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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Wo bleibt nun unser Wunsch/ wo bleibet das Versprechen:
Ach der ergrimmte Tod reist allen Vorsatz ein!
Und wird uns unverhofft die müden Augen brechen
Daß auch der Sternen Licht muß Asch und Schatten seyn.
Wie aber gehstu hin? Ein Held fällt unter Wunden
Sein Purpur färbet offt des Feindes Angesicht.
Der Schiffer hat den Tod in wüster See gefunden/
Ein Bergmann der verfällt wenn Fahrt und Gang einbricht.
Du als ein Handels Mann geübet durch viel Reisen
Und der viel Wechsel schoß/ verschleust dich in den Sarck/
Willst unsrer lieben Stadt und Leipzig noch erweisen/
Wie rühmlich du vollführt hast deines Lebens-Marck.
Jtzt da der Jahrmarckt kommt/ bald in den ersten Tagen
Hastu dein Gut verkehrt. Was? nichts als Staub und Koth.
Wird eine kunde wonach Herr Fleischhauern fragen
So spricht der Diener Mund er ist schon kalt und todt.
Ach Wechsel voller Glück? ach Handlung voller Seegen!
Der ewige Gewinn hat dir bißher gefehlt/
Daß man dich Lebens satt möcht in die Erde legen
Ermüdet von viel Angst und strenger Noth gequält.
Der in Siberien auff ewig ist verbannet/
Und den der Mittag kocht auff einer Ruder Banck/
Der an den Hacken ligt/ an Foltern ist gespannet
Der Gifft zur Speise hat und Schirling zu dem Tranck/
Empfindt nicht solche Pein als wie du hast erlitten;
Des Nero Tyranney ist noch Barmhertzigkeit:
So hat kein Hencker je gebrennet und geschnidten
Als dich die grause Gicht gekrümmet wie ein Scheit.
Doch sey mir noch vergunt/ O Seeliger zu fragen?
Hat dein Gewölbe nicht den kühnen Tod verblendt?
Und unterstand er sich in Marck dich zu betagen
Da sonst ein jederman der Märckte Freyheit kennt?
War denn kein Zeug nicht da/ daß man die dürren Beine
So viel nur möglich schien aufs zierlichste bedeckt?
Hatt' er nicht seine Lust an Sammt und Atlas Scheine
Daß ihm der Künstler Stich Mitleiden hätt erweckt?
Hieß Stückwerck und Gespienst ihm eine Spinne-Webe?
Wie kleidet sich der Tod in keine Moden nicht?
Und bleibt er immer so wie eine schwancke Rebe?
Ergetzet kein Damast sein holes Angesicht?
So
E e e e
Leichen-Gedichte.
Wo bleibt nun unſer Wunſch/ wo bleibet das Verſprechen:
Ach der ergrimmte Tod reiſt allen Vorſatz ein!
Und wird uns unverhofft die muͤden Augen brechen
Daß auch der Sternen Licht muß Aſch und Schatten ſeyn.
Wie aber gehſtu hin? Ein Held faͤllt unter Wunden
Sein Purpur faͤrbet offt des Feindes Angeſicht.
Der Schiffer hat den Tod in wuͤſter See gefunden/
Ein Bergmann der verfaͤllt wenn Fahrt und Gang einbricht.
Du als ein Handels Mann geuͤbet durch viel Reiſen
Und der viel Wechſel ſchoß/ verſchleuſt dich in den Sarck/
Willſt unſrer lieben Stadt und Leipzig noch erweiſen/
Wie ruͤhmlich du vollfuͤhrt haſt deines Lebens-Marck.
Jtzt da der Jahrmarckt kommt/ bald in den erſten Tagen
Haſtu dein Gut verkehrt. Was? nichts als Staub und Koth.
Wird eine kunde wonach Herr Fleiſchhauern fragen
So ſpricht der Diener Mund er iſt ſchon kalt und todt.
Ach Wechſel voller Gluͤck? ach Handlung voller Seegen!
Der ewige Gewinn hat dir bißher gefehlt/
Daß man dich Lebens ſatt moͤcht in die Erde legen
Ermuͤdet von viel Angſt und ſtrenger Noth gequaͤlt.
