Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.aber ein zierliches goldenes Häkchen unter dem großen Fenster schien der Bestimmung zu entsprechen, eine kleine, aber theuer gehaltene Last zutragen. Während er diese und andere Dinge auf dem Altare musterte, fiel ihm ein Papier in die Augen, welches, zusammengefaltet wie ein Brief, vor dem Pappenhäuschen lag und, nach seiner weißen Farbe zu schließen, nicht unter die Alterthümer des Cabinets gehörte. Er nahm es auf, entfaltete es und erkannte die französische Handschrift des Marquis. "Vorbereitung meines jungen Freundes Arthur auf die Einführung in meinen Tempel der Erinnerung" -- so lautete der Titel, und der frische Glanz der Tinte wurde durch das Datum bestätigt, welches die Abfassung der Schrift in die ersten Tage des Carnevals setzte. Mit schmerzlicher Rührung betrachtete Arthur diesen letzten Nachlaß seines Wohlthäters, und die augenblickliche Neugier, welche ihn überreden wollte, die Blätter auf der Stelle zu durchlaufen, wich einem stärkeren Gefühle seines Herzens. Er steckte das Portrait und die Schrift zu sich und kehrte ruhiger und gefaßter, als er gekommen war, in seine Kammer zurück. Vierzehntes Kapitel. Wir geben die kleine französische Schrift, welche der Marquis für seinen jungen Freund aufgesetzt hatte, aber ein zierliches goldenes Häkchen unter dem großen Fenster schien der Bestimmung zu entsprechen, eine kleine, aber theuer gehaltene Last zutragen. Während er diese und andere Dinge auf dem Altare musterte, fiel ihm ein Papier in die Augen, welches, zusammengefaltet wie ein Brief, vor dem Pappenhäuschen lag und, nach seiner weißen Farbe zu schließen, nicht unter die Alterthümer des Cabinets gehörte. Er nahm es auf, entfaltete es und erkannte die französische Handschrift des Marquis. „Vorbereitung meines jungen Freundes Arthur auf die Einführung in meinen Tempel der Erinnerung“ — so lautete der Titel, und der frische Glanz der Tinte wurde durch das Datum bestätigt, welches die Abfassung der Schrift in die ersten Tage des Carnevals setzte. Mit schmerzlicher Rührung betrachtete Arthur diesen letzten Nachlaß seines Wohlthäters, und die augenblickliche Neugier, welche ihn überreden wollte, die Blätter auf der Stelle zu durchlaufen, wich einem stärkeren Gefühle seines Herzens. Er steckte das Portrait und die Schrift zu sich und kehrte ruhiger und gefaßter, als er gekommen war, in seine Kammer zurück. Vierzehntes Kapitel. Wir geben die kleine französische Schrift, welche der Marquis für seinen jungen Freund aufgesetzt hatte, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <p><pb facs="#f0100"/> aber ein zierliches goldenes Häkchen unter dem großen Fenster schien der Bestimmung zu entsprechen, eine kleine, aber theuer gehaltene Last zutragen. Während er diese und andere Dinge auf dem Altare musterte, fiel ihm ein Papier in die Augen, welches, zusammengefaltet wie ein Brief, vor dem Pappenhäuschen lag und, nach seiner weißen Farbe zu schließen, nicht unter die Alterthümer des Cabinets gehörte. Er nahm es auf, entfaltete es und erkannte die französische Handschrift des Marquis. „Vorbereitung meines jungen Freundes Arthur auf die Einführung in meinen Tempel der Erinnerung“ — so lautete der Titel, und der frische Glanz der Tinte wurde durch das Datum bestätigt, welches die Abfassung der Schrift in die ersten Tage des Carnevals setzte. Mit schmerzlicher Rührung betrachtete Arthur diesen letzten Nachlaß seines Wohlthäters, und die augenblickliche Neugier, welche ihn überreden wollte, die Blätter auf der Stelle zu durchlaufen, wich einem stärkeren Gefühle seines Herzens. Er steckte das Portrait und die Schrift zu sich und kehrte ruhiger und gefaßter, als er gekommen war, in seine Kammer zurück.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="14"> <head>Vierzehntes Kapitel.</head> <p>Wir geben die kleine französische Schrift, welche der Marquis für seinen jungen Freund aufgesetzt hatte,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
aber ein zierliches goldenes Häkchen unter dem großen Fenster schien der Bestimmung zu entsprechen, eine kleine, aber theuer gehaltene Last zutragen. Während er diese und andere Dinge auf dem Altare musterte, fiel ihm ein Papier in die Augen, welches, zusammengefaltet wie ein Brief, vor dem Pappenhäuschen lag und, nach seiner weißen Farbe zu schließen, nicht unter die Alterthümer des Cabinets gehörte. Er nahm es auf, entfaltete es und erkannte die französische Handschrift des Marquis. „Vorbereitung meines jungen Freundes Arthur auf die Einführung in meinen Tempel der Erinnerung“ — so lautete der Titel, und der frische Glanz der Tinte wurde durch das Datum bestätigt, welches die Abfassung der Schrift in die ersten Tage des Carnevals setzte. Mit schmerzlicher Rührung betrachtete Arthur diesen letzten Nachlaß seines Wohlthäters, und die augenblickliche Neugier, welche ihn überreden wollte, die Blätter auf der Stelle zu durchlaufen, wich einem stärkeren Gefühle seines Herzens. Er steckte das Portrait und die Schrift zu sich und kehrte ruhiger und gefaßter, als er gekommen war, in seine Kammer zurück.
Vierzehntes Kapitel. Wir geben die kleine französische Schrift, welche der Marquis für seinen jungen Freund aufgesetzt hatte,
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Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/100>, abgerufen am 16.02.2025. |