Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

Leichen-Gedichte.
Und für der Lüffte strengem blasen
Nichts weiter mehr zum Wachsthum kömmt:
So blüht doch eure Amaranthe/
Das wunder-holde Tausendschön/
Und wird/ des Himmels Anverwandte/
Dort unter Cherubinen stehn/

3.
Die Vor-Welt hat ihr zugeschrieben/
Daß ihre Pracht unsterblich sey.
Wenn nichts von Blumen übrig blieben/
Krönt ihren Strauch ein ewig May.
Es weichen ihr die bunten Nelcken/
Der Tulpen Sammt/ der Lilgen Schnee.
Wenn diese fangen an zu welcken/
Steigt ihre Blume in die Höh.
4.
Es mag ein tieffer Schnee sie decken/
Sie blühet unter Frost und Eiß.
Der Hundsstern kan sie nicht erschrecken/
Jhr macht des Sommers Gluth nicht heiß.
Egypten hat sie hoch geschätzet/
Und von der Blumen Liebligkeit
Den Alten Kronen auffgesetzet/
Zum Zeichen der gesunden Zeit.
5.
Sagt Nymfen ob des Lebens Grüne
Und Anmuth von der Seel'gen weicht?
Ob die verschwesterte Justine
Sich nicht den Amaranthen gleicht?
Wir sehen sie zwar hier erblassen/
Doch nur zu größrer Herrligkeit:
Denn sie wird dort ein Glantz umbfassen/
Der edlen Steinen Kampf anbeut.
6.
Die Augen/ so jetzund versincken/
Verklärt ein Diamanten Licht.
Sie sollen wie die Sterne blincken
Und schauen GOttes Angesicht.
Denckt nicht daß die Gestalt verfallen/
Noch daß die Wangen sich gebleicht;
Weil
S s s 4

Leichen-Gedichte.
Und fuͤr der Luͤffte ſtrengem blaſen
Nichts weiter mehr zum Wachsthum koͤmmt:
So bluͤht doch eure Amaranthe/
Das wunder-holde Tauſendſchoͤn/
Und wird/ des Himmels Anverwandte/
Dort unter Cherubinen ſtehn/

