Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zehntes Kapitel. Die Wohnung in der Via Sistina, die Arthur durch den Professor gemiethet hatte, befriedigte alle Ansprüche des Marquis, welcher nicht wieder in den Gasthof zurückkehrte, nachdem er sie am folgenden Morgen besichtigt hatte. Vielleicht trug der Umstand nicht wenig dazu bei, daß er in derselben ein kleines rundes Cabinet fand, welches zu der Einrichtung seines Tempels recht eigentlich erbauet zu sein schien. Denn diesen hatte er seit der Abreise von Berlin schmerzlich vermißt, und so schritt er jetzt um desto eiliger zu der Anordnung desselben. Arthur hatte sich erboten ihm diese Arbeit durch seine Hülfe zu erleichtern, aber der Alte wies ihn durch die freundliche Entschuldigung zurück, daß er ihn nach der Vollendung des Tempels mit der Einführung in demselben überraschen wolle. Daher zog er einen ganz fremden Gehülfen vor, nämlich einen alten Aufwärter, welcher gleichsam ein unbewegliches Zubehör der Wohnung war und es selbst denjenigen Miethern, die seiner durchaus nicht bedurften, als Pflicht aufzulegen wußte, sich von ihm in irgend einer Sache bedienen zu lassen. Der gute Cecco hatte, seitdem er diesen auf vier bis fünf Zimmer beschränkten Posten bekleidete, doch wenigstens ebenso vielen Nationen aufgewartet und von jeder etwas angenommen, so daß er einem neuen Herrn immer diejenige Seite seines Wesens zukehren konnte, die für Zehntes Kapitel. Die Wohnung in der Via Sistina, die Arthur durch den Professor gemiethet hatte, befriedigte alle Ansprüche des Marquis, welcher nicht wieder in den Gasthof zurückkehrte, nachdem er sie am folgenden Morgen besichtigt hatte. Vielleicht trug der Umstand nicht wenig dazu bei, daß er in derselben ein kleines rundes Cabinet fand, welches zu der Einrichtung seines Tempels recht eigentlich erbauet zu sein schien. Denn diesen hatte er seit der Abreise von Berlin schmerzlich vermißt, und so schritt er jetzt um desto eiliger zu der Anordnung desselben. Arthur hatte sich erboten ihm diese Arbeit durch seine Hülfe zu erleichtern, aber der Alte wies ihn durch die freundliche Entschuldigung zurück, daß er ihn nach der Vollendung des Tempels mit der Einführung in demselben überraschen wolle. Daher zog er einen ganz fremden Gehülfen vor, nämlich einen alten Aufwärter, welcher gleichsam ein unbewegliches Zubehör der Wohnung war und es selbst denjenigen Miethern, die seiner durchaus nicht bedurften, als Pflicht aufzulegen wußte, sich von ihm in irgend einer Sache bedienen zu lassen. Der gute Cecco hatte, seitdem er diesen auf vier bis fünf Zimmer beschränkten Posten bekleidete, doch wenigstens ebenso vielen Nationen aufgewartet und von jeder etwas angenommen, so daß er einem neuen Herrn immer diejenige Seite seines Wesens zukehren konnte, die für <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0074"/> <div type="chapter" n="10"> <head>Zehntes Kapitel.</head> <p>Die Wohnung in der Via Sistina, die Arthur durch den Professor gemiethet hatte, befriedigte alle Ansprüche des Marquis, welcher nicht wieder in den Gasthof zurückkehrte, nachdem er sie am folgenden Morgen besichtigt hatte. Vielleicht trug der Umstand nicht wenig dazu bei, daß er in derselben ein kleines rundes Cabinet fand, welches zu der Einrichtung seines Tempels recht eigentlich erbauet zu sein schien. Denn diesen hatte er seit der Abreise von Berlin schmerzlich vermißt, und so schritt er jetzt um desto eiliger zu der Anordnung desselben. Arthur hatte sich erboten ihm diese Arbeit durch seine Hülfe zu erleichtern, aber der Alte wies ihn durch die freundliche Entschuldigung zurück, daß er ihn nach der Vollendung des Tempels mit der Einführung in demselben überraschen wolle. Daher zog er einen ganz fremden Gehülfen vor, nämlich einen alten Aufwärter, welcher gleichsam ein unbewegliches Zubehör der Wohnung war und es selbst denjenigen Miethern, die seiner durchaus nicht bedurften, als Pflicht aufzulegen wußte, sich von ihm in irgend einer Sache bedienen zu lassen. Der gute Cecco hatte, seitdem er diesen auf vier bis fünf Zimmer beschränkten Posten bekleidete, doch wenigstens ebenso vielen Nationen aufgewartet und von jeder etwas angenommen, so daß er einem neuen Herrn immer diejenige Seite seines Wesens zukehren konnte, die für<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
Zehntes Kapitel. Die Wohnung in der Via Sistina, die Arthur durch den Professor gemiethet hatte, befriedigte alle Ansprüche des Marquis, welcher nicht wieder in den Gasthof zurückkehrte, nachdem er sie am folgenden Morgen besichtigt hatte. Vielleicht trug der Umstand nicht wenig dazu bei, daß er in derselben ein kleines rundes Cabinet fand, welches zu der Einrichtung seines Tempels recht eigentlich erbauet zu sein schien. Denn diesen hatte er seit der Abreise von Berlin schmerzlich vermißt, und so schritt er jetzt um desto eiliger zu der Anordnung desselben. Arthur hatte sich erboten ihm diese Arbeit durch seine Hülfe zu erleichtern, aber der Alte wies ihn durch die freundliche Entschuldigung zurück, daß er ihn nach der Vollendung des Tempels mit der Einführung in demselben überraschen wolle. Daher zog er einen ganz fremden Gehülfen vor, nämlich einen alten Aufwärter, welcher gleichsam ein unbewegliches Zubehör der Wohnung war und es selbst denjenigen Miethern, die seiner durchaus nicht bedurften, als Pflicht aufzulegen wußte, sich von ihm in irgend einer Sache bedienen zu lassen. Der gute Cecco hatte, seitdem er diesen auf vier bis fünf Zimmer beschränkten Posten bekleidete, doch wenigstens ebenso vielen Nationen aufgewartet und von jeder etwas angenommen, so daß er einem neuen Herrn immer diejenige Seite seines Wesens zukehren konnte, die für
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Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/74>, abgerufen am 16.02.2025. |