Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte Je mehr der Sonnen er entfernet/Und von den Strahlen kommet weg/ So wird er zwar dem Kreiß der Erden/ Gewähren seinen hellen Schein/ Doch Himmel-werts mehr dunckel werden/ Weil er muß ohne Sonne seyn. 10. So gehts/ je mehr wir uns entziehen/Der Sonne der Gerechtigkeit Und dencken vor der Welt zu blühen/ Daß unser Ruhm sich weit und breit/ Vergrössern mag mit neuen Strahlen/ So scheint es prächtig schön und groß; Kömmt's die Schuld der Natur zu zahlen/ So stehn wir nackend/ arm und bloß. 11. Wir sind verfinstert am Verstande/Und kennen nicht das höchste Licht. Wir irren weit vom Vaterlande. Gesetzt/ der äusre Mensch zerbricht/ So wird er innerlich verneuret/ Zu unermeßner Herrlichkeit. Wol dem der GOtt die Seele steuret/ Durch seine gantze Lebens-Zeit! 12. Herr Göbel der zwar nicht die StuffenBegrauter Jahre hat berührt/ Doch nach des Höchsten Wort und Ruffen/ Stets seinen Wandel so geführt/ Daß er dem Himmel gantz ergeben/ Verlacht der Erden Eitelkeit/ Schloß/ daß ein recht gottseelig Leben Auch nach dem Tod erfüllt mit Freud'. 13. Er ruht nun frey von allen Schmertzen/Es ficht ihn mehr kein Trübsal an. Der GOtt gedient mit treuem Hertzen/ Der seinem Willen zugethan. Dem
Leichen-Gedichte Je mehr der Sonnen er entfernet/Und von den Strahlen kommet weg/ So wird er zwar dem Kreiß der Erden/ Gewaͤhren ſeinen hellen Schein/ Doch Himmel-werts mehr dunckel werden/ Weil er muß ohne Sonne ſeyn. 10. So gehts/ je mehr wir uns entziehen/Der Sonne der Gerechtigkeit Und dencken vor der Welt zu bluͤhen/ Daß unſer Ruhm ſich weit und breit/ Vergroͤſſern mag mit neuen Strahlen/ So ſcheint es praͤchtig ſchoͤn und groß; Koͤmmt’s die Schuld der Natur zu zahlen/ So ſtehn wir nackend/ arm und bloß. 11. Wir ſind verfinſtert am Verſtande/Und kennen nicht das hoͤchſte Licht. Wir irren weit vom Vaterlande. Geſetzt/ der aͤuſre Menſch zerbricht/ So wird er innerlich verneuret/ Zu unermeßner Herꝛlichkeit. Wol dem der GOtt die Seele ſteuret/ Durch ſeine gantze Lebens-Zeit! 12. Herr Goͤbel der zwar nicht die StuffenBegrauter Jahre hat beruͤhrt/ Doch nach des Hoͤchſten Wort und Ruffen/ Stets ſeinen Wandel ſo gefuͤhrt/ Daß er dem Himmel gantz ergeben/ Verlacht der Erden Eitelkeit/ Schloß/ daß ein recht gottſeelig Leben Auch nach dem Tod erfuͤllt mit Freud’. 13. Er ruht nun frey von allen Schmertzen/Es ficht ihn mehr kein Truͤbſal an. Der GOtt gedient mit treuem Hertzen/ Der ſeinem Willen zugethan. Dem
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Leichen-Gedichte
Je mehr der Sonnen er entfernet/
Und von den Strahlen kommet weg/
So wird er zwar dem Kreiß der Erden/
Gewaͤhren ſeinen hellen Schein/
Doch Himmel-werts mehr dunckel werden/
Weil er muß ohne Sonne ſeyn.
10.
So gehts/ je mehr wir uns entziehen/
Der Sonne der Gerechtigkeit
Und dencken vor der Welt zu bluͤhen/
Daß unſer Ruhm ſich weit und breit/
Vergroͤſſern mag mit neuen Strahlen/
So ſcheint es praͤchtig ſchoͤn und groß;
Koͤmmt’s die Schuld der Natur zu zahlen/
So ſtehn wir nackend/ arm und bloß.
11.
Wir ſind verfinſtert am Verſtande/
Und kennen nicht das hoͤchſte Licht.
Wir irren weit vom Vaterlande.
Geſetzt/ der aͤuſre Menſch zerbricht/
So wird er innerlich verneuret/
Zu unermeßner Herꝛlichkeit.
Wol dem der GOtt die Seele ſteuret/
Durch ſeine gantze Lebens-Zeit!
12.
Herr Goͤbel der zwar nicht die Stuffen
Begrauter Jahre hat beruͤhrt/
Doch nach des Hoͤchſten Wort und Ruffen/
Stets ſeinen Wandel ſo gefuͤhrt/
Daß er dem Himmel gantz ergeben/
Verlacht der Erden Eitelkeit/
Schloß/ daß ein recht gottſeelig Leben
Auch nach dem Tod erfuͤllt mit Freud’.
13.
Er ruht nun frey von allen Schmertzen/
Es ficht ihn mehr kein Truͤbſal an.
Der GOtt gedient mit treuem Hertzen/
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Dem
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