Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Jch will/ mein tieffes Leid we hmüthig zu bezeigen/Verwandeln meinen Rock in einen Trauer-Schnee: Nicht eine Blume/ die der Thau bethränt/ soll schweigen/ Daß ihr nicht der Verlust biß an die Wurtzel geh'. Trauer-Ode/ Bey Absterben Fr. E. C. g. R. den 22. Decembr. 1674. 1. WOhl-Edler Herr/ Pirenens Quellen/Der Hippocrenen Silber-fluth/ Des Pindus Lorber-reiche Stellen/ Der Mufen heil'ge Dichter-gluth/ Apollo selbst/ mit Harff und Lauten/ Die würden ihm zu Dienste stehn/ Wenn unter seiner Trauer-Rauten Parnassus Blum-Werck könt' aufgehn. 2. Und solten sie nicht diesen ehren/Der längst zu ihrem hohen Ruhm/ So schöne Lieder lassen hören/ Die Pallas nennt ihr Eigenthum? Der längst ins Buch der Ewigkeiten Durch kluges Schreiben sich gepregt/ Dem opfferten sie Klang und Seiten. Ach würde so sein Leid gelegt! 3. Allein wenn zwey vermählte HertzenDes Todes eisern Arm zerbricht. So wird durch so ergrimmte Schmertzen Fast Geist und Seele hingericht. Wenn dieses Bündnüß muß zergehen Das unaufflößlich schien zu seyn; So bleibet auch kein Held nicht stehen/ Er lässt sich Trauren nehmen ein. 4. Wohl-Edler Herr/ er muß ja klagenNun bey der Jahre grauem Schnee Die
Leichen-Gedichte. Jch will/ mein tieffes Leid we hmuͤthig zu bezeigen/Verwandeln meinen Rock in einen Trauer-Schnee: Nicht eine Blume/ die der Thau bethraͤnt/ ſoll ſchweigen/ Daß ihr nicht der Verluſt biß an die Wurtzel geh’. Trauer-Ode/ Bey Abſterben Fr. E. C. g. R. den 22. Decembr. 1674. 1. WOhl-Edler Herꝛ/ Pirenens Quellen/Der Hippocrenen Silber-fluth/ Des Pindus Lorber-reiche Stellen/ Der Mufen heil’ge Dichter-gluth/ Apollo ſelbſt/ mit Harff und Lauten/ Die wuͤrden ihm zu Dienſte ſtehn/ Wenn unter ſeiner Trauer-Rauten Parnaſſus Blum-Werck koͤnt’ aufgehn. 2. Und ſolten ſie nicht dieſen ehren/Der laͤngſt zu ihrem hohen Ruhm/ So ſchoͤne Lieder laſſen hoͤren/ Die Pallas nennt ihr Eigenthum? Der laͤngſt ins Buch der Ewigkeiten Durch kluges Schreiben ſich gepregt/ Dem opfferten ſie Klang und Seiten. Ach wuͤrde ſo ſein Leid gelegt! 3. Allein wenn zwey vermaͤhlte HertzenDes Todes eiſern Arm zerbricht. So wird durch ſo ergrimmte Schmertzen Faſt Geiſt und Seele hingericht. Wenn dieſes Buͤndnuͤß muß zergehen Das unauffloͤßlich ſchien zu ſeyn; So bleibet auch kein Held nicht ſtehen/ Er laͤſſt ſich Trauren nehmen ein. 4. Wohl-Edler Herr/ er muß ja klagenNun bey der Jahre grauem Schnee Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0424" n="192"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Jch will/ mein tieffes Leid we hmuͤthig zu bezeigen/</l><lb/> <l>Verwandeln meinen Rock in einen Trauer-Schnee:</l><lb/> <l>Nicht eine Blume/ die der Thau bethraͤnt/ ſoll ſchweigen/</l><lb/> <l>Daß ihr nicht der Verluſt biß an die Wurtzel geh’.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c">Trauer-Ode/<lb/><hi rendition="#fr">Bey Abſterben Fr. E. C. g. R. den 22.