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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Hygea seufftzet in dem Haus/
Ziehrt nicht den Rock mit Blumen aus/
Füllt den Gesundheits-Kelch mit Thränen;
Und Flora die von jedem Kraut/
Jhm Geist und Seele hat vertraut/
Entdeckt zugleich ihr bittres Sehnen.
Zudem/ Erhalter der Natur/
Wil seine sonst bewehrte Cur
Bestürtzt den Fuß zurücke ziehen;
Dem Tode/ den er offt bekämpfft/
Und durch Verstand und Kunst gedämpfft/
Kan nun die Liebste nicht entfliehen.
Sein Schmertzen ist nur allzugroß/
Und könt auch wol ein härter Stoß
Jhm durch Gebein und Adern dringen?
Ja solt auch wol ein schwerer Leid
Jhm machen mehr Empfindligkeit/
Als dieser Trauer-Fall kan bringen?
Es hat der Monden kaum zweymal
Verändert seine Farb und Stral/
Daß er den Bruder hat begraben;
Den Bruder/ Sions Ruhm und Zier/
Der wenig seines gleichen hier
Auch lange Zeit darnach wird haben.
Der noch bey der Gelehrten Welt
Diß unverfälschte Lob behält/
Daß er ein Kirchen-Stern gewesen/
Der seiner Sinnen edles Pfand
Durch Schrifften hat gemacht bekand/
Die würdig von der Welt zulesen.
Wie war ihm/ Werthster/ da zu muth?
Schwamm nicht sein gantzes Hertz im Blut?
Schwand nicht sein Trost in diesem Leben?
Es preßte Frembden Thränen aus
Wie sie die Brüder in dem Haus
Einander sahen Abschied geben.
Die Wunden sind noch nicht geheilt/
Als schon ein neuer Jammer eilt
Den Wellen gleich auff ihn zuschlagen/
Als schon ein ander Hertzens-Stoß
Jhn
Leichen-Gedichte.
Hygea ſeufftzet in dem Haus/
Ziehrt nicht den Rock mit Blumen aus/
Fuͤllt den Geſundheits-Kelch mit Thraͤnen;
Und Flora die von jedem Kraut/
Jhm Geiſt und Seele hat vertraut/
Entdeckt zugleich ihr bittres Sehnen.
Zudem/ Erhalter der Natur/
Wil ſeine ſonſt bewehrte Cur
Beſtuͤrtzt den Fuß zuruͤcke ziehen;
Dem Tode/ den er offt bekaͤmpfft/
Und durch Verſtand und Kunſt gedaͤmpfft/
Kan nun die Liebſte nicht entfliehen.
Sein Schmertzen iſt nur allzugroß/
Und koͤnt auch wol ein haͤrter Stoß
Jhm durch Gebein und Adern dringen?
Ja ſolt auch wol ein ſchwerer Leid
Jhm machen mehr Empfindligkeit/
Als dieſer Trauer-Fall kan bringen?
Es hat der Monden kaum zweymal
Veraͤndert ſeine Farb und Stral/
Daß er den Bruder hat begraben;
Den Bruder/ Sions Ruhm und Zier/
Der wenig ſeines gleichen hier
Auch lange Zeit darnach wird haben.
Der noch bey der Gelehrten Welt
Diß unverfaͤlſchte Lob behaͤlt/
Daß er ein Kirchen-Stern geweſen/
Der ſeiner Sinnen edles Pfand
Durch Schrifften hat gemacht bekand/
Die wuͤrdig von der Welt zuleſen.
Wie war ihm/ Werthſter/ da zu muth?
Schwamm nicht ſein gantzes Hertz im Blut?
Schwand nicht ſein Troſt in dieſem Leben?
Es preßte Frembden Thraͤnen aus
Wie ſie die Bruͤder in dem Haus
Einander ſahen Abſchied geben.
Die Wunden ſind noch nicht geheilt/
Als ſchon ein neuer Jammer eilt
Den Wellen gleich auff ihn zuſchlagen/
Als ſchon ein ander Hertzens-Stoß
Jhn
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[364/0596] Leichen-Gedichte. Hygea ſeufftzet in dem Haus/ Ziehrt nicht den Rock mit Blumen aus/ Fuͤllt den Geſundheits-Kelch mit Thraͤnen; Und Flora die von jedem Kraut/ Jhm Geiſt und Seele hat vertraut/ Entdeckt zugleich ihr bittres Sehnen. Zudem/ Erhalter der Natur/ Wil ſeine ſonſt bewehrte Cur Beſtuͤrtzt den Fuß zuruͤcke ziehen; Dem Tode/ den er offt bekaͤmpfft/ Und durch Verſtand und Kunſt gedaͤmpfft/ Kan nun die Liebſte nicht entfliehen. Sein Schmertzen iſt nur allzugroß/ Und koͤnt auch wol ein haͤrter Stoß Jhm durch Gebein und Adern dringen? Ja ſolt auch wol ein ſchwerer Leid Jhm machen mehr Empfindligkeit/ Als dieſer Trauer-Fall kan bringen? Es hat der Monden kaum zweymal Veraͤndert ſeine Farb und Stral/ Daß er den Bruder hat begraben; Den Bruder/ Sions Ruhm und Zier/ Der wenig ſeines gleichen hier Auch lange Zeit darnach wird haben. Der noch bey der Gelehrten Welt Diß unverfaͤlſchte Lob behaͤlt/ Daß er ein Kirchen-Stern geweſen/ Der ſeiner Sinnen edles Pfand Durch Schrifften hat gemacht bekand/ Die wuͤrdig von der Welt zuleſen. Wie war ihm/ Werthſter/ da zu muth? Schwamm nicht ſein gantzes Hertz im Blut? Schwand nicht ſein Troſt in dieſem Leben? Es preßte Frembden Thraͤnen aus Wie ſie die Bruͤder in dem Haus Einander ſahen Abſchied geben. Die Wunden ſind noch nicht geheilt/ Als ſchon ein neuer Jammer eilt Den Wellen gleich auff ihn zuſchlagen/ Als ſchon ein ander Hertzens-Stoß Jhn

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/596>, abgerufen am 22.11.2024.