Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Und die man seinem Grab geschencketGiebt dir die Unverwesenheit. 7. Dein Freund ist reiner als die LilgenAls Hyacinth und Tausendschön. Er will die Flecken dir vertilgen Du solst ihm Lilgen-gleiche gehn. An Reinigkeit in deinem Glauben Der Sitten unbeflecktem Schnee; Du bist ein Safft auß seinen Trauben Und Blume von der Sarons Höh'. 8. Erwege was er hat gelitten/Er leidet Schmach und läst dir Ruhm. Du siegest und er hat gestritten/ Dein Herr räumt dir sein Eigenthum. Er wird zerrissen/ du vereinet/ Er wird ein Schatten/ du das Licht. Er ist der dürfftig hier erscheinet/ Auf daß dir dorte nichts gebricht. 9. Er trägt die Schmach/ du prangst in Cronen/Er schlingt Verachtungs-Speichel ein/ Daß Ruhm und Ehren umb dich wohnen Wird Knecht/ auf daß du frey kanst seyn Er neigt das Haupt/ das du erhöhet Als Fürstin gehst ins Himmel-Schloß. Unseelig wer itzt nicht verstehet/ Wie seine Liebe wunder-groß! 10. Die Myrrhen hastu nun gelesenWie bistu doch so schon und reich/ Gesetzt auch/ daß itzt dein Verwesen Die treuste Mutter machet bleich. So ist doch dein Geruch der Tugend Ein Myrrhen der GOtt wolgefällt. Drumb hat er deiner zarten Jugend So einen frühen Tod bestellt. 11. Be-
Leichen-Gedichte. Und die man ſeinem Grab geſchencketGiebt dir die Unverweſenheit. 7. Dein Freund iſt reiner als die LilgenAls Hyacinth und Tauſendſchoͤn. Er will die Flecken dir vertilgen Du ſolſt ihm Lilgen-gleiche gehn. An Reinigkeit in deinem Glauben Der Sitten unbeflecktem Schnee; Du biſt ein Safft auß ſeinen Trauben Und Blume von der Sarons Hoͤh’. 8. Erwege was er hat gelitten/Er leidet Schmach und laͤſt dir Ruhm. Du ſiegeſt und er hat geſtritten/ Dein Herr raͤumt dir ſein Eigenthum. Er wird zerriſſen/ du vereinet/ Er wird ein Schatten/ du das Licht. Er iſt der duͤrfftig hier erſcheinet/ Auf daß dir dorte nichts gebricht. 9. Er traͤgt die Schmach/ du prangſt in Cronen/Er ſchlingt Verachtungs-Speichel ein/ Daß Ruhm und Ehren umb dich wohnen Wird Knecht/ auf daß du frey kanſt ſeyn Er neigt das Haupt/ das du erhoͤhet Als Fuͤrſtin gehſt ins Himmel-Schloß. Unſeelig wer itzt nicht verſtehet/ Wie ſeine Liebe wunder-groß! 10. Die Myrrhen haſtu nun geleſenWie biſtu doch ſo ſchon und reich/ Geſetzt auch/ daß itzt dein Verweſen Die treuſte Mutter machet bleich. So iſt doch dein Geruch der Tugend Ein Myrrhen der GOtt wolgefaͤllt. Drumb hat er deiner zarten Jugend So einen fruͤhen Tod beſtellt. 11. Be-
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Leichen-Gedichte.
Und die man ſeinem Grab geſchencket
Giebt dir die Unverweſenheit.
7.
Dein Freund iſt reiner als die Lilgen
Als Hyacinth und Tauſendſchoͤn.
Er will die Flecken dir vertilgen
Du ſolſt ihm Lilgen-gleiche gehn.
An Reinigkeit in deinem Glauben
Der Sitten unbeflecktem Schnee;
Du biſt ein Safft auß ſeinen Trauben
Und Blume von der Sarons Hoͤh’.
8.
Erwege was er hat gelitten/
Er leidet Schmach und laͤſt dir Ruhm.
Du ſiegeſt und er hat geſtritten/
Dein Herr raͤumt dir ſein Eigenthum.
Er wird zerriſſen/ du vereinet/
Er wird ein Schatten/ du das Licht.
Er iſt der duͤrfftig hier erſcheinet/
Auf daß dir dorte nichts gebricht.
9.
Er traͤgt die Schmach/ du prangſt in Cronen/
Er ſchlingt Verachtungs-Speichel ein/
Daß Ruhm und Ehren umb dich wohnen
Wird Knecht/ auf daß du frey kanſt ſeyn
Er neigt das Haupt/ das du erhoͤhet
Als Fuͤrſtin gehſt ins Himmel-Schloß.
Unſeelig wer itzt nicht verſtehet/
Wie ſeine Liebe wunder-groß!
10.
Die Myrrhen haſtu nun geleſen
Wie biſtu doch ſo ſchon und reich/
Geſetzt auch/ daß itzt dein Verweſen
Die treuſte Mutter machet bleich.
So iſt doch dein Geruch der Tugend
Ein Myrrhen der GOtt wolgefaͤllt.
Drumb hat er deiner zarten Jugend
So einen fruͤhen Tod beſtellt.
11. Be-
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