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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Damit nicht ihrem Christenthum
Was mangle von dem wahren Ruhm.
Gönnt man den jenigen/ so böse Wege reisen/
Wenn grausam Wetter ist/ wenn es gefreurt und schneyt/
Daß sie bey später Nacht ein süsser Schlaff erfreut.
So wird sie noch vielmehr die Ruh dem Liebsten gönnen
Als der nach sechs und zwantzig Jahr
Erlittnen Reisen und Gefahr
Sein letztes Schlaffgemach im Grabe finden können.
Nun sieht er keine Meß und andre Jahrmarckt Zeit
Denn Gott ist sein Gewinn/ sein Wucher Ewigkeit.
Herr Vogel der sich jetzt ins Paradiß geschwungen
Und wie die Manucodiat
Nur aus dem Himmel Nahrung hat
Dem ist sein gantzer Zug und Reise-Flug gelungen.
O seelig wer so klug dem Tode kan entfliehn!
Den wird sein listig Garn und Netze nicht beziehn!
Trauer-Ode/
An Hn. D. F. O. M. P. V. bey Beerdigung
seiner Eheliebsten/ Fr. A. O. g. K. den 16.
Octobr. 1678.
HOchwerther Freund/ der Musen Zier/
Berühmter Artzt und Podalier
Muß itzt sein Lorber-Baum erblassen?
Der Baum der sonst den Blitz verlacht/
Den/ wenn der Donner gleich erkracht/
Doch nicht mit seinem Keil kan fassen.
Verwelckt sein immer-grünes Haar
Das seine schönste Zierath war/
Und ihm viel Kronen hat gewunden?
Stehn seine Zweige sonder Frucht/
Und hat der Nymfen zarte Zucht/
Sich nicht bey ihm mehr eingefunden?
Ach ja selbst Phöbus ist betrübt/
Beklagt den Baum den er geliebt/
Weil er verwandelt in Cypressen/
Es ist jetzt Wermuth hingepflantzt/
Wo vor die Gratien getantzt/
Und wo der Musen Volck gesessen.
Hygea
Leichen-Gedichte.
Damit nicht ihrem Chriſtenthum
Was mangle von dem wahren Ruhm.
Goͤnnt man den jenigen/ ſo boͤſe Wege reiſen/
Wenn grauſam Wetter iſt/ wenn es gefreurt und ſchneyt/
Daß ſie bey ſpaͤter Nacht ein ſuͤſſer Schlaff erfreut.
So wird ſie noch vielmehr die Ruh dem Liebſten goͤnnen
Als der nach ſechs und zwantzig Jahr
Erlittnen Reiſen und Gefahr
Sein letztes Schlaffgemach im Grabe finden koͤnnen.
Nun ſieht er keine Meß und andre Jahrmarckt Zeit
Denn Gott iſt ſein Gewinn/ ſein Wucher Ewigkeit.
Herr Vogel der ſich jetzt ins Paradiß geſchwungen
Und wie die Manucodiat
Nur aus dem Himmel Nahrung hat
Dem iſt ſein gantzer Zug und Reiſe-Flug gelungen.
O ſeelig wer ſo klug dem Tode kan entfliehn!
Den wird ſein liſtig Garn und Netze nicht beziehn!
Trauer-Ode/
An Hn. D. F. O. M. P. V. bey Beerdigung
ſeiner Eheliebſten/ Fr. A. O. g. K. den 16.
Octobr. 1678.
HOchwerther Freund/ der Muſen Zier/
Beruͤhmter Artzt und Podalier
Muß itzt ſein Lorber-Baum erblaſſen?
Der Baum der ſonſt den Blitz verlacht/
Den/ wenn der Donner gleich erkracht/
Doch nicht mit ſeinem Keil kan faſſen.
Verwelckt ſein immer-gruͤnes Haar
Das ſeine ſchoͤnſte Zierath war/
Und ihm viel Kronen hat gewunden?
Stehn ſeine Zweige ſonder Frucht/
Und hat der Nymfen zarte Zucht/
Sich nicht bey ihm mehr eingefunden?
Ach ja ſelbſt Phoͤbus iſt betruͤbt/
Beklagt den Baum den er geliebt/
Weil er verwandelt in Cypreſſen/
Es iſt jetzt Wermuth hingepflantzt/
Wo vor die Gratien getantzt/
Und wo der Muſen Volck geſeſſen.
Hygea
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[363/0595] Leichen-Gedichte. Damit nicht ihrem Chriſtenthum Was mangle von dem wahren Ruhm. Goͤnnt man den jenigen/ ſo boͤſe Wege reiſen/ Wenn grauſam Wetter iſt/ wenn es gefreurt und ſchneyt/ Daß ſie bey ſpaͤter Nacht ein ſuͤſſer Schlaff erfreut. So wird ſie noch vielmehr die Ruh dem Liebſten goͤnnen Als der nach ſechs und zwantzig Jahr Erlittnen Reiſen und Gefahr Sein letztes Schlaffgemach im Grabe finden koͤnnen. Nun ſieht er keine Meß und andre Jahrmarckt Zeit Denn Gott iſt ſein Gewinn/ ſein Wucher Ewigkeit. Herr Vogel der ſich jetzt ins Paradiß geſchwungen Und wie die Manucodiat Nur aus dem Himmel Nahrung hat Dem iſt ſein gantzer Zug und Reiſe-Flug gelungen. O ſeelig wer ſo klug dem Tode kan entfliehn! Den wird ſein liſtig Garn und Netze nicht beziehn! Trauer-Ode/ An Hn. D. F. O. M. P. V. bey Beerdigung ſeiner Eheliebſten/ Fr. A. O. g. K. den 16. Octobr. 1678. HOchwerther Freund/ der Muſen Zier/ Beruͤhmter Artzt und Podalier Muß itzt ſein Lorber-Baum erblaſſen? Der Baum der ſonſt den Blitz verlacht/ Den/ wenn der Donner gleich erkracht/ Doch nicht mit ſeinem Keil kan faſſen. Verwelckt ſein immer-gruͤnes Haar Das ſeine ſchoͤnſte Zierath war/ Und ihm viel Kronen hat gewunden? Stehn ſeine Zweige ſonder Frucht/ Und hat der Nymfen zarte Zucht/ Sich nicht bey ihm mehr eingefunden? Ach ja ſelbſt Phoͤbus iſt betruͤbt/ Beklagt den Baum den er geliebt/ Weil er verwandelt in Cypreſſen/ Es iſt jetzt Wermuth hingepflantzt/ Wo vor die Gratien getantzt/ Und wo der Muſen Volck geſeſſen. Hygea

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/595>, abgerufen am 24.07.2024.