Der in Siberien auff ewig iſt verbannet/
Und den der Mittag kocht auff einer Ruder Banck/
Der an den Hacken ligt/ an Foltern iſt geſpannet
Der Gifft zur Speiſe hat und Schirling zu dem Tranck/
Empfindt nicht ſolche Pein als wie du haſt erlitten;
Des Nero Tyranney iſt noch Barmhertzigkeit:
So hat kein Hencker je gebrennet und geſchnidten
Als dich die grauſe Gicht gekruͤmmet wie ein Scheit.
Doch ſey mir noch vergunt/ O Seeliger zu fragen?
Hat dein Gewoͤlbe nicht den kuͤhnen Tod verblendt?
Und unterſtand er ſich in Marck dich zu betagen
Da ſonſt ein jederman der Maͤrckte Freyheit kennt?
War denn kein Zeug nicht da/ daß man die duͤrren Beine
So viel nur moͤglich ſchien aufs zierlichſte bedeckt?
Hatt’ er nicht ſeine Luſt an Sammt und Atlas Scheine
Daß ihm der Kuͤnſtler Stich Mitleiden haͤtt erweckt?
Hieß Stuͤckwerck und Geſpienſt ihm eine Spinne-Webe?
Wie kleidet ſich der Tod in keine Moden nicht?
Und bleibt er immer ſo wie eine ſchwancke Rebe?
Ergetzet kein Damaſt ſein holes Angeſicht?
So
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[433/0665] Leichen-Gedichte. Wo bleibt nun unſer Wunſch/ wo bleibet das Verſprechen: Ach der ergrimmte Tod reiſt allen Vorſatz ein! Und wird uns unverhofft die muͤden Augen brechen Daß auch der Sternen Licht muß Aſch und Schatten ſeyn. Wie aber gehſtu hin? Ein Held faͤllt unter Wunden Sein Purpur faͤrbet offt des Feindes Angeſicht. Der Schiffer hat den Tod in wuͤſter See gefunden/ Ein Bergmann der verfaͤllt wenn Fahrt und Gang einbricht. Du als ein Handels Mann geuͤbet durch viel Reiſen Und der viel Wechſel ſchoß/ verſchleuſt dich in den Sarck/ Willſt unſrer lieben Stadt und Leipzig noch erweiſen/ Wie ruͤhmlich du vollfuͤhrt haſt deines Lebens-Marck. Jtzt da der Jahrmarckt kommt/ bald in den erſten Tagen Haſtu dein Gut verkehrt. Was? nichts als Staub und Koth. Wird eine kunde wonach Herr Fleiſchhauern fragen So ſpricht der Diener Mund er iſt ſchon kalt und todt. Ach Wechſel voller Gluͤck? ach Handlung voller Seegen! Der ewige Gewinn hat dir bißher gefehlt/ Daß man dich Lebens ſatt moͤcht in die Erde legen Ermuͤdet von viel Angſt und ſtrenger Noth gequaͤlt. Der in Siberien auff ewig iſt verbannet/ Und den der Mittag kocht auff einer Ruder Banck/ Der an den Hacken ligt/ an Foltern iſt geſpannet Der Gifft zur Speiſe hat und Schirling zu dem Tranck/ Empfindt nicht ſolche Pein als wie du haſt erlitten; Des Nero Tyranney iſt noch Barmhertzigkeit: So hat kein Hencker je gebrennet und geſchnidten Als dich die grauſe Gicht gekruͤmmet wie ein Scheit. Doch ſey mir noch vergunt/ O Seeliger zu fragen? Hat dein Gewoͤlbe nicht den kuͤhnen Tod verblendt? Und unterſtand er ſich in Marck dich zu betagen Da ſonſt ein jederman der Maͤrckte Freyheit kennt? War denn kein Zeug nicht da/ daß man die duͤrren Beine So viel nur moͤglich ſchien aufs zierlichſte bedeckt? Hatt’ er nicht ſeine Luſt an Sammt und Atlas Scheine Daß ihm der Kuͤnſtler Stich Mitleiden haͤtt erweckt? Hieß Stuͤckwerck und Geſpienſt ihm eine Spinne-Webe? Wie kleidet ſich der Tod in keine Moden nicht? Und bleibt er immer ſo wie eine ſchwancke Rebe? Ergetzet kein Damaſt ſein holes Angeſicht? So E e e e

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/665>, abgerufen am 22.11.2024.