung des Stabes, wenn r den Krümmungs-
halbmesser der Stabachse bezeichnet,
C1 C2 = d s = — r d φ D1 D2 = d sv = — (r — v) d φ = d s + v d φ
und nach einer kleinen Verbiegung
C1 C2 = d s + Δ d s, ∠ A1 O A2 = — (d φ + Δ d φ),
D1 D2 = d sv + Δ d sv = d s + Δ d s + (v + Δ v) (d φ + Δ d φ),
woraus, mit Vernachlässigung der sehr kleinen Grösse Δ v Δ d φ und mit
Beachtung von d s = d sv — v d φ:
(86) Δ d sv = Δ d s + Δ v d φ + v Δ d φ,
während andererseits entsteht
in Folge der Spannung [FORMEL],
„ „ „ Temperaturänderung t: Δ d sv = ε t d sv
*) Man kann hierfür auch die Annahme machen, dass zwei unendlich nahe
Querschnitte in Folge der Biegung gleich gekrümmt werden und die Stabachse
unter gleichen Winkeln schneiden.
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