Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Nun muß man auch die Ruh der liebsten Mutter gönnen/Vergebens daß man sie mit Thränen noch beschwert. Sie wird im Paradiß gar andre Rosen schauen/ Als diese so bißher geadelt ihren Stand. Sie kan mit höchster Lust des Edens Garten bauen/ Und ihre Seele wohnt in dem gelobten Land. Ehren-Gedächtnüß DU Tugend-volles Ehren-Weib/Fr. S. P. g. M. den 15. Jenner 1679. So giebst du endlich deinen Leib/ Der allgemeinen Mutter wieder/ So führet dich ein sanffter Tod Aus diesem Kercker voller Noth/ Und legt zur Ruh die müden Glieder? Du fühlst nicht mehr des Alters Schnee/ Der Sorgen Pein/ der Kranckheit Weh/ Und bist vollkommen jetzt genesen. Die Seel' eilt ihrem Ursprung nach Und zwingt sich zu dem Sternen Dach/ Ob Haut und Bein schon hier verwesen. Ein Heyde scheut und fürcht den Tod/ Den Weiser der uns führt zu GOtt Den besten Freund und Reiß-Gesellen. Wenn all' im sterben von uns fliehn Und ihren Fuß zurücke ziehn So wird er uns die Fahrt bestellen. Ein Christ der nimmt den Führer an Und ist gewiß daß er die Bahn Zu jenen Ewigkeiten zeiget. Er kan ihm nicht beschwerlich seyn Wenn er als Gast sich stellet ein Und zu ihm durch das Fenster steiget. Zu dem O seelige Matron Wer so in Frieden zieht davon Empfindt' nicht seine Bitterkeiten. Du hättest längst daran gedacht Wie du zu deiner letzten Nacht Jn Andacht möchtest dich bereiten. Es
Leichen-Gedichte. Nun muß man auch die Ruh der liebſten Mutter goͤnnen/Vergebens daß man ſie mit Thraͤnen noch beſchwert. Sie wird im Paradiß gar andre Roſen ſchauen/ Als dieſe ſo bißher geadelt ihren Stand. Sie kan mit hoͤchſter Luſt des Edens Garten bauen/ Und ihre Seele wohnt in dem gelobten Land. Ehren-Gedaͤchtnuͤß DU Tugend-volles Ehren-Weib/Fr. S. P. g. M. den 15. Jenner 1679. So giebſt du endlich deinen Leib/ Der allgemeinen Mutter wieder/ So fuͤhret dich ein ſanffter Tod Aus dieſem Kercker voller Noth/ Und legt zur Ruh die muͤden Glieder? Du fuͤhlſt nicht mehr des Alters Schnee/ Der Sorgen Pein/ der Kranckheit Weh/ Und biſt vollkommen jetzt geneſen. Die Seel’ eilt ihrem Urſprung nach Und zwingt ſich zu dem Sternen Dach/ Ob Haut und Bein ſchon hier verweſen. Ein Heyde ſcheut und fuͤrcht den Tod/ Den Weiſer der uns fuͤhrt zu GOtt Den beſten Freund und Reiß-Geſellen. Wenn all’ im ſterben von uns fliehn Und ihren Fuß zuruͤcke ziehn So wird er uns die Fahrt beſtellen. Ein Chriſt der nimmt den Fuͤhrer an Und iſt gewiß daß er die Bahn Zu jenen Ewigkeiten zeiget. Er kan ihm nicht beſchwerlich ſeyn Wenn er als Gaſt ſich ſtellet ein Und zu ihm durch das Fenſter ſteiget. Zu dem O ſeelige Matron Wer ſo in Frieden zieht davon Empfindt’ nicht ſeine Bitterkeiten. Du haͤtteſt laͤngſt daran gedacht Wie du zu deiner letzten Nacht Jn Andacht moͤchteſt dich bereiten. Es
