Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.thur, daß Sie müßten kommen noch heute zu mir, redete er mit sehr bewegter Stimme den Eintretenden an. Wundern Sie sich über mich, junger Mann, aber lachen Sie ja nicht in dieser Stunde. Sie werden mich bald kennen lernen, und dann werden Sie über mich weinen. Dieser rosenrothe Rock hat eine schwarze, sehr schwarze Geschichte, und wenn ich stecke darin, so bin ich mein Gespenst, das kömmt wieder und geht um an den Stätten, wo es hat geliebt und gelitten. Geben Sie mir Ihre Hand, mein lieber Arthur, und nächsten Donnerstag reisen wir nach Italien. Mit diesen Worten entfernte sich die Erscheinung, wie sie gekommen war, und Arthur schlich in der seltsamsten Stimmung zwischen Verwunderung, Neugier und schauervoller Rührung aus dem Hause, ohne auf den Nachruf des geschwätzigen Dieners zu achten, der noch mehr für ihn auf der Zunge haben mochte. Viertes Kapitel. Arthur hatte eine sehr unruhige Nacht. Zwar entschlummerte er dann und wann, aber ängstliche Träume schreckten ihn gleich wieder auf, bald mit einem Sturze, bald mit einer Verwundung, bald mit einer lächerlichen Verlegenheit. Die Geheimeräthin, Fanny, thur, daß Sie müßten kommen noch heute zu mir, redete er mit sehr bewegter Stimme den Eintretenden an. Wundern Sie sich über mich, junger Mann, aber lachen Sie ja nicht in dieser Stunde. Sie werden mich bald kennen lernen, und dann werden Sie über mich weinen. Dieser rosenrothe Rock hat eine schwarze, sehr schwarze Geschichte, und wenn ich stecke darin, so bin ich mein Gespenst, das kömmt wieder und geht um an den Stätten, wo es hat geliebt und gelitten. Geben Sie mir Ihre Hand, mein lieber Arthur, und nächsten Donnerstag reisen wir nach Italien. Mit diesen Worten entfernte sich die Erscheinung, wie sie gekommen war, und Arthur schlich in der seltsamsten Stimmung zwischen Verwunderung, Neugier und schauervoller Rührung aus dem Hause, ohne auf den Nachruf des geschwätzigen Dieners zu achten, der noch mehr für ihn auf der Zunge haben mochte. Viertes Kapitel. Arthur hatte eine sehr unruhige Nacht. Zwar entschlummerte er dann und wann, aber ängstliche Träume schreckten ihn gleich wieder auf, bald mit einem Sturze, bald mit einer Verwundung, bald mit einer lächerlichen Verlegenheit. Die Geheimeräthin, Fanny, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0032"/> thur, daß Sie müßten kommen noch heute zu mir, redete er mit sehr bewegter Stimme den Eintretenden an. Wundern Sie sich über mich, junger Mann, aber lachen Sie ja nicht in dieser Stunde. Sie werden mich bald kennen lernen, und dann werden Sie über mich weinen. Dieser rosenrothe Rock hat eine schwarze, sehr schwarze Geschichte, und wenn ich stecke darin, so bin ich mein Gespenst, das kömmt wieder und geht um an den Stätten, wo es hat geliebt und gelitten. Geben Sie mir Ihre Hand, mein lieber Arthur, und nächsten Donnerstag reisen wir nach Italien.</p><lb/> <p>Mit diesen Worten entfernte sich die Erscheinung, wie sie gekommen war, und Arthur schlich in der seltsamsten Stimmung zwischen Verwunderung, Neugier und schauervoller Rührung aus dem Hause, ohne auf den Nachruf des geschwätzigen Dieners zu achten, der noch mehr für ihn auf der Zunge haben mochte.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="4"> <head>Viertes Kapitel.</head> <p>Arthur hatte eine sehr unruhige Nacht. Zwar entschlummerte er dann und wann, aber ängstliche Träume schreckten ihn gleich wieder auf, bald mit einem Sturze, bald mit einer Verwundung, bald mit einer lächerlichen Verlegenheit. Die Geheimeräthin, Fanny,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
thur, daß Sie müßten kommen noch heute zu mir, redete er mit sehr bewegter Stimme den Eintretenden an. Wundern Sie sich über mich, junger Mann, aber lachen Sie ja nicht in dieser Stunde. Sie werden mich bald kennen lernen, und dann werden Sie über mich weinen. Dieser rosenrothe Rock hat eine schwarze, sehr schwarze Geschichte, und wenn ich stecke darin, so bin ich mein Gespenst, das kömmt wieder und geht um an den Stätten, wo es hat geliebt und gelitten. Geben Sie mir Ihre Hand, mein lieber Arthur, und nächsten Donnerstag reisen wir nach Italien.
Mit diesen Worten entfernte sich die Erscheinung, wie sie gekommen war, und Arthur schlich in der seltsamsten Stimmung zwischen Verwunderung, Neugier und schauervoller Rührung aus dem Hause, ohne auf den Nachruf des geschwätzigen Dieners zu achten, der noch mehr für ihn auf der Zunge haben mochte.
Viertes Kapitel. Arthur hatte eine sehr unruhige Nacht. Zwar entschlummerte er dann und wann, aber ängstliche Träume schreckten ihn gleich wieder auf, bald mit einem Sturze, bald mit einer Verwundung, bald mit einer lächerlichen Verlegenheit. Die Geheimeräthin, Fanny,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/32 |
Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/32>, abgerufen am 16.02.2025. |