3.
Die Vor-Welt hat ihr zugeſchrieben/
Daß ihre Pracht unſterblich ſey.
Wenn nichts von Blumen uͤbrig blieben/
Kroͤnt ihren Strauch ein ewig May.
Es weichen ihr die bunten Nelcken/
Der Tulpen Sammt/ der Lilgen Schnee.
Wenn dieſe fangen an zu welcken/
Steigt ihre Blume in die Hoͤh.
4.
Es mag ein tieffer Schnee ſie decken/
Sie bluͤhet unter Froſt und Eiß.
Der Hundsſtern kan ſie nicht erſchrecken/
Jhr macht des Sommers Gluth nicht heiß.
Egypten hat ſie hoch geſchaͤtzet/
Und von der Blumen Liebligkeit
Den Alten Kronen auffgeſetzet/
Zum Zeichen der geſunden Zeit.
5.
Sagt Nymfen ob des Lebens Gruͤne
Und Anmuth von der Seel’gen weicht?
Ob die verſchweſterte Juſtine
Sich nicht den Amaranthen gleicht?
Wir ſehen ſie zwar hier erblaſſen/
Doch nur zu groͤßrer Herrligkeit:
Denn ſie wird dort ein Glantz umbfaſſen/
Der edlen Steinen Kampf anbeut.
6.
Die Augen/ ſo jetzund verſincken/
Verklaͤrt ein Diamanten Licht.
Sie ſollen wie die Sterne blincken
Und ſchauen GOttes Angeſicht.
Denckt nicht daß die Geſtalt verfallen/
Noch daß die Wangen ſich gebleicht;
Weil
S ſ ſ 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="2">
            <pb facs="#f0511" n="279"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Und fu&#x0364;r der Lu&#x0364;ffte &#x017F;trengem bla&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Nichts weiter mehr zum Wachsthum ko&#x0364;mmt:</l><lb/>
            <l>So blu&#x0364;ht doch eure Amaranthe/</l><lb/>
            <l>Das wunder-holde Tau&#x017F;end&#x017F;cho&#x0364;n/</l><lb/>
            <l>Und wird/ des Himmels Anverwandte/</l><lb/>
            <l>Dort unter Cherubinen &#x017F;tehn/</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head><lb/>
            <l>Die Vor-Welt hat ihr zuge&#x017F;chrieben/</l><lb/>
            <l>Daß ihre Pracht un&#x017F;terblich &#x017F;ey.</l><lb/>
            <l>Wenn nichts von Blumen u&#x0364;brig blieben/</l><lb/>
            <l>Kro&#x0364;nt ihren Strauch ein ewig May.</l><lb/>
            <l>Es weichen ihr die bunten Nelcken/</l><lb/>
            <l>Der Tulpen Sammt/ der Lilgen Schnee.</l><lb/>
            <l>Wenn die&#x017F;e fangen an zu welcken/</l><lb/>
            <l>Steigt ihre Blume in die Ho&#x0364;h.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <head> <hi rendition="#c">4.</hi> </head><lb/>
            <l>Es mag ein tieffer Schnee &#x017F;ie decken/</l><lb/>
            <l>Sie blu&#x0364;het unter Fro&#x017F;t und Eiß.</l><lb/>
            <l>Der Hunds&#x017F;tern kan &#x017F;ie nicht er&#x017F;chrecken/</l><lb/>
            <l>Jhr macht des Sommers Gluth nicht heiß.</l><lb/>
            <l>Egypten hat &#x017F;ie hoch ge&#x017F;cha&#x0364;tzet/</l><lb/>
            <l>Und von der Blumen Liebligkeit</l><lb/>
            <l>Den Alten Kronen auffge&#x017F;etzet/</l><lb/>
            <l>Zum Zeichen der ge&#x017F;unden Zeit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <head> <hi rendition="#c">5.</hi> </head><lb/>
            <l>Sagt Nymfen ob des Lebens Gru&#x0364;ne</l><lb/>
            <l>Und Anmuth von der Seel&#x2019;gen weicht?</l><lb/>
            <l>Ob die ver&#x017F;chwe&#x017F;terte <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tine</hi></l><lb/>
            <l>Sich nicht den Amaranthen gleicht?</l><lb/>
            <l>Wir &#x017F;ehen &#x017F;ie zwar hier erbla&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Doch nur zu gro&#x0364;ßrer Herrligkeit:</l><lb/>
            <l>Denn &#x017F;ie wird dort ein Glantz umbfa&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Der edlen Steinen Kampf anbeut.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <head> <hi rendition="#c">6.</hi> </head><lb/>
            <l>Die Augen/ &#x017F;o jetzund ver&#x017F;incken/</l><lb/>
            <l>Verkla&#x0364;rt ein Diamanten Licht.</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;ollen wie die Sterne blincken</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chauen GOttes Ange&#x017F;icht.</l><lb/>
            <l>Denckt nicht daß die Ge&#x017F;talt verfallen/</l><lb/>
            <l>Noch daß die Wangen &#x017F;ich gebleicht;</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">S &#x017F; &#x017F; 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Weil</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0511] Leichen-Gedichte. Und fuͤr der Luͤffte ſtrengem blaſen Nichts weiter mehr zum Wachsthum koͤmmt: So bluͤht doch eure Amaranthe/ Das wunder-holde Tauſendſchoͤn/ Und wird/ des Himmels Anverwandte/ Dort unter Cherubinen ſtehn/ 3. Die Vor-Welt hat ihr zugeſchrieben/ Daß ihre Pracht unſterblich ſey. Wenn nichts von Blumen uͤbrig blieben/ Kroͤnt ihren Strauch ein ewig May. Es weichen ihr die bunten Nelcken/ Der Tulpen Sammt/ der Lilgen Schnee. Wenn dieſe fangen an zu welcken/ Steigt ihre Blume in die Hoͤh. 4. Es mag ein tieffer Schnee ſie decken/ Sie bluͤhet unter Froſt und Eiß. Der Hundsſtern kan ſie nicht erſchrecken/ Jhr macht des Sommers Gluth nicht heiß. Egypten hat ſie hoch geſchaͤtzet/ Und von der Blumen Liebligkeit Den Alten Kronen auffgeſetzet/ Zum Zeichen der geſunden Zeit. 5. Sagt Nymfen ob des Lebens Gruͤne Und Anmuth von der Seel’gen weicht? Ob die verſchweſterte Juſtine Sich nicht den Amaranthen gleicht? Wir ſehen ſie zwar hier erblaſſen/ Doch nur zu groͤßrer Herrligkeit: Denn ſie wird dort ein Glantz umbfaſſen/ Der edlen Steinen Kampf anbeut. 6. Die Augen/ ſo jetzund verſincken/ Verklaͤrt ein Diamanten Licht. Sie ſollen wie die Sterne blincken Und ſchauen GOttes Angeſicht. Denckt nicht daß die Geſtalt verfallen/ Noch daß die Wangen ſich gebleicht; Weil S ſ ſ 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/511
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/511>, abgerufen am 25.11.2024.