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0604" n="372"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Nun muß man auch die Ruh der liebſten <hi rendition="#fr">Mutter</hi> goͤnnen/</l><lb/> <l>Vergebens daß man ſie mit Thraͤnen noch beſchwert.</l><lb/> <l>Sie wird im Paradiß gar andre Roſen ſchauen/</l><lb/> <l>Als dieſe ſo bißher geadelt ihren Stand.</l><lb/> <l>Sie kan mit hoͤchſter Luſt des Edens Garten bauen/</l><lb/> <l>Und ihre Seele wohnt in dem gelobten Land.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Ehren-Gedaͤchtnuͤß<lb/> Fr. S.</hi> <hi rendition="#aq">P.</hi> <hi rendition="#fr">g. M. den 15. Jenner 1679.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>U Tugend-volles Ehren-Weib/</l><lb/> <l>So giebſt du endlich deinen Leib/</l><lb/> <l>Der allgemeinen Mutter wieder/</l><lb/> <l>So fuͤhret dich ein ſanffter Tod</l><lb/> <l>Aus dieſem Kercker voller Noth/</l><lb/> <l>Und legt zur Ruh die muͤden Glieder?</l><lb/> <l>Du fuͤhlſt nicht mehr des Alters Schnee/</l><lb/> <l>Der Sorgen Pein/ der Kranckheit Weh/</l><lb/> <l>Und biſt vollkommen jetzt geneſen.</l><lb/> <l>Die Seel’ eilt ihrem Urſprung nach</l><lb/> <l>Und zwingt ſich zu dem Sternen Dach/</l><lb/> <l>Ob Haut und Bein ſchon hier verweſen.</l><lb/> <l>Ein Heyde ſcheut und fuͤrcht den Tod/</l><lb/> <l>Den Weiſer der uns fuͤhrt zu GOtt</l><lb/> <l>Den beſten Freund und Reiß-Geſellen.</l><lb/> <l>Wenn all’ im ſterben von uns fliehn</l><lb/> <l>Und ihren Fuß zuruͤcke ziehn</l><lb/> <l>So wird er uns die Fahrt beſtellen.</l><lb/> <l>Ein Chriſt der nimmt den Fuͤhrer an</l><lb/> <l>Und iſt gewiß daß er die Bahn</l><lb/> <l>Zu jenen Ewigkeiten zeiget.</l><lb/> <l>Er kan ihm nicht beſchwerlich ſeyn</l><lb/> <l>Wenn er als Gaſt ſich ſtellet ein</l><lb/> <l>Und zu ihm durch das Fenſter ſteiget.</l><lb/> <l>Zu dem O ſeelige Matron</l><lb/> <l>Wer ſo in Frieden zieht davon</l><lb/> <l>Empfindt’ nicht ſeine Bitterkeiten.</l><lb/> <l>Du haͤtteſt laͤngſt daran gedacht</l><lb/> <l>Wie du zu deiner letzten Nacht</l><lb/> <l>Jn Andacht moͤchteſt dich bereiten.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [372/0604]
Leichen-Gedichte.
Nun muß man auch die Ruh der liebſten Mutter goͤnnen/
Vergebens daß man ſie mit Thraͤnen noch beſchwert.
Sie wird im Paradiß gar andre Roſen ſchauen/
Als dieſe ſo bißher geadelt ihren Stand.
Sie kan mit hoͤchſter Luſt des Edens Garten bauen/
Und ihre Seele wohnt in dem gelobten Land.
Ehren-Gedaͤchtnuͤß
Fr. S. P. g. M. den 15. Jenner 1679.
DU Tugend-volles Ehren-Weib/
So giebſt du endlich deinen Leib/
Der allgemeinen Mutter wieder/
So fuͤhret dich ein ſanffter Tod
Aus dieſem Kercker voller Noth/
Und legt zur Ruh die muͤden Glieder?
Du fuͤhlſt nicht mehr des Alters Schnee/
Der Sorgen Pein/ der Kranckheit Weh/
Und biſt vollkommen jetzt geneſen.
Die Seel’ eilt ihrem Urſprung nach
Und zwingt ſich zu dem Sternen Dach/
Ob Haut und Bein ſchon hier verweſen.
Ein Heyde ſcheut und fuͤrcht den Tod/
Den Weiſer der uns fuͤhrt zu GOtt
Den beſten Freund und Reiß-Geſellen.
Wenn all’ im ſterben von uns fliehn
Und ihren Fuß zuruͤcke ziehn
So wird er uns die Fahrt beſtellen.
Ein Chriſt der nimmt den Fuͤhrer an
Und iſt gewiß daß er die Bahn
Zu jenen Ewigkeiten zeiget.
Er kan ihm nicht beſchwerlich ſeyn
Wenn er als Gaſt ſich ſtellet ein
Und zu ihm durch das Fenſter ſteiget.
Zu dem O ſeelige Matron
Wer ſo in Frieden zieht davon
Empfindt’ nicht ſeine Bitterkeiten.
Du haͤtteſt laͤngſt daran gedacht
Wie du zu deiner letzten Nacht
Jn Andacht moͤchteſt dich bereiten.
Es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |