Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Hochzeit-Gedichte. Mein schönester Adon/ der Außzug meiner Seele/Schleust meine Hoheit ein die ungeheure Höle? Recht/ diese Wüsteney hab' ich mir selbst erwehlt/ Umb mein unendlich Leid und Klagen auszuschütten/ Der Welt durch ein Gebot das Lieben zu verbitten; Und ich/ nach dem Adon den Sternen zugezehlt/ Füg allem Frauen-Volck als Königin zu wissen/ Wenn sie verwittibt sind/ die Werckstadt zuzuschliessen. Hier sollen sie den Rest vollbringen ihrer Zeit/ Der Orden den ich ietzt mit ihnen angefangen Setzt diesen Denckspruch bey: im Grab ist mein Verlangen: Und iede welche mir als Priesterin geweiht/ Sol sich Vestalen gleich einkerckern und verbauen/ Daß sie kein Männer Aug' und Vorwitz an kan schauen. Sie sanck in Ohnmacht hin und schloß den blassen Mund: Das Tropffen-volle Graß schien gieichsam mit zu weinen/ Als/ wie in einem Traum/ zwey Seelen ihr erscheinen/ Die was sie drücken mag/ durch seufftzen machen kund. Es gab ihr Traur-Habit und alles zu verstehen Als wolten sie zugleich in neuen Orden gehen. Jndem schallt durch die Lufft ein fröliches Geschrey: Der Himmel wimmelt gantz von tausend Liebes-Engeln/ Sie werffen aus der Lufft von Ros' und Nelcken Stengeln Auff dieses neue Paar den schönsten Blumen-May/ Und einer den wir sonst den kühnen Braut-Gott nennen Gab sich durch folgen des der Venus zu erkennen. Jch ehre deinen Schluß Beherrscherin der Welt/ Laß/ die mir sind zum Raub durch meine Künste worden/ Jn gleich-gesinnter Treu einschreiten deinen Orden; Und weil die Gleichheit stets die Oberhand behällt/ So wird ein Wittwer sich wol zu der Wittwe schicken/ Was soll dein Einsamkeit sie ferner noch bestricken? Wend't nicht Frau Sommerin den Sommer aller Lust Herr Reuschens Hertze zu/ beut nicht ihr hold Gesichte Jhm treue Neigung an/ der wahren Liebe Früchte? Es kröne sonst der May mit Blumen seine Brust/ Der Sommer reichet uns ein reichlicher Vergnügen Und wird der grünen Zeit mit seiner Krafft obsiegen. Gib/ Liebes-Königin/ dich aus dem wüsten Ort/ Die harte Satzung müß' in Anmuth sich verkehren/ Worzu G g 3
Hochzeit-Gedichte. Mein ſchoͤneſter Adon/ der Außzug meiner Seele/Schleuſt meine Hoheit ein die ungeheure Hoͤle? Recht/ dieſe Wuͤſteney hab’ ich mir ſelbſt erwehlt/ Umb mein unendlich Leid und Klagen auszuſchuͤtten/ Der Welt durch ein Gebot das Lieben zu verbitten; Und ich/ nach dem Adon den Sternen zugezehlt/ Fuͤg allem Frauen-Volck als Koͤnigin zu wiſſen/ Wenn ſie verwittibt ſind/ die Werckſtadt zuzuſchlieſſen. Hier ſollen ſie den Reſt vollbringen ihrer Zeit/ Der Orden den ich ietzt mit ihnen angefangen Setzt dieſen Denckſpruch bey: im Grab iſt mein Verlangen: Und iede welche mir als Prieſterin geweiht/ Sol ſich Veſtalen gleich einkerckern und verbauen/ Daß ſie kein Maͤnner Aug’ und Vorwitz an kan ſchauen. Sie ſanck in Ohnmacht hin und ſchloß den blaſſen Mund: Das Tropffen-volle Graß ſchien gieichſam mit zu weinen/ Als/ wie in einem Traum/ zwey Seelen ihr erſcheinen/ Die was ſie druͤcken mag/ durch ſeufftzen machen kund. Es gab ihr Traur-Habit und alles zu verſtehen Als wolten ſie zugleich in neuen Orden gehen. Jndem ſchallt durch die Lufft ein froͤliches Geſchrey: Der Himmel wimmelt gantz von tauſend Liebes-Engeln/ Sie werffen aus der Lufft von Ros’ und Nelcken Stengeln Auff dieſes neue Paar den ſchoͤnſten Blumen-May/ Und einer den wir ſonſt den kuͤhnen Braut-Gott nennen Gab ſich durch folgen des der Venus zu erkennen. Jch ehre deinen Schluß Beherrſcherin der Welt/ Laß/ die mir ſind zum Raub durch meine Kuͤnſte worden/ Jn gleich-geſinnter Treu einſchreiten deinen Orden; Und weil die Gleichheit ſtets die Oberhand behaͤllt/ So wird ein Wittwer ſich wol zu der Wittwe ſchicken/ Was ſoll dein Einſamkeit ſie ferner noch beſtricken? Wend’t nicht Frau Sommerin den Sommer aller Luſt Herr Reuſchens Hertze zu/ beut nicht ihr hold Geſichte Jhm treue Neigung an/ der wahren Liebe Fruͤchte? Es kroͤne ſonſt der May mit Blumen ſeine Bruſt/ Der Sommer reichet uns ein reichlicher Vergnuͤgen Und wird der gruͤnen Zeit mit ſeiner Krafft obſiegen. Gib/ Liebes-Koͤnigin/ dich aus dem wuͤſten Ort/ Die harte Satzung muͤß’ in Anmuth ſich verkehren/ Worzu G g 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0175" n="101"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Mein ſchoͤneſter Adon/ der Außzug meiner Seele/</l><lb/> <l>Schleuſt meine Hoheit ein die ungeheure Hoͤle?</l><lb/> <l>Recht/ dieſe Wuͤſteney hab’ ich mir ſelbſt erwehlt/</l><lb/> <l>Umb mein unendlich Leid und Klagen auszuſchuͤtten/</l><lb/> <l>Der Welt durch ein Gebot das Lieben zu verbitten;</l><lb/> <l>Und ich/ nach dem Adon den Sternen zugezehlt/</l><lb/> <l>Fuͤg allem Frauen-Volck als Koͤnigin zu wiſſen/</l><lb/> <l>Wenn ſie verwittibt ſind/ die Werckſtadt zuzuſchlieſſen.</l><lb/> <l>Hier ſollen ſie den Reſt vollbringen ihrer Zeit/</l><lb/> <l>Der Orden den ich ietzt mit ihnen angefangen</l><lb/> <l>Setzt dieſen Denckſpruch bey: <hi rendition="#fr">im Grab iſt mein Verlangen:</hi></l><lb/> <l>Und iede welche mir als Prieſterin geweiht/</l><lb/> <l>Sol ſich Veſtalen gleich einkerckern und verbauen/</l><lb/> <l>Daß ſie kein Maͤnner Aug’ und Vorwitz an kan ſchauen.</l><lb/> <l>Sie ſanck in Ohnmacht hin und ſchloß den blaſſen Mund:</l><lb/> <l>Das Tropffen-volle Graß ſchien gieichſam mit zu weinen/</l><lb/> <l>Als/ wie in einem Traum/ zwey Seelen ihr erſcheinen/</l><lb/> <l>Die was ſie druͤcken mag/ durch ſeufftzen machen kund.</l><lb/> <l>Es gab ihr Traur-Habit und alles zu verſtehen</l><lb/> <l>Als wolten ſie zugleich in neuen Orden gehen.</l><lb/> <l>Jndem ſchallt durch die Lufft ein froͤliches Geſchrey:</l><lb/> <l>Der Himmel wimmelt gantz von tauſend Liebes-Engeln/</l><lb/> <l>Sie werffen aus der Lufft von Ros’ und Nelcken Stengeln</l><lb/> <l>Auff dieſes neue Paar den ſchoͤnſten Blumen-May/</l><lb/> <l>Und einer den wir ſonſt den kuͤhnen Braut-Gott nennen</l><lb/> <l>Gab ſich durch folgen des der Venus zu erkennen.</l><lb/> <l>Jch ehre deinen Schluß Beherrſcherin der Welt/</l><lb/> <l>Laß/ die mir ſind zum Raub durch meine Kuͤnſte worden/</l><lb/> <l>Jn gleich-geſinnter Treu einſchreiten deinen Orden;</l><lb/> <l>Und weil die Gleichheit ſtets die Oberhand behaͤllt/</l><lb/> <l>So wird ein Wittwer ſich wol zu der Wittwe ſchicken/</l><lb/> <l>Was ſoll dein Einſamkeit ſie ferner noch beſtricken?</l><lb/> <l>Wend’t nicht <hi rendition="#fr">Frau Sommerin</hi> den Sommer aller Luſt</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Herr Reuſchens</hi> Hertze zu/ beut nicht ihr hold Geſichte</l><lb/> <l>Jhm treue Neigung an/ der wahren Liebe Fruͤchte?</l><lb/> <l>Es kroͤne ſonſt der May mit Blumen ſeine Bruſt/</l><lb/> <l>Der Sommer reichet uns ein reichlicher Vergnuͤgen</l><lb/> <l>Und wird der gruͤnen Zeit mit ſeiner Krafft obſiegen.</l><lb/> <l>Gib/ Liebes-Koͤnigin/ dich aus dem wuͤſten Ort/</l><lb/> <l>Die harte Satzung muͤß’ in Anmuth ſich verkehren/</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">G g 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Worzu</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [101/0175]
Hochzeit-Gedichte.
Mein ſchoͤneſter Adon/ der Außzug meiner Seele/
Schleuſt meine Hoheit ein die ungeheure Hoͤle?
Recht/ dieſe Wuͤſteney hab’ ich mir ſelbſt erwehlt/
Umb mein unendlich Leid und Klagen auszuſchuͤtten/
Der Welt durch ein Gebot das Lieben zu verbitten;
Und ich/ nach dem Adon den Sternen zugezehlt/
Fuͤg allem Frauen-Volck als Koͤnigin zu wiſſen/
Wenn ſie verwittibt ſind/ die Werckſtadt zuzuſchlieſſen.
Hier ſollen ſie den Reſt vollbringen ihrer Zeit/
Der Orden den ich ietzt mit ihnen angefangen
Setzt dieſen Denckſpruch bey: im Grab iſt mein Verlangen:
Und iede welche mir als Prieſterin geweiht/
Sol ſich Veſtalen gleich einkerckern und verbauen/
Daß ſie kein Maͤnner Aug’ und Vorwitz an kan ſchauen.
Sie ſanck in Ohnmacht hin und ſchloß den blaſſen Mund:
Das Tropffen-volle Graß ſchien gieichſam mit zu weinen/
Als/ wie in einem Traum/ zwey Seelen ihr erſcheinen/
Die was ſie druͤcken mag/ durch ſeufftzen machen kund.
Es gab ihr Traur-Habit und alles zu verſtehen
Als wolten ſie zugleich in neuen Orden gehen.
Jndem ſchallt durch die Lufft ein froͤliches Geſchrey:
Der Himmel wimmelt gantz von tauſend Liebes-Engeln/
Sie werffen aus der Lufft von Ros’ und Nelcken Stengeln
Auff dieſes neue Paar den ſchoͤnſten Blumen-May/
Und einer den wir ſonſt den kuͤhnen Braut-Gott nennen
Gab ſich durch folgen des der Venus zu erkennen.
Jch ehre deinen Schluß Beherrſcherin der Welt/
Laß/ die mir ſind zum Raub durch meine Kuͤnſte worden/
Jn gleich-geſinnter Treu einſchreiten deinen Orden;
Und weil die Gleichheit ſtets die Oberhand behaͤllt/
So wird ein Wittwer ſich wol zu der Wittwe ſchicken/
Was ſoll dein Einſamkeit ſie ferner noch beſtricken?
Wend’t nicht Frau Sommerin den Sommer aller Luſt
Herr Reuſchens Hertze zu/ beut nicht ihr hold Geſichte
Jhm treue Neigung an/ der wahren Liebe Fruͤchte?
Es kroͤne ſonſt der May mit Blumen ſeine Bruſt/
Der Sommer reichet uns ein reichlicher Vergnuͤgen
Und wird der gruͤnen Zeit mit ſeiner Krafft obſiegen.
Gib/ Liebes-Koͤnigin/ dich aus dem wuͤſten Ort/
Die harte Satzung muͤß’ in Anmuth ſich verkehren/
Worzu
G g 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |