Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Leichen-Gedichte.
Du hast vom Niedrigsten zu steigen angehoben/
Durch Hitze Frost und Schnee den kühnen Fuß gesetzt.
Jn vielen Fällen auch erwiesen solche Proben/
Daß das Gelücke sich fast an dir matt gewetzt.
Offt hat es dich gebraucht nicht anders wie Ballonen/
So die geübte Faust bald hoch bald niedrig schlägt;
Bald wolt es deine Treu und Redlichkeit belohnen/
Bald hat es wieder dir die Schrauben angelegt;
Du aber brachst hindurch/ Gefahr war dir ein Schertzen/
Bemühung eine Lust und Arbeit eine Ruh.
Es leschte niemals aus die Flamm' in deinem Hertzen
Es sagte dir Bestand und Sieges-Palmen zu.
Nicht Teutschland nur allein/ das nachbarliche Pohlen/
War dir ein weites Feld zu jagen nach dem Ruhm/
Und ritterlich den Sieg von Feinden abzuholen
So der Soldaten doch ihr schönstes Eigenthum.
Es mocht ein Euclio bey seinen Schätzen sitzen/
Und auff der Mutter Schos ein zarter Weichling ruh'n;
Da wo der Donner knallt und wo die Stücke blitzen
Da warest du bereit was Männliches zu thun.
Von keinen Nöthen bleich/ von keiner Schlacht erschrecket;
Wie fertig hast du nicht die Troppen umbgewandt?
Wie zeitlich ausgespürt/ wo Hinderlist verstecket?
Und/ eh er es vermeynt/ den klugen Feind berannt?
Bey Treffen wuchs dein Muth/ das Feld dein Ehren Bette
Hieß dich zum Streit behertzt/ zum Angriff munter seyn/
Und Tod und Leben stand da offtmals in der Wette/
Biß der Blut rothe Sieg sich stellte mitten ein.
Bewerther Krieges Mann/ der Gott und seinem Käyser
Biß auffden letzten Hauch sein Leben hat geweyht.
Mars und Bellona sehn wie jetzt die Lorbeer-Reiser
Des Ruhmes milde Hand auff deine Ruhstatt streut.
Doch wunder ich mich noch/ ob dich der Tod besieget?
Und ob du ihn vielmehr nicht überwunden hast?
Ob deine Ritterschafft sein Recht nicht überwieget?
Und du nun weggelegt des Fleischesschwere Last?
Zwar wenn ich dencke nach/ daß auch die Himmel alten/
Die Elementen Staub/ die Sternen Asche seyn;
Daß aller Künstler Witz und Bauwerck nicht mag halten/
Und die Vergänglichkeit reist Thürm und Mauren ein;
So
Leichen-Gedichte.
Du haſt vom Niedrigſten zu ſteigen angehoben/
Durch Hitze Froſt und Schnee den kuͤhnen Fuß geſetzt.
Jn vielen Faͤllen auch erwieſen ſolche Proben/
Daß das Geluͤcke ſich faſt an dir matt gewetzt.
Offt hat es dich gebraucht nicht anders wie Ballonen/
So die geuͤbte Fauſt bald hoch bald niedrig ſchlaͤgt;
Bald wolt es deine Treu und Redlichkeit belohnen/
Bald hat es wieder dir die Schrauben angelegt;
Du aber brachſt hindurch/ Gefahr war dir ein Schertzen/
Bemuͤhung eine Luſt und Arbeit eine Ruh.
Es leſchte niemals aus die Flamm’ in deinem Hertzen
Es ſagte dir Beſtand und Sieges-Palmen zu.
Nicht Teutſchland nur allein/ das nachbarliche Pohlen/
War dir ein weites Feld zu jagen nach dem Ruhm/
Und ritterlich den Sieg von Feinden abzuholen
So der Soldaten doch ihr ſchoͤnſtes Eigenthum.
Es mocht ein Euclio bey ſeinen Schaͤtzen ſitzen/
Und auff der Mutter Schos ein zarter Weichling ruh’n;
Da wo der Donner knallt und wo die Stuͤcke blitzen
Da wareſt du bereit was Maͤnnliches zu thun.
Von keinen Noͤthen bleich/ von keiner Schlacht erſchrecket;
Wie fertig haſt du nicht die Troppen umbgewandt?
Wie zeitlich ausgeſpuͤrt/ wo Hinderliſt verſtecket?
Und/ eh er es vermeynt/ den klugen Feind berannt?
Bey Treffen wuchs dein Muth/ das Feld dein Ehren Bette
Hieß dich zum Streit behertzt/ zum Angriff munter ſeyn/
Und Tod und Leben ſtand da offtmals in der Wette/
Biß der Blut rothe Sieg ſich ſtellte mitten ein.
Bewerther Krieges Mann/ der Gott und ſeinem Kaͤyſer
Biß auffden letzten Hauch ſein Leben hat geweyht.
Mars und Bellona ſehn wie jetzt die Lorbeer-Reiſer
Des Ruhmes milde Hand auff deine Ruhſtatt ſtreut.
Doch wunder ich mich noch/ ob dich der Tod beſieget?
Und ob du ihn vielmehr nicht uͤberwunden haſt?
Ob deine Ritterſchafft ſein Recht nicht uͤberwieget?
Und du nun weggelegt des Fleiſchesſchwere Laſt?
Zwar wenn ich dencke nach/ daß auch die Himmel alten/
Die Elementen Staub/ die Sternen Aſche ſeyn;
Daß aller Kuͤnſtler Witz und Bauwerck nicht mag halten/
Und die Vergaͤnglichkeit reiſt Thuͤrm und Mauren ein;
So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0694" n="462"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Du ha&#x017F;t vom Niedrig&#x017F;ten zu &#x017F;teigen angehoben/</l><lb/>
          <l>Durch Hitze Fro&#x017F;t und Schnee den ku&#x0364;hnen Fuß ge&#x017F;etzt.</l><lb/>
          <l>Jn vielen Fa&#x0364;llen auch erwie&#x017F;en &#x017F;olche Proben/</l><lb/>
          <l>Daß das Gelu&#x0364;cke &#x017F;ich fa&#x017F;t an dir matt gewetzt.</l><lb/>
          <l>Offt hat es dich gebraucht nicht anders wie Ballonen/</l><lb/>
          <l>So die geu&#x0364;bte Fau&#x017F;t bald hoch bald niedrig &#x017F;chla&#x0364;gt;</l><lb/>
          <l>Bald wolt es deine Treu und Redlichkeit belohnen/</l><lb/>
          <l>Bald hat es wieder dir die Schrauben angelegt;</l><lb/>
          <l>Du aber brach&#x017F;t hindurch/ Gefahr war dir ein Schertzen/</l><lb/>
          <l>Bemu&#x0364;hung eine Lu&#x017F;t und Arbeit eine Ruh.</l><lb/>
          <l>Es le&#x017F;chte niemals aus die Flamm&#x2019; in deinem Hertzen</l><lb/>
          <l>Es &#x017F;agte dir Be&#x017F;tand und Sieges-Palmen zu.</l><lb/>
          <l>Nicht Teut&#x017F;chland nur allein/ das nachbarliche Pohlen/</l><lb/>
          <l>War dir ein weites Feld zu jagen nach dem Ruhm/</l><lb/>
          <l>Und ritterlich den Sieg von Feinden abzuholen</l><lb/>
          <l>So der Soldaten doch ihr &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;tes Eigenthum.</l><lb/>
          <l>Es mocht ein Euclio bey &#x017F;einen Scha&#x0364;tzen &#x017F;itzen/</l><lb/>
          <l>Und auff der Mutter Schos ein zarter Weichling ruh&#x2019;n;</l><lb/>
          <l>Da wo der Donner knallt und wo die Stu&#x0364;cke blitzen</l><lb/>
          <l>Da ware&#x017F;t du bereit was Ma&#x0364;nnliches zu thun.</l><lb/>
          <l>Von keinen No&#x0364;then bleich/ von keiner Schlacht er&#x017F;chrecket;</l><lb/>
          <l>Wie fertig ha&#x017F;t du nicht die Troppen umbgewandt?</l><lb/>
          <l>Wie zeitlich ausge&#x017F;pu&#x0364;rt/ wo Hinderli&#x017F;t ver&#x017F;tecket?</l><lb/>
          <l>Und/ eh er es vermeynt/ den klugen Feind berannt?</l><lb/>
          <l>Bey Treffen wuchs dein Muth/ das Feld dein Ehren Bette</l><lb/>
          <l>Hieß dich zum Streit behertzt/ zum Angriff munter &#x017F;eyn/</l><lb/>
          <l>Und Tod und Leben &#x017F;tand da offtmals in der Wette/</l><lb/>
          <l>Biß der Blut rothe Sieg &#x017F;ich &#x017F;tellte mitten ein.</l><lb/>
