Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Glückseelig/ wer sich läst des Todes Predigt rühren/Der wird in GOttes Hand getröstet und erfreut Es prangt nun Herr Albin in grünen Sieges-Kronen/ Da noch als Prediger der Tod sein Ampt bestellt. Was aber/ Werthste Frau/ soll ihr für Trost beywohnen Nun ihres Hauses Licht und Sonne so verfällt? Jch kan sie sonst zu nichts/ als ihrem Schöpffer/ weisen/ Wer sihet bey der Zeit der Priester Wittwen an? Doch der/ so alles schützt/ und Raben pflegt zu speisen/ Wird als ein Vater seyn ihr allzeit zugethan. Bey Beerdigung Fr. M. v. R. g. V. den 24. HOch-Adeliches Hauß/ wie? sollen Wermuts-SträucheOctobr. 1678. Und blasses Eppich-Kraut bekleiden Schwell und Thür? Vergnüget sich der Tod nicht mit des Vatern Leiche/ Der unser Nestor war des gantzen Landes Zier? Ach nein! eh als das Jahr hat seinen Lauff vollzogen Der Sonnen güldnes Rad den Thier-Kreißdurchgerannt/ So spannt der grim'ge Tod schon abermal den Bogen Und legt ach herber Schmertz! die Mutter in den Sand. Wird euer Rosenfeld zu Bergen voller Myrrhen? Und deckt Aegypten euch mit einer langen Nacht? Und trinckt ihr Thränen Saltz aus vollen Angst-Geschirren? Jst bey so vielem Leyd das Hertze nicht verschmacht? Steht doch die Welt betrübt/ wenn itzt bey kurtzen Tagen Aurora nicht so früh den blauen Himmel mahlt. Wenn Bäume/ Wald und Feld ihr Sommer-Kleid beklagen/ Und keine Rose mehr in Lust-Gefildern strahlt. Wenn Wild und Vogel fleucht/ der schwartze Himmel weinet/ Und sich der kalte Nord mit holem Pfeiffen zeigt. Wenn die verdeckte Sonn kaum aus der Wolck' erscheinet/ Und das verlebte Jahr sich zu der Bahre neigt. Wie solten Kinder nicht bey ihrer Eltern Leichen/ Bejammern den Verlust/ der ihre Seele kränckt. Denn/ wenn die Seulen schon vom Bau der Wolfahrt weichen/ Wer glaubt nicht/ daß hernach das gantze Hauß sich senckt. Und solt es möglich seyn die jenen zu vergessen/ Die unsers Lebens Quell und erster Ursprung seyn? Jst Aaaa
Leichen-Gedichte. Gluͤckſeelig/ wer ſich laͤſt des Todes Predigt ruͤhren/Der wird in GOttes Hand getroͤſtet und erfreut Es prangt nun Herr Albin in gruͤnen Sieges-Kronen/ Da noch als Prediger der Tod ſein Ampt beſtellt. Was aber/ Werthſte Frau/ ſoll ihr fuͤr Troſt beywohnen Nun ihres Hauſes Licht und Sonne ſo verfaͤllt? Jch kan ſie ſonſt zu nichts/ als ihrem Schoͤpffer/ weiſen/ Wer ſihet bey der Zeit der Prieſter Wittwen an? Doch der/ ſo alles ſchuͤtzt/ und Raben pflegt zu ſpeiſen/ Wird als ein Vater ſeyn ihr allzeit zugethan. Bey Beerdigung Fr. M. v. R. g. V. den 24. HOch-Adeliches Hauß/ wie? ſollen Wermuts-StraͤucheOctobr. 