Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Leichen-Gedichte.
Den Grundstein fest gelegt/ geschlossen recht den Bogen.
Nun ist der Bau vollbracht/ an dem sich das Gelück
Nicht satt verwundern kan/ und schamroth muß gestehen
Daß über seine Macht kan deine Weißheit gehen.
Empfang' Hochseeliger jetzt die besternte Cron/
Du siehest Sonn und Mond zu deinen Füssen liegen/
Und überschwenglich Heil und himmlisches Vergnügen
Erhält dein edler Geist zu einem Gnaden-Lohn.
Orion macht dir Raum/ und bey Astraeens Schalen
Solt du ein neuer Stern im höchsten Glantze strahlen.
Der Marmel macht sich weich zu fassen deinen Ruhm.
Wiewol man darff dir nicht Gedächtnüß Tempel bauen/
Man mag der Bürgerschafft ihr treues Hertz anschauen
Da steht dein Ehrenmahl/ der Tugend Eigenthum.
Die schönsten Wercke hat der Zeiten Zahn zerrieben/
Was Seelen eingeprägt ist unvergänglich blieben.
Ruh wol in deiner Grufft O Vater dieser Stadt!
Es müssen sich daselbst die Palmen hoher Ehren/
Der Cedern Ewigkeit/ des Ruhmes Lorbern mehren/
Ruh und schlaff ewig wol des müden Lebens satt.
Es wil der Nachruff dir die schöne Grabschrifft setzen:
Hier liegt der Bürger Haupt/ der Edle Herr von Götzen.
Die sterbende Alcyone
Bey Beerdigung Fr. E. v. S. g. N. den 4.
Julii 1677.
ESließ Alcyone/ die Perle keuscher Frauen/
Mit heissem Seelen-Schmertz den Liebsten von sich hin;
Aus Furcht/ sie würd ihn nun auffewig nicht mehr schauen/
Jhr Hertze schwam in Blut/ gefoltert war ihr Sinn.
Und dennoch blieb der Schluß Ceycis muste scheiden/
Er schwur in Monatsfrist zu fassen sie in Arm.
Wie aber kan ein Mensch doch sein Verhängnüß meiden?
Was über ihn bestimmt/ hemmt kein vergebner Harm.
Er muß durch Schiffbruch nur ins Meeres Schoß verderben/
Wie sehr er widerstrebt/ der Wellen Opffer seyn.
Und
Leichen-Gedichte.
Den Grundſtein feſt gelegt/ geſchloſſen recht den Bogen.
Nun iſt der Bau vollbracht/ an dem ſich das Geluͤck
Nicht ſatt verwundern kan/ und ſchamroth muß geſtehen
Daß uͤber ſeine Macht kan deine Weißheit gehen.
Empfang’ Hochſeeliger jetzt die beſternte Cron/
Du ſieheſt Sonn und Mond zu deinen Fuͤſſen liegen/
Und uͤberſchwenglich Heil und himmliſches Vergnuͤgen
Erhaͤlt dein edler Geiſt zu einem Gnaden-Lohn.
Orion macht dir Raum/ und bey Aſtræens Schalen
Solt du ein neuer Stern im hoͤchſten Glantze ſtrahlen.
Der Marmel macht ſich weich zu faſſen deinen Ruhm.
Wiewol man darff dir nicht Gedaͤchtnuͤß Tempel bauen/
Man mag der Buͤrgerſchafft ihr treues Hertz anſchauen
Da ſteht dein Ehrenmahl/ der Tugend Eigenthum.
Die ſchoͤnſten Wercke hat der Zeiten Zahn zerrieben/
Was Seelen eingepraͤgt iſt unvergaͤnglich blieben.
Ruh wol in deiner Grufft O Vater dieſer Stadt!
Es muͤſſen ſich daſelbſt die Palmen hoher Ehren/
Der Cedern Ewigkeit/ des Ruhmes Lorbern mehren/
Ruh und ſchlaff ewig wol des muͤden Lebens ſatt.
