Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Leichen-Gedichte.
14.
Jch leugne nicht/ der beste Lebens-Trost
Und auch zugleich der Faden ist zerschnidten.
Wenn aber ist der Himmel so erbost?
Wer hat jemahls so harten Sturm erlidten/
Daß er nicht an den Hafen schwimmt/
Und Hülff' ihm noch zur Rettung kömmt?
Wenn Blitz und Untergang auff unsre Scheitel krachen/
So werden sie den Tag/ der folget/ lichter machen.
15.
Hoch-Edler Herr/ wie jetzt des Winters-Zeit
Mit Eyß und Schnee der Felder Arbeit decket.
Nicht anders ist auch diese Sterblichkeit/
Wenn uns der Frost des kalten Todes strecket.
Diß ist des Jahres letzter Schluß/
Den jeder Mensch erwarten muß.
"Am besten wenn wir diß gehorsam nur belieben/
&q;Was GOttes Allmacht schon von Anfang vorgeschrieben.
Auf das Absterben eines zarten Söhnleins
C. A. den 16. Novembr. 1679.
1.
DU zartes Kind/ du Anmuths-voller Knabe/
Der Eltern Trost und Hoffnung ihrer Zeit/
Wie eilst du doch so bald zu deinem Grabe:
Zerschleust so früh der Leib/ der Seele Kleid?
Wer treibt dich an? den du bißher getragen
Jm Hertzen hast/ der Welt und Himmel trägt/
Dein C Hristus wil dir Christoph dieses sagen:
Fleuch/ fleuch/ mein Freund wie ein Rehböcklein pflegt.
2.
Reiß' als ein Hirsch durch auffgestellte Netze/
Eh Satan dich der Jäger noch beharrt.
Eh dich die Welt mit ihren Winden hetze/
Und sich dein Aug an Eitelkeit vernarrt.
Verschleuß dein Ohr so bald die Hifft geblasen/
Sie setzt dir für zu hindern Spur und Gang.
Nicht trau zu viel dem schön' und grünen Rasen/
Eh du es meynst/ so hast dn einen Fang.
3. Du
D d d d 3
Leichen-Gedichte.
14.
Jch leugne nicht/ der beſte Lebens-Troſt
Und auch zugleich der Faden iſt zerſchnidten.
Wenn aber iſt der Himmel ſo erboſt?
Wer hat jemahls ſo harten Sturm erlidten/
Daß er nicht an den Hafen ſchwimmt/
Und Huͤlff’ ihm noch zur Rettung koͤmmt?
Wenn Blitz und Untergang auff unſre Scheitel krachen/
So werden ſie den Tag/ der folget/ lichter machen.
15.
Hoch-Edler Herr/ wie jetzt des Winters-Zeit
Mit Eyß und Schnee der Felder Arbeit decket.
Nicht anders iſt auch dieſe Sterblichkeit/
Wenn uns der Froſt des kalten Todes ſtrecket.
Diß iſt des Jahres letzter Schluß/
Den jeder Menſch erwarten muß.
“Am beſten wenn wir diß gehorſam nur belieben/
&q;Was GOttes Allmacht ſchon von Anfang vorgeſchrieben.
Auf das Abſterben eines zarten Soͤhnleins
C. A. den 16. Novembr. 1679.
1.
DU zartes Kind/ du Anmuths-voller Knabe/
Der Eltern Troſt und Hoffnung ihrer Zeit/
Wie eilſt du doch ſo bald zu deinem Grabe:
Zerſchleuſt ſo fruͤh der Leib/ der Seele Kleid?
Wer treibt dich an? den du bißher getragen
Jm Hertzen haſt/ der Welt und Himmel traͤgt/
Dein C Hriſtus wil dir Chriſtoph dieſes ſagen:
Fleuch/ fleuch/ mein Freund wie ein Rehboͤcklein pflegt.
2.
Reiß’ als ein Hirſch durch auffgeſtellte Netze/
Eh Satan dich der Jaͤger noch beharrt.
Eh dich die Welt mit ihren Winden hetze/
Und ſich dein Aug an Eitelkeit vernarrt.
Verſchleuß dein Ohr ſo bald die Hifft geblaſen/
Sie ſetzt dir fuͤr zu hindern Spur und Gang.
Nicht trau zu viel dem ſchoͤn’ und gruͤnen Raſen/
Eh du es meynſt/ ſo haſt dn einen Fang.