</hi><lb/> Decembr. 1674.</hi> </head><lb/> <lg n="1"> <head> <hi rendition="#c">1.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">W</hi>Ohl-Edler Herꝛ/ Pirenens Quellen/</l><lb/> <l>Der Hippocrenen Silber-fluth/</l><lb/> <l>Des Pindus Lorber-reiche Stellen/</l><lb/> <l>Der Mufen heil’ge Dichter-gluth/</l><lb/> <l>Apollo ſelbſt/ mit Harff und Lauten/</l><lb/> <l>Die wuͤrden ihm zu Dienſte ſtehn/</l><lb/> <l>Wenn unter ſeiner Trauer-Rauten</l><lb/> <l>Parnaſſus Blum-Werck koͤnt’ aufgehn.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head><lb/> <l>Und ſolten ſie nicht dieſen ehren/</l><lb/> <l>Der laͤngſt zu ihrem hohen Ruhm/</l><lb/> <l>So ſchoͤne Lieder laſſen hoͤren/</l><lb/> <l>Die Pallas nennt ihr Eigenthum?</l><lb/> <l>Der laͤngſt ins Buch der Ewigkeiten</l><lb/> <l>Durch kluges Schreiben ſich gepregt/</l><lb/> <l>Dem opfferten ſie Klang und Seiten.</l><lb/> <l>Ach wuͤrde ſo ſein Leid gelegt!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head><lb/> <l>Allein wenn zwey vermaͤhlte Hertzen</l><lb/> <l>Des Todes eiſern Arm zerbricht.</l><lb/> <l>So wird durch ſo ergrimmte Schmertzen</l><lb/> <l>Faſt Geiſt und Seele hingericht.</l><lb/> <l>Wenn dieſes <hi rendition="#fr">B</hi>uͤndnuͤß muß zergehen</l><lb/> <l>Das unauffloͤßlich ſchien zu ſeyn;</l><lb/> <l>So bleibet auch kein Held nicht ſtehen/</l><lb/> <l>Er laͤſſt ſich Trauren nehmen ein.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <head> <hi rendition="#c">4.</hi> </head><lb/> <l>Wohl-Edler Herr/ er muß ja klagen</l><lb/> <l>Nun bey der Jahre grauem Schnee</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [192/0424]
Leichen-Gedichte.
Jch will/ mein tieffes Leid we hmuͤthig zu bezeigen/
Verwandeln meinen Rock in einen Trauer-Schnee:
Nicht eine Blume/ die der Thau bethraͤnt/ ſoll ſchweigen/
Daß ihr nicht der Verluſt biß an die Wurtzel geh’.
Trauer-Ode/
Bey Abſterben Fr. E. C. g. R. den 22.
Decembr. 1674.
1.
WOhl-Edler Herꝛ/ Pirenens Quellen/
Der Hippocrenen Silber-fluth/
Des Pindus Lorber-reiche Stellen/
Der Mufen heil’ge Dichter-gluth/
Apollo ſelbſt/ mit Harff und Lauten/
Die wuͤrden ihm zu Dienſte ſtehn/
Wenn unter ſeiner Trauer-Rauten
Parnaſſus Blum-Werck koͤnt’ aufgehn.
2.
Und ſolten ſie nicht dieſen ehren/
Der laͤngſt zu ihrem hohen Ruhm/
So ſchoͤne Lieder laſſen hoͤren/
Die Pallas nennt ihr Eigenthum?
Der laͤngſt ins Buch der Ewigkeiten
Durch kluges Schreiben ſich gepregt/
Dem opfferten ſie Klang und Seiten.
Ach wuͤrde ſo ſein Leid gelegt!
3.
Allein wenn zwey vermaͤhlte Hertzen
Des Todes eiſern Arm zerbricht.
So wird durch ſo ergrimmte Schmertzen
Faſt Geiſt und Seele hingericht.
Wenn dieſes Buͤndnuͤß muß zergehen
Das unauffloͤßlich ſchien zu ſeyn;
So bleibet auch kein Held nicht ſtehen/
Er laͤſſt ſich Trauren nehmen ein.
4.
Wohl-Edler Herr/ er muß ja klagen
Nun bey der Jahre grauem Schnee
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |