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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Jtzt bildet sie/ bald schlägt sie wieder ein/
Und weist uns klar/ daß wir nun Scherben seyn.

9.
Doch tragen wir in irdenen Gefässen
Den Schatz der grossen Herrlichkeit;
Das Kleinod der Vollkommenheit:
Daß/ ob wir schon bey Mogols Renten sässen/
Und Jndien sein Gold uns liefert ein/
Der Seelen nach gar weit Stein-reicher seyn.
10.
Ein rother Kloß von schlechtem Sand und Staube
Stellt' uns den ersten Erdmann für/
Der Welt-Geschöpffe höchste Zier/
Jndem noch ist versigelt unser Glaube;
Doch hat der Tod/ den An-Herrn' dieser Welt
So/ als wie uns/ gebrechliche gefällt.
11.
Wiewol ich weiß sein treffliches Gemüthe/
Und kluger Geist fällt mir zwar bey
Mein Freund/ er weiß daß ewig sey
Des grossen GOttes Wunder-reiche Güte.
Was aber heilt der Frau Groß-Mutter Leyd?
Was stillet der Frau Mutter Traurigkeit?
12.
Das zarte Kind so sie offt angelachet/
Der Mund so halbe Wort ausstieß/
Mit Fingern nach den Eltern wieß/
Und tausend Lust behäglich hat gemachet/
Die Anmuth selbst/ das War der zarten Jahr/
Zerschmeltzet nur auff einer Todten-Bahr.
13.
Hilff GOtt! was gab der Knabe nicht vor Minen?
Der Ahnen Helm/ Spieß/ Schild und Schwerdt/
Und was sonst ihren Ruhm bewehrt/
Sah man in ihm als wie von neuem grünen.
Ein Adler weist bald seines gleichen Art
Ein junger Löw hat nie die Klau gespart.
14.
Diß/ klagt mein Freund samt hohen Anverwandten/
Sey alles in den Sarg gethan.
Nein/

Leichen-Gedichte.
Jtzt bildet ſie/ bald ſchlaͤgt ſie wieder ein/
Und weiſt uns klar/ daß wir nun Scherben ſeyn.

9.
Doch tragen wir in irdenen Gefaͤſſen
Den Schatz der groſſen Herrlichkeit;
Das Kleinod der Vollkommenheit:
Daß/ ob wir ſchon bey Mogols Renten ſaͤſſen/
Und Jndien ſein Gold uns liefert ein/
Der Seelen nach gar weit Stein-reicher ſeyn.
10.
Ein rother Kloß von ſchlechtem Sand und Staube
Stellt’ uns den erſten Erdmann fuͤr/
Der Welt-Geſchoͤpffe hoͤchſte Zier/
Jndem noch iſt verſigelt unſer Glaube;
Doch hat der Tod/ den An-Herrn’ dieſer Welt
So/ als wie uns/ gebrechliche gefaͤllt.
11.
Wiewol ich weiß ſein treffliches Gemuͤthe/
Und kluger Geiſt faͤllt mir zwar bey
Mein Freund/ er weiß daß ewig ſey
Des groſſen GOttes Wunder-reiche Guͤte.
Was aber heilt der Frau Groß-Mutter Leyd?
Was ſtillet der Frau Mutter Traurigkeit?
12.
Das zarte Kind ſo ſie offt angelachet/
Der Mund ſo halbe Wort ausſtieß/
Mit Fingern nach den Eltern wieß/
Und tauſend Luſt behaͤglich hat gemachet/
Die Anmuth ſelbſt/ das War der zarten Jahr/
Zerſchmeltzet nur auff einer Todten-Bahr.
13.
Hilff GOtt! was gab der Knabe nicht vor Minen?
Der Ahnen Helm/ Spieß/ Schild und Schwerdt/
Und was ſonſt ihren Ruhm bewehrt/
Sah man in ihm als wie von neuem gruͤnen.
Ein Adler weiſt bald ſeines gleichen Art
Ein junger Loͤw hat nie die Klau geſpart.
14.
Diß/ klagt mein Freund ſamt hohen Anverwandten/
Sey alles in den Sarg gethan.
Nein/
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[454/0686] Leichen-Gedichte. Jtzt bildet ſie/ bald ſchlaͤgt ſie wieder ein/ Und weiſt uns klar/ daß wir nun Scherben ſeyn. 9. Doch tragen wir in irdenen Gefaͤſſen Den Schatz der groſſen Herrlichkeit; Das Kleinod der Vollkommenheit: Daß/ ob wir ſchon bey Mogols Renten ſaͤſſen/ Und Jndien ſein Gold uns liefert ein/ Der Seelen nach gar weit Stein-reicher ſeyn. 10. Ein rother Kloß von ſchlechtem Sand und Staube Stellt’ uns den erſten Erdmann fuͤr/ Der Welt-Geſchoͤpffe hoͤchſte Zier/ Jndem noch iſt verſigelt unſer Glaube; Doch hat der Tod/ den An-Herrn’ dieſer Welt So/ als wie uns/ gebrechliche gefaͤllt. 11. Wiewol ich weiß ſein treffliches Gemuͤthe/ Und kluger Geiſt faͤllt mir zwar bey Mein Freund/ er weiß daß ewig ſey Des groſſen GOttes Wunder-reiche Guͤte. Was aber heilt der Frau Groß-Mutter Leyd? Was ſtillet der Frau Mutter Traurigkeit? 12. Das zarte Kind ſo ſie offt angelachet/ Der Mund ſo halbe Wort ausſtieß/ Mit Fingern nach den Eltern wieß/ Und tauſend Luſt behaͤglich hat gemachet/ Die Anmuth ſelbſt/ das War der zarten Jahr/ Zerſchmeltzet nur auff einer Todten-Bahr. 13. Hilff GOtt! was gab der Knabe nicht vor Minen? Der Ahnen Helm/ Spieß/ Schild und Schwerdt/ Und was ſonſt ihren Ruhm bewehrt/ Sah man in ihm als wie von neuem gruͤnen. Ein Adler weiſt bald ſeines gleichen Art Ein junger Loͤw hat nie die Klau geſpart. 14. Diß/ klagt mein Freund ſamt hohen Anverwandten/ Sey alles in den Sarg gethan. Nein/

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/686>, abgerufen am 22.11.2024.