3. Du
D d d d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0653" n="421"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="14">
            <head> <hi rendition="#c">14.</hi> </head><lb/>
            <l>Jch leugne nicht/ der be&#x017F;te Lebens-Tro&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Und auch zugleich der Faden i&#x017F;t zer&#x017F;chnidten.</l><lb/>
            <l>Wenn aber i&#x017F;t der Himmel &#x017F;o erbo&#x017F;t?</l><lb/>
            <l>Wer hat jemahls &#x017F;o harten Sturm erlidten/</l><lb/>
            <l>Daß er nicht an den Hafen &#x017F;chwimmt/</l><lb/>
            <l>Und Hu&#x0364;lff&#x2019; ihm noch zur Rettung ko&#x0364;mmt?</l><lb/>
            <l>Wenn Blitz und Untergang auff un&#x017F;re Scheitel krachen/</l><lb/>
            <l>So werden &#x017F;ie den Tag/ der folget/ lichter machen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <head> <hi rendition="#c">15.</hi> </head><lb/>
            <l>Hoch-Edler Herr/ wie jetzt des Winters-Zeit</l><lb/>
            <l>Mit Eyß und Schnee der Felder Arbeit decket.</l><lb/>
            <l>Nicht anders i&#x017F;t auch die&#x017F;e Sterblichkeit/</l><lb/>
            <l>Wenn uns der Fro&#x017F;t des kalten Todes &#x017F;trecket.</l><lb/>
            <l>Diß i&#x017F;t des Jahres letzter Schluß/</l><lb/>
            <l>Den jeder Men&#x017F;ch erwarten muß.</l><lb/>
            <l>&#x201C;Am be&#x017F;ten wenn wir diß gehor&#x017F;am nur belieben/</l><lb/>
            <l>&amp;q;Was GOttes Allmacht &#x017F;chon von Anfang vorge&#x017F;chrieben.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Auf das Ab&#x017F;terben eines zarten So&#x0364;hnleins<lb/>
C. A. den 16. Novembr. 1679.</hi> </hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <head> <hi rendition="#c">1.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">D</hi>U zartes Kind/ du Anmuths-voller Knabe/</l><lb/>
            <l>Der Eltern Tro&#x017F;t und Hoffnung ihrer Zeit/</l><lb/>
            <l>Wie eil&#x017F;t du doch &#x017F;o bald zu deinem Grabe:</l><lb/>
            <l>Zer&#x017F;chleu&#x017F;t &#x017F;o fru&#x0364;h der Leib/ der Seele Kleid?</l><lb/>
            <l>Wer treibt dich an? den du bißher getragen</l><lb/>
            <l>Jm Hertzen ha&#x017F;t/ der Welt und Himmel tra&#x0364;gt/</l><lb/>
            <l>Dein C Hri&#x017F;tus wil dir Chri&#x017F;toph die&#x017F;es &#x017F;agen:</l><lb/>
            <l>Fleuch/ fleuch/ mein Freund wie ein Rehbo&#x0364;cklein pflegt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head><lb/>
            <l>Reiß&#x2019; als ein Hir&#x017F;ch durch auffge&#x017F;tellte Netze/</l><lb/>
            <l>Eh Satan dich der Ja&#x0364;ger noch beharrt.</l><lb/>
            <l>Eh dich die Welt mit ihren Winden hetze/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich dein Aug an Eitelkeit vernarrt.</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chleuß dein Ohr &#x017F;o bald die Hifft gebla&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;etzt dir fu&#x0364;r zu hindern Spur und Gang.</l><lb/>
            <l>Nicht trau zu viel dem &#x017F;cho&#x0364;n&#x2019; und gru&#x0364;nen Ra&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Eh du es meyn&#x017F;t/ &#x017F;o ha&#x017F;t dn einen Fang.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">D d d d 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">3. Du</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0653] Leichen-Gedichte. 14. Jch leugne nicht/ der beſte Lebens-Troſt Und auch zugleich der Faden iſt zerſchnidten. Wenn aber iſt der Himmel ſo erboſt? Wer hat jemahls ſo harten Sturm erlidten/ Daß er nicht an den Hafen ſchwimmt/ Und Huͤlff’ ihm noch zur Rettung koͤmmt? Wenn Blitz und Untergang auff unſre Scheitel krachen/ So werden ſie den Tag/ der folget/ lichter machen. 15. Hoch-Edler Herr/ wie jetzt des Winters-Zeit Mit Eyß und Schnee der Felder Arbeit decket. Nicht anders iſt auch dieſe Sterblichkeit/ Wenn uns der Froſt des kalten Todes ſtrecket. Diß iſt des Jahres letzter Schluß/ Den jeder Menſch erwarten muß. “Am beſten wenn wir diß gehorſam nur belieben/ &q;Was GOttes Allmacht ſchon von Anfang vorgeſchrieben. Auf das Abſterben eines zarten Soͤhnleins C. A. den 16. Novembr. 1679. 1. DU zartes Kind/ du Anmuths-voller Knabe/ Der Eltern Troſt und Hoffnung ihrer Zeit/ Wie eilſt du doch ſo bald zu deinem Grabe: Zerſchleuſt ſo fruͤh der Leib/ der Seele Kleid? Wer treibt dich an? den du bißher getragen Jm Hertzen haſt/ der Welt und Himmel traͤgt/ Dein C Hriſtus wil dir Chriſtoph dieſes ſagen: Fleuch/ fleuch/ mein Freund wie ein Rehboͤcklein pflegt. 2. Reiß’ als ein Hirſch durch auffgeſtellte Netze/ Eh Satan dich der Jaͤger noch beharrt. Eh dich die Welt mit ihren Winden hetze/ Und ſich dein Aug an Eitelkeit vernarrt. Verſchleuß dein Ohr ſo bald die Hifft geblaſen/ Sie ſetzt dir fuͤr zu hindern Spur und Gang. Nicht trau zu viel dem ſchoͤn’ und gruͤnen Raſen/ Eh du es meynſt/ ſo haſt dn einen Fang. 3. Du D d d d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/653
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/653>, abgerufen am 24.07.2024.