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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Geht täglich ein und fällt darnieder/
Daß weil wir noch auff Erden gehn
Mit einem Fuß im Grabe stehn/
Und schon der Tod durchkreucht die Glieder.
Man gebe was man geben soll/
Der Sterbligkeit den letzten Zoll/
Den itzt sein Schatz hat abgeleget.
Die nach dem Trübsal dieser Zeit
Vor GOttes Antlitz wird erfreut/
Und Lorber-Kräntz und Palmen träget.
Das Leid/ Machaon unsrer Stadt/
So itzt sehr tieff gerissen hat/
Kan doch Gedult und Zeit verbinden
Und wenn sein Himmels-gleicher Geist
Des Lebens satt von hinnen reist/
So wird er sie dort wieder finden.
Der vollkommenste Prediger der Tod/
Bey Beerdigung Hn. C. A. D. zu St. M. M.
den 21. Octobr. 1678. vorgestellet.
E Ntweich/ Ehrwürdiger/ der Tod will itzt auftreten
Und allen Sterblichen die letzte Predigt thun.
Du hast dein Ambt erfüllt mit Lehren/ Singen/ Beten;
Man lasse doch den Leib/ die müden Knochen/ ruhn.
Arbeiter in dem Wort/ Haußhalter derer Güter/
So uns in Ewigkeit aus ihren Schätzen weist/
Du hast genug versorgt den Hunger der Gemüther/
Und mit dem Lebens-Brod die Dürfftigen gespeist.
Du Brunnen Jsraels/ der quell-reich ist geflossen/
Und in viel Bäche sich durch Lehren hat zertheilt:
Du Regen/ der mit Trost ein mattes Hertz begossen/
Und offt verfaultes Fleisch vom Sünden-Brand geheilt:
Die Kirche wird nicht mehr von deiner Stimm erschallen/
Dein Donner schläget nicht in Fels der Hertzen ein.
Es wird kein Feur hinfort von deiner Zunge fallen/
Die Worte werden nicht mit Blitz gefiedert seyn.
Du bist/ als wie die Sonn'/ in deinem Kreiß gelauffen.
Wie ihrer Fackel Licht bestrahlt die gantze Welt:
So
Leichen-Gedichte.
Geht taͤglich ein und faͤllt darnieder/
Daß weil wir noch auff Erden gehn
Mit einem Fuß im Grabe ſtehn/
Und ſchon der Tod durchkreucht die Glieder.
Man gebe was man geben ſoll/
Der Sterbligkeit den letzten Zoll/
Den itzt ſein Schatz hat abgeleget.
Die nach dem Truͤbſal dieſer Zeit
Vor GOttes Antlitz wird erfreut/
Und Lorber-Kraͤntz und Palmen traͤget.
Das Leid/ Machaon unſrer Stadt/
So itzt ſehr tieff geriſſen hat/
Kan doch Gedult und Zeit verbinden
Und wenn ſein Himmels-gleicher Geiſt
Des Lebens ſatt von hinnen reiſt/
So wird er ſie dort wieder finden.
Der vollkommenſte Prediger der Tod/
Bey Beerdigung Hn. C. A. D. zu St. M. M.
den 21. Octobr. 1678. vorgeſtellet.
E Ntweich/ Ehrwuͤrdiger/ der Tod will itzt auftreten
Und allen Sterblichen die letzte Predigt thun.
Du haſt dein Ambt erfuͤllt mit Lehren/ Singen/ Beten;
Man laſſe doch den Leib/ die muͤden Knochen/ ruhn.
Arbeiter in dem Wort/ Haußhalter derer Guͤter/
So uns in Ewigkeit aus ihren Schaͤtzen weiſt/
Du haſt genug verſorgt den Hunger der Gemuͤther/
Und mit dem Lebens-Brod die Duͤrfftigen geſpeiſt.
Du Brunnen Jſraels/ der quell-reich iſt gefloſſen/
Und in viel Baͤche ſich durch Lehren hat zertheilt:
Du Regen/ der mit Troſt ein mattes Hertz begoſſen/
Und offt verfaultes Fleiſch vom Suͤnden-Brand geheilt:
Die Kirche wird nicht mehr von deiner Stimm erſchallen/
Dein Donner ſchlaͤget nicht in Fels der Hertzen ein.
Es wird kein Feur hinfort von deiner Zunge fallen/
Die Worte werden nicht mit Blitz gefiedert ſeyn.
Du biſt/ als wie die Sonn’/ in deinem Kreiß gelauffen.
Wie ihrer Fackel Licht beſtrahlt die gantze Welt:
So
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[366/0598] Leichen-Gedichte. Geht taͤglich ein und faͤllt darnieder/ Daß weil wir noch auff Erden gehn Mit einem Fuß im Grabe ſtehn/ Und ſchon der Tod durchkreucht die Glieder. Man gebe was man geben ſoll/ Der Sterbligkeit den letzten Zoll/ Den itzt ſein Schatz hat abgeleget. Die nach dem Truͤbſal dieſer Zeit Vor GOttes Antlitz wird erfreut/ Und Lorber-Kraͤntz und Palmen traͤget. Das Leid/ Machaon unſrer Stadt/ So itzt ſehr tieff geriſſen hat/ Kan doch Gedult und Zeit verbinden Und wenn ſein Himmels-gleicher Geiſt Des Lebens ſatt von hinnen reiſt/ So wird er ſie dort wieder finden. Der vollkommenſte Prediger der Tod/ Bey Beerdigung Hn. C. A. D. zu St. M. M. den 21. Octobr. 1678. vorgeſtellet. E Ntweich/ Ehrwuͤrdiger/ der Tod will itzt auftreten Und allen Sterblichen die letzte Predigt thun. Du haſt dein Ambt erfuͤllt mit Lehren/ Singen/ Beten; Man laſſe doch den Leib/ die muͤden Knochen/ ruhn. Arbeiter in dem Wort/ Haußhalter derer Guͤter/ So uns in Ewigkeit aus ihren Schaͤtzen weiſt/ Du haſt genug verſorgt den Hunger der Gemuͤther/ Und mit dem Lebens-Brod die Duͤrfftigen geſpeiſt. Du Brunnen Jſraels/ der quell-reich iſt gefloſſen/ Und in viel Baͤche ſich durch Lehren hat zertheilt: Du Regen/ der mit Troſt ein mattes Hertz begoſſen/ Und offt verfaultes Fleiſch vom Suͤnden-Brand geheilt: Die Kirche wird nicht mehr von deiner Stimm erſchallen/ Dein Donner ſchlaͤget nicht in Fels der Hertzen ein. Es wird kein Feur hinfort von deiner Zunge fallen/ Die Worte werden nicht mit Blitz gefiedert ſeyn. Du biſt/ als wie die Sonn’/ in deinem Kreiß gelauffen. Wie ihrer Fackel Licht beſtrahlt die gantze Welt: So

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/598>, abgerufen am 24.07.2024.