1678. Und blaſſes Eppich-Kraut bekleiden Schwell und Thuͤr? Vergnuͤget ſich der Tod nicht mit des Vatern Leiche/ Der unſer Neſtor war des gantzen Landes Zier? Ach nein! eh als das Jahr hat ſeinen Lauff vollzogen Der Sonnen guͤldnes Rad den Thier-Kreißdurchgerannt/ So ſpannt der grim’ge Tod ſchon abermal den Bogen Und legt ach herber Schmertz! die Mutter in den Sand. Wird euer Roſenfeld zu Bergen voller Myrrhen? Und deckt Aegypten euch mit einer langen Nacht? Und trinckt ihr Thraͤnen Saltz aus vollen Angſt-Geſchirren? Jſt bey ſo vielem Leyd das Hertze nicht verſchmacht? Steht doch die Welt betruͤbt/ wenn itzt bey kurtzen Tagen Aurora nicht ſo fruͤh den blauen Himmel mahlt. Wenn Baͤume/ Wald und Feld ihr Sommer-Kleid beklagen/ Und keine Roſe mehr in Luſt-Gefildern ſtrahlt. Wenn Wild und Vogel fleucht/ der ſchwartze Himmel weinet/ Und ſich der kalte Nord mit holem Pfeiffen zeigt. Wenn die verdeckte Sonn kaum aus der Wolck’ erſcheinet/ Und das verlebte Jahr ſich zu der Bahre neigt. Wie ſolten Kinder nicht bey ihrer Eltern Leichen/ Bejammern den Verluſt/ der ihre Seele kraͤnckt. Denn/ wenn die Seulen ſchon vom Bau der Wolfahrt weichen/ Wer glaubt nicht/ daß hernach das gantze Hauß ſich ſenckt. Und ſolt es moͤglich ſeyn die jenen zu vergeſſen/ Die unſers Lebens Quell und erſter Urſprung ſeyn? Jſt Aaaa
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Leichen-Gedichte.
Gluͤckſeelig/ wer ſich laͤſt des Todes Predigt ruͤhren/
Der wird in GOttes Hand getroͤſtet und erfreut
Es prangt nun Herr Albin in gruͤnen Sieges-Kronen/
Da noch als Prediger der Tod ſein Ampt beſtellt.
Was aber/ Werthſte Frau/ ſoll ihr fuͤr Troſt beywohnen
Nun ihres Hauſes Licht und Sonne ſo verfaͤllt?
Jch kan ſie ſonſt zu nichts/ als ihrem Schoͤpffer/ weiſen/
Wer ſihet bey der Zeit der Prieſter Wittwen an?
Doch der/ ſo alles ſchuͤtzt/ und Raben pflegt zu ſpeiſen/
Wird als ein Vater ſeyn ihr allzeit zugethan.
Bey Beerdigung Fr. M. v. R. g. V. den 24.
Octobr. 1678.
HOch-Adeliches Hauß/ wie? ſollen Wermuts-Straͤuche
Und blaſſes Eppich-Kraut bekleiden Schwell und
Thuͤr?
Vergnuͤget ſich der Tod nicht mit des Vatern Leiche/
Der unſer Neſtor war des gantzen Landes Zier?
Ach nein! eh als das Jahr hat ſeinen Lauff vollzogen
Der Sonnen guͤldnes Rad den Thier-Kreißdurchgerannt/
So ſpannt der grim’ge Tod ſchon abermal den Bogen
Und legt ach herber Schmertz! die Mutter in den Sand.
Wird euer Roſenfeld zu Bergen voller Myrrhen?
Und deckt Aegypten euch mit einer langen Nacht?
Und trinckt ihr Thraͤnen Saltz aus vollen Angſt-Geſchirren?
Jſt bey ſo vielem Leyd das Hertze nicht verſchmacht?
Steht doch die Welt betruͤbt/ wenn itzt bey kurtzen Tagen
Aurora nicht ſo fruͤh den blauen Himmel mahlt.
Wenn Baͤume/ Wald und Feld ihr Sommer-Kleid beklagen/
Und keine Roſe mehr in Luſt-Gefildern ſtrahlt.
Wenn Wild und Vogel fleucht/ der ſchwartze Himmel weinet/
Und ſich der kalte Nord mit holem Pfeiffen zeigt.
Wenn die verdeckte Sonn kaum aus der Wolck’ erſcheinet/
Und das verlebte Jahr ſich zu der Bahre neigt.
Wie ſolten Kinder nicht bey ihrer Eltern Leichen/
Bejammern den Verluſt/ der ihre Seele kraͤnckt.
Denn/ wenn die Seulen ſchon vom Bau der Wolfahrt weichen/
Wer glaubt nicht/ daß hernach das gantze Hauß ſich ſenckt.
Und ſolt es moͤglich ſeyn die jenen zu vergeſſen/
Die unſers Lebens Quell und erſter Urſprung ſeyn?
Jſt
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