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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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er die Bohnen. Er legt sich um acht Uhr zu Bette, um Holz und Licht zu sparen, und ich wette darauf, er ist nur deßwegen nach Rom gereis't, weil er erfahren hat, daß es sich hier wohlfeil leben läßt. Und nun seht einmal die Equipage und den Anzug!

Der wäre prächtig als Maske für das Carneval zu copiren, bemerkte ein Andrer.

Das ist ein guter Einfall zu rechter Zeit, sprach der Berliner. Ich übernehm' es, seinen Doppelgänger im Corso vorzustellen. Der weiße Rockelor ist leicht anzufertigen aus meinen Fenstergardinen; den hellgrünen Atlasrock find' ich im Kramladen, und statt der Stickerei heft' ich mir bemaltes Papier und Knistergold auf. Laßt mich nur machen. Ihr sollt einen königlichen Spaß davon haben, das versprech' ich euch. Seine spitzige Physiognomie ist so leicht nachzumachen, wie die Nase Friedrich's des Großen oder Kaiser Maximilian's Unterlippe. Die Mütze wird noch das schwierigste Stück fein. Der Schirm geht ja wohl bis über die Nase herunter und hat ein Paar gläserne Fenster für die Augen? Das Modell muß ich mir doch ein wenig aufzeichnen.

Der lustige Maler holte sein kleines Zeichenbuch aus der Tasche und fing an, den Kopf des Marquis mit wenigen kecken Strichen so wunderlich ähnlich zu skizziren, daß das laute Gelächter der Umstehenden, die seiner Arbeit zusahen, ihn nöthigte, sich in das Kaffeehaus zurückzuziehen.

er die Bohnen. Er legt sich um acht Uhr zu Bette, um Holz und Licht zu sparen, und ich wette darauf, er ist nur deßwegen nach Rom gereis't, weil er erfahren hat, daß es sich hier wohlfeil leben läßt. Und nun seht einmal die Equipage und den Anzug!

Der wäre prächtig als Maske für das Carneval zu copiren, bemerkte ein Andrer.

Das ist ein guter Einfall zu rechter Zeit, sprach der Berliner. Ich übernehm' es, seinen Doppelgänger im Corso vorzustellen. Der weiße Rockelor ist leicht anzufertigen aus meinen Fenstergardinen; den hellgrünen Atlasrock find' ich im Kramladen, und statt der Stickerei heft' ich mir bemaltes Papier und Knistergold auf. Laßt mich nur machen. Ihr sollt einen königlichen Spaß davon haben, das versprech' ich euch. Seine spitzige Physiognomie ist so leicht nachzumachen, wie die Nase Friedrich's des Großen oder Kaiser Maximilian's Unterlippe. Die Mütze wird noch das schwierigste Stück fein. Der Schirm geht ja wohl bis über die Nase herunter und hat ein Paar gläserne Fenster für die Augen? Das Modell muß ich mir doch ein wenig aufzeichnen.

Der lustige Maler holte sein kleines Zeichenbuch aus der Tasche und fing an, den Kopf des Marquis mit wenigen kecken Strichen so wunderlich ähnlich zu skizziren, daß das laute Gelächter der Umstehenden, die seiner Arbeit zusahen, ihn nöthigte, sich in das Kaffeehaus zurückzuziehen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/55>, abgerufen am 24.11.2024.