          <l>Bewerther Krieges Mann/ der Gott und &#x017F;einem Ka&#x0364;y&#x017F;er</l><lb/>
          <l>Biß auffden letzten Hauch &#x017F;ein Leben hat geweyht.</l><lb/>
          <l>Mars und Bellona &#x017F;ehn wie jetzt die Lorbeer-Rei&#x017F;er</l><lb/>
          <l>Des Ruhmes milde Hand auff deine Ruh&#x017F;tatt &#x017F;treut.</l><lb/>
          <l>Doch wunder ich mich noch/ ob dich der Tod be&#x017F;ieget?</l><lb/>
          <l>Und ob du ihn vielmehr nicht u&#x0364;berwunden ha&#x017F;t?</l><lb/>
          <l>Ob deine Ritter&#x017F;chafft &#x017F;ein Recht nicht u&#x0364;berwieget?</l><lb/>
          <l>Und du nun weggelegt des Flei&#x017F;ches&#x017F;chwere La&#x017F;t?</l><lb/>
          <l>Zwar wenn ich dencke nach/ daß auch die Himmel alten/</l><lb/>
          <l>Die Elementen Staub/ die Sternen A&#x017F;che &#x017F;eyn;</l><lb/>
          <l>Daß aller Ku&#x0364;n&#x017F;tler Witz und Bauwerck nicht mag halten/</l><lb/>
          <l>Und die Verga&#x0364;nglichkeit rei&#x017F;t Thu&#x0364;rm und Mauren ein;</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0694] Leichen-Gedichte. Du haſt vom Niedrigſten zu ſteigen angehoben/ Durch Hitze Froſt und Schnee den kuͤhnen Fuß geſetzt. Jn vielen Faͤllen auch erwieſen ſolche Proben/ Daß das Geluͤcke ſich faſt an dir matt gewetzt. Offt hat es dich gebraucht nicht anders wie Ballonen/ So die geuͤbte Fauſt bald hoch bald niedrig ſchlaͤgt; Bald wolt es deine Treu und Redlichkeit belohnen/ Bald hat es wieder dir die Schrauben angelegt; Du aber brachſt hindurch/ Gefahr war dir ein Schertzen/ Bemuͤhung eine Luſt und Arbeit eine Ruh. Es leſchte niemals aus die Flamm’ in deinem Hertzen Es ſagte dir Beſtand und Sieges-Palmen zu. Nicht Teutſchland nur allein/ das nachbarliche Pohlen/ War dir ein weites Feld zu jagen nach dem Ruhm/ Und ritterlich den Sieg von Feinden abzuholen So der Soldaten doch ihr ſchoͤnſtes Eigenthum. Es mocht ein Euclio bey ſeinen Schaͤtzen ſitzen/ Und auff der Mutter Schos ein zarter Weichling ruh’n; Da wo der Donner knallt und wo die Stuͤcke blitzen Da wareſt du bereit was Maͤnnliches zu thun. Von keinen Noͤthen bleich/ von keiner Schlacht erſchrecket; Wie fertig haſt du nicht die Troppen umbgewandt? Wie zeitlich ausgeſpuͤrt/ wo Hinderliſt verſtecket? Und/ eh er es vermeynt/ den klugen Feind berannt? Bey Treffen wuchs dein Muth/ das Feld dein Ehren Bette Hieß dich zum Streit behertzt/ zum Angriff munter ſeyn/ Und Tod und Leben ſtand da offtmals in der Wette/ Biß der Blut rothe Sieg ſich ſtellte mitten ein. Bewerther Krieges Mann/ der Gott und ſeinem Kaͤyſer Biß auffden letzten Hauch ſein Leben hat geweyht. Mars und Bellona ſehn wie jetzt die Lorbeer-Reiſer Des Ruhmes milde Hand auff deine Ruhſtatt ſtreut. Doch wunder ich mich noch/ ob dich der Tod beſieget? Und ob du ihn vielmehr nicht uͤberwunden haſt? Ob deine Ritterſchafft ſein Recht nicht uͤberwieget? Und du nun weggelegt des Fleiſchesſchwere Laſt? Zwar wenn ich dencke nach/ daß auch die Himmel alten/ Die Elementen Staub/ die Sternen Aſche ſeyn; Daß aller Kuͤnſtler Witz und Bauwerck nicht mag halten/ Und die Vergaͤnglichkeit reiſt Thuͤrm und Mauren ein; So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/694
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/694>, abgerufen am 22.11.2024.