Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Glückwünschungs-Gedichte. Der Buhle/ den ich stets zu den Gelehrten setze/Weil er von Kunst und Witz ein reiffes Urtheil hägt: Ein Freund der jenigen/ so sich auff Tugend legen/ Und Geißlers freyer Wirth nun in das achte Jahr. Der Himmel kröne doch sein Hauß mit lauter Seegen/ Und/ wenn er Lebens-satt/ die Musen seine Bahr! "Es meldet Griechenland viel von des Herculs Seulen/ &q;An die zwey Seulen hier hat Geißler sich gelehnt; Biß daß er auf die Höh' Parnassus können eilen/ Und nun den argen Neid mit sichern Augen höhnt. "So muß der Weinstock auch den Ulmen-Baum umbarmen/ &q;Jm Fall der schwancke Zweig noch weiter steigen soll/ &q;Und von der Sonnen Glut zu reiffer Frucht erwarmen: &q;So ist dem Nelcken-Strauch/ wenn er gestängelt/ wol. &q;Der Mensch/ wie klug er sey/ darff doch der Menschen Rathen/ &q;Ein jeder Schlüssel schleust nicht jegliches Gemach: &q;Wenn man vor Weise hört/ und überlegt die Thaten/ &q;So folget auch beglückt die edle Würckung nach. Wie Geißler sich bemüht den Kreiß erlesner Sachen/ Der Dinge Heimlichkeit und Wechsel zu verstehn/ Wie er ihm die Natur bekandt hat wollen machen/ Jn ihrer Sacristeiverborgnes Zimmer gehn/ Kan noch der Helikon und dessen Väter sagen: Er hat zu erst gelernt/ und darnach selbst gelehrt/ Der Künste Honigseim anmuthig fürgetragen/ So daß die Jugend ihn mit lauter Lust gehört. Bald ward die Sitten-Lehr/ und bald das Buch der Zeiten/ Bald die Regirungs-Kunst/ und der verstellte Stat Zum theil von ihm erklärt/ zum theil durch kluges Streiten Erwogen und durchsucht so manch berühmtes Blat. Hiemit hub an sein Ruhm sich in die Höh' zu schwingen/ Die Hohe-Schule hieß ihn Meister freyer Kunst. Jhm war es nicht genug: sich weiter noch zu bringen/ Lag er den Rechten ob/ und buhlt umb Themis Gunst. Was des Tribonians gelehrtes Ungeheuer/ Der Rechte grosses Buch von den Gesetzen zeigt/ Beflammte seine Brust mit einem solchen Feuer/ Daß sein Gemüthe nur auff ihren Zweck geneigt. Jhm stand' die edle Reyh der alten Rechtsgelehrten/ Der Paulus, Ulpian und Scaevol' im Gesicht. Die
Gluͤckwuͤnſchungs-Gedichte. Der Buhle/ den ich ſtets zu den Gelehrten ſetze/Weil er von Kunſt und Witz ein reiffes Urtheil haͤgt: Ein Freund der jenigen/ ſo ſich auff Tugend legen/ Und Geißlers freyer Wirth nun in das achte Jahr. Der Himmel kroͤne doch ſein Hauß mit lauter Seegen/ Und/ wenn er Lebens-ſatt/ die Muſen ſeine Bahr! “Es meldet Griechenland viel von des Herculs Seulen/ &q;An die zwey Seulen hier hat Geißler ſich gelehnt; Biß daß er auf die Hoͤh’ Parnaſſus koͤnnen eilen/ Und nun den argen Neid mit ſichern Augen hoͤhnt. “So muß der Weinſtock auch den Ulmen-Baum umbarmen/ &q;Jm Fall der ſchwancke Zweig noch weiter ſteigen ſoll/ &q;Und von der Sonnen Glut zu reiffer Frucht erwarmen: &q;So iſt dem Nelcken-Strauch/ wenn er geſtaͤngelt/ wol. &q;Der Menſch/ wie klug er ſey/ darff doch der Menſchen Rathen/ &q;Ein jeder Schluͤſſel ſchleuſt nicht jegliches Gemach: &q;Wenn man vor Weiſe hoͤrt/ und uͤberlegt die Thaten/ &q;So folget auch begluͤckt die edle Wuͤrckung nach. Wie Geißler ſich bemuͤht den Kreiß erleſner Sachen/ Der Dinge Heimlichkeit und Wechſel zu verſtehn/ Wie er ihm die Natur bekandt hat wollen machen/ Jn ihrer Sacriſteiverborgnes Zimmer gehn/ Kan noch der Helikon und deſſen Vaͤter ſagen: Er hat zu erſt gelernt/ und darnach ſelbſt gelehrt/ Der Kuͤnſte Honigſeim anmuthig fuͤrgetragen/ So daß die Jugend ihn mit lauter Luſt gehoͤrt. Bald ward die Sitten-Lehr/ und bald das Buch der Zeiten/ Bald die Regirungs-Kunſt/ und der verſtellte Stat Zum theil von ihm erklaͤrt/ zum theil durch kluges Streiten Erwogen und durchſucht ſo manch beruͤhmtes Blat. Hiemit hub an ſein Ruhm ſich in die Hoͤh’ zu ſchwingen/ Die Hohe-Schule hieß ihn Meiſter freyer Kunſt. Jhm war es nicht genug: ſich weiter noch zu bringen/ Lag er den Rechten ob/ und buhlt umb Themis Gunſt. Was des Tribonians gelehrtes Ungeheuer/ Der Rechte groſſes Buch von den Geſetzen zeigt/ Beflammte ſeine Bruſt mit einem ſolchen Feuer/ Daß ſein Gemuͤthe nur auff ihren Zweck geneigt. Jhm ſtand’ die edle Reyh der alten Rechtsgelehrten/ Der Paulus, Ulpian und Scævol’ im Geſicht. Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0070" n="52"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Gluͤckwuͤnſchungs-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Der <hi rendition="#fr">Buhle/</hi> den ich ſtets zu den Gelehrten ſetze/</l><lb/> <l>Weil er von Kunſt und Witz ein reiffes Urtheil haͤgt:</l><lb/> <l>Ein Freund der jenigen/ ſo ſich auff Tugend legen/</l><lb/> <l>Und <hi rendition="#fr">Geißlers</hi> freyer Wirth nun in das achte Jahr.</l><lb/> <l>Der Himmel kroͤne doch ſein Hauß mit lauter Seegen/</l><lb/> <l>Und/ wenn er Lebens-ſatt/ die Muſen ſeine Bahr!</l><lb/> <l>“Es meldet Griechenland viel von des Herculs Seulen/</l><lb/> <l>&q;An die <hi rendition="#fr">zwey Seulen</hi> hier hat <hi rendition="#fr">Geißler</hi> ſich gelehnt;</l><lb/> <l>Biß daß er auf die Hoͤh’ Parnaſſus koͤnnen eilen/</l><lb/> <l>Und nun den argen Neid mit ſichern Augen hoͤhnt.</l><lb/> <l>“So muß der Weinſtock auch den Ulmen-Baum umbarmen/</l><lb/> <l>&q;Jm Fall der ſchwancke Zweig noch weiter ſteigen ſoll/</l><lb/> <l>&q;Und von der Sonnen Glut zu reiffer Frucht erwarmen:</l><lb/> <l>&q;So iſt dem Nelcken-Strauch/ wenn er geſtaͤngelt/ wol.</l><lb/> <l>&q;Der Menſch/ wie klug er ſey/ darff doch der Menſchen Rathen/</l><lb/> <l>&q;Ein jeder Schluͤſſel ſchleuſt nicht jegliches Gemach:</l><lb/> <l>&q;Wenn man vor Weiſe hoͤrt/ und uͤberlegt die Thaten/</l><lb/> <l>&q;So folget auch begluͤckt die edle Wuͤrckung nach.</l><lb/> <l>Wie <hi rendition="#fr">Geißler</hi> ſich bemuͤht den Kreiß erleſner Sachen/</l><lb/> <l>Der Dinge Heimlichkeit und Wechſel zu verſtehn/</l><lb/> <l>Wie er ihm die Natur bekandt hat wollen machen/</l><lb/> <l>Jn ihrer Sacriſteiverborgnes Zimmer gehn/</l><lb/> <l>Kan noch der Helikon und deſſen Vaͤter ſagen:</l><lb/> <l>Er hat zu erſt gelernt/ und darnach ſelbſt gelehrt/</l><lb/> <l>Der Kuͤnſte Honigſeim anmuthig fuͤrgetragen/</l><lb/> <l>So daß die Jugend ihn mit lauter Luſt gehoͤrt.</l><lb/> <l>Bald ward die Sitten-Lehr/ und bald das Buch der Zeiten/</l><lb/> <l>Bald die Regirungs-Kunſt/ und der verſtellte Stat</l><lb/> <l>Zum theil von ihm erklaͤrt/ zum theil durch kluges Streiten</l><lb/> <l>Erwogen und durchſucht ſo manch beruͤhmtes Blat.</l><lb/> <l>Hiemit hub an ſein Ruhm ſich in die Hoͤh’ zu ſchwingen/</l><lb/> <l>Die Hohe-Schule hieß ihn <hi rendition="#fr">Meiſter</hi> freyer Kunſt.</l><lb/> <l>Jhm war es nicht genug: ſich weiter noch zu bringen/</l><lb/> <l>Lag er den Rechten ob/ und buhlt umb Themis Gunſt.</l><lb/> <l>Was des <hi rendition="#aq">Tribonians</hi> gelehrtes Ungeheuer/</l><lb/> <l>Der Rechte groſſes Buch von den Geſetzen zeigt/</l><lb/> <l>Beflammte ſeine Bruſt mit einem ſolchen Feuer/</l><lb/> <l>Daß ſein Gemuͤthe nur auff ihren Zweck geneigt.</l><lb/> <l>Jhm ſtand’ die edle Reyh der alten Rechtsgelehrten/</l><lb/> <l>Der <hi rendition="#aq">Paulus, Ulpian</hi> und <hi rendition="#aq">Scævol’</hi> im Geſicht.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [52/0070]
Gluͤckwuͤnſchungs-Gedichte.
Der Buhle/ den ich ſtets zu den Gelehrten ſetze/
Weil er von Kunſt und Witz ein reiffes Urtheil haͤgt:
Ein Freund der jenigen/ ſo ſich auff Tugend legen/
Und Geißlers freyer Wirth nun in das achte Jahr.
Der Himmel kroͤne doch ſein Hauß mit lauter Seegen/
Und/ wenn er Lebens-ſatt/ die Muſen ſeine Bahr!
“Es meldet Griechenland viel von des Herculs Seulen/
&q;An die zwey Seulen hier hat Geißler ſich gelehnt;
Biß daß er auf die Hoͤh’ Parnaſſus koͤnnen eilen/
Und nun den argen Neid mit ſichern Augen hoͤhnt.
“So muß der Weinſtock auch den Ulmen-Baum umbarmen/
&q;Jm Fall der ſchwancke Zweig noch weiter ſteigen ſoll/
&q;Und von der Sonnen Glut zu reiffer Frucht erwarmen:
&q;So iſt dem Nelcken-Strauch/ wenn er geſtaͤngelt/ wol.
&q;Der Menſch/ wie klug er ſey/ darff doch der Menſchen Rathen/
&q;Ein jeder Schluͤſſel ſchleuſt nicht jegliches Gemach:
&q;Wenn man vor Weiſe hoͤrt/ und uͤberlegt die Thaten/
&q;So folget auch begluͤckt die edle Wuͤrckung nach.
Wie Geißler ſich bemuͤht den Kreiß erleſner Sachen/
Der Dinge Heimlichkeit und Wechſel zu verſtehn/
Wie er ihm die Natur bekandt hat wollen machen/
Jn ihrer Sacriſteiverborgnes Zimmer gehn/
Kan noch der Helikon und deſſen Vaͤter ſagen:
Er hat zu erſt gelernt/ und darnach ſelbſt gelehrt/
Der Kuͤnſte Honigſeim anmuthig fuͤrgetragen/
So daß die Jugend ihn mit lauter Luſt gehoͤrt.
Bald ward die Sitten-Lehr/ und bald das Buch der Zeiten/
Bald die Regirungs-Kunſt/ und der verſtellte Stat
Zum theil von ihm erklaͤrt/ zum theil durch kluges Streiten
Erwogen und durchſucht ſo manch beruͤhmtes Blat.
Hiemit hub an ſein Ruhm ſich in die Hoͤh’ zu ſchwingen/
Die Hohe-Schule hieß ihn Meiſter freyer Kunſt.
Jhm war es nicht genug: ſich weiter noch zu bringen/
Lag er den Rechten ob/ und buhlt umb Themis Gunſt.
Was des Tribonians gelehrtes Ungeheuer/
Der Rechte groſſes Buch von den Geſetzen zeigt/
Beflammte ſeine Bruſt mit einem ſolchen Feuer/
Daß ſein Gemuͤthe nur auff ihren Zweck geneigt.
Jhm ſtand’ die edle Reyh der alten Rechtsgelehrten/
Der Paulus, Ulpian und Scævol’ im Geſicht.
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/70 |
Zitationshilfe: | Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/70>, abgerufen am 16.02.2025. |