Es wil der Nachruff dir die ſchoͤne Grabſchrifft ſetzen:
Hier liegt der Buͤrger Haupt/ der Edle Herr von Goͤtzen.
Die ſterbende Alcyone
Bey Beerdigung Fr. E. v. S. g. N. den 4.
Julii 1677.
ESließ Alcyone/ die Perle keuſcher Frauen/
Mit heiſſem Seelen-Schmertz den Liebſten von ſich hin;
Aus Furcht/ ſie wuͤrd ihn nun auffewig nicht mehr ſchauen/
Jhr Hertze ſchwam in Blut/ gefoltert war ihr Sinn.
Und dennoch blieb der Schluß Ceycis muſte ſcheiden/
Er ſchwur in Monatsfriſt zu faſſen ſie in Arm.
Wie aber kan ein Menſch doch ſein Verhaͤngnuͤß meiden?
Was uͤber ihn beſtimmt/ hemmt kein vergebner Harm.
Er muß durch Schiffbruch nur ins Meeres Schoß verderben/
Wie ſehr er widerſtrebt/ der Wellen Opffer ſeyn.
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0528" n="296"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Den Grund&#x017F;tein fe&#x017F;t gelegt/ ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en recht den Bogen.</l><lb/>
          <l>Nun i&#x017F;t der Bau vollbracht/ an dem &#x017F;ich das Gelu&#x0364;ck</l><lb/>
          <l>Nicht &#x017F;att verwundern kan/ und &#x017F;chamroth muß ge&#x017F;tehen</l><lb/>
          <l>Daß u&#x0364;ber &#x017F;eine Macht kan deine Weißheit gehen.</l><lb/>
          <l>Empfang&#x2019; <hi rendition="#fr">Hoch&#x017F;eeliger</hi> jetzt die be&#x017F;ternte Cron/</l><lb/>
          <l>Du &#x017F;iehe&#x017F;t Sonn und Mond zu deinen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en liegen/</l><lb/>
          <l>Und u&#x0364;ber&#x017F;chwenglich Heil und himmli&#x017F;ches Vergnu&#x0364;gen</l><lb/>
          <l>Erha&#x0364;lt dein edler Gei&#x017F;t zu einem Gnaden-Lohn.</l><lb/>
          <l>Orion macht dir Raum/ und bey A&#x017F;tr<hi rendition="#aq">æ</hi>ens Schalen</l><lb/>
          <l>Solt du ein neuer Stern im ho&#x0364;ch&#x017F;ten Glantze &#x017F;trahlen.</l><lb/>
          <l>Der Marmel macht &#x017F;ich weich zu fa&#x017F;&#x017F;en deinen Ruhm.</l><lb/>
          <l>Wiewol man darff dir nicht Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß Tempel bauen/</l><lb/>
          <l>Man mag der Bu&#x0364;rger&#x017F;chafft ihr treues Hertz an&#x017F;chauen</l><lb/>
          <l>Da &#x017F;teht dein Ehrenmahl/ der Tugend Eigenthum.</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Wercke hat der Zeiten Zahn zerrieben/</l><lb/>
          <l>Was Seelen eingepra&#x0364;gt i&#x017F;t unverga&#x0364;nglich blieben.</l><lb/>
          <l>Ruh wol in deiner Grufft O <hi rendition="#fr">Vater die&#x017F;er Stadt!</hi></l><lb/>
          <l>Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich da&#x017F;elb&#x017F;t die Palmen hoher Ehren/</l><lb/>
          <l>Der Cedern Ewigkeit/ des Ruhmes Lorbern mehren/</l><lb/>
          <l>Ruh und &#x017F;chlaff ewig wol des mu&#x0364;den Lebens &#x017F;att.</l><lb/>
          <l>Es wil der Nachruff dir die &#x017F;cho&#x0364;ne Grab&#x017F;chrifft &#x017F;etzen:</l><lb/>
          <l>Hier liegt der Bu&#x0364;rger Haupt/ der Edle <hi rendition="#fr">Herr von Go&#x0364;tzen.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#c">Die &#x017F;terbende Alcyone<lb/><hi rendition="#fr">Bey Beerdigung Fr. E. v. S. g. N. den</hi> 4.<lb/>
Julii 1677.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">E</hi>Sließ Alcyone/ die Perle keu&#x017F;cher Frauen/</l><lb/>
          <l>Mit hei&#x017F;&#x017F;em Seelen-Schmertz den Lieb&#x017F;ten von &#x017F;ich hin;</l><lb/>
          <l>Aus Furcht/ &#x017F;ie wu&#x0364;rd ihn nun auffewig nicht mehr &#x017F;chauen/</l><lb/>
          <l>Jhr Hertze &#x017F;chwam in Blut/ gefoltert war ihr Sinn.</l><lb/>
          <l>Und dennoch blieb der Schluß Ceycis mu&#x017F;te &#x017F;cheiden/</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;chwur in Monatsfri&#x017F;t zu fa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie in Arm.</l><lb/>
          <l>Wie aber kan ein Men&#x017F;ch doch &#x017F;ein Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß meiden?</l><lb/>
          <l>Was u&#x0364;ber ihn be&#x017F;timmt/ hemmt kein vergebner Harm.</l><lb/>
          <l>Er muß durch Schiffbruch nur ins Meeres Schoß verderben/</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;ehr er wider&#x017F;trebt/ der Wellen Opffer &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0528] Leichen-Gedichte. Den Grundſtein feſt gelegt/ geſchloſſen recht den Bogen. Nun iſt der Bau vollbracht/ an dem ſich das Geluͤck Nicht ſatt verwundern kan/ und ſchamroth muß geſtehen Daß uͤber ſeine Macht kan deine Weißheit gehen. Empfang’ Hochſeeliger jetzt die beſternte Cron/ Du ſieheſt Sonn und Mond zu deinen Fuͤſſen liegen/ Und uͤberſchwenglich Heil und himmliſches Vergnuͤgen Erhaͤlt dein edler Geiſt zu einem Gnaden-Lohn. Orion macht dir Raum/ und bey Aſtræens Schalen Solt du ein neuer Stern im hoͤchſten Glantze ſtrahlen. Der Marmel macht ſich weich zu faſſen deinen Ruhm. Wiewol man darff dir nicht Gedaͤchtnuͤß Tempel bauen/ Man mag der Buͤrgerſchafft ihr treues Hertz anſchauen Da ſteht dein Ehrenmahl/ der Tugend Eigenthum. Die ſchoͤnſten Wercke hat der Zeiten Zahn zerrieben/ Was Seelen eingepraͤgt iſt unvergaͤnglich blieben. Ruh wol in deiner Grufft O Vater dieſer Stadt! Es muͤſſen ſich daſelbſt die Palmen hoher Ehren/ Der Cedern Ewigkeit/ des Ruhmes Lorbern mehren/ Ruh und ſchlaff ewig wol des muͤden Lebens ſatt. Es wil der Nachruff dir die ſchoͤne Grabſchrifft ſetzen: Hier liegt der Buͤrger Haupt/ der Edle Herr von Goͤtzen. Die ſterbende Alcyone Bey Beerdigung Fr. E. v. S. g. N. den 4. Julii 1677. ESließ Alcyone/ die Perle keuſcher Frauen/ Mit heiſſem Seelen-Schmertz den Liebſten von ſich hin; Aus Furcht/ ſie wuͤrd ihn nun auffewig nicht mehr ſchauen/ Jhr Hertze ſchwam in Blut/ gefoltert war ihr Sinn. Und dennoch blieb der Schluß Ceycis muſte ſcheiden/ Er ſchwur in Monatsfriſt zu faſſen ſie in Arm. Wie aber kan ein Menſch doch ſein Verhaͤngnuͤß meiden? Was uͤber ihn beſtimmt/ hemmt kein vergebner Harm. Er muß durch Schiffbruch nur ins Meeres Schoß verderben/ Wie ſehr er widerſtrebt/ der Wellen Opffer ſeyn. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/528
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/528>, abgerufen am 22.11.2024.