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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Hochzeit-Gedichte.
Wo find ich eine Fluth/ die Liebes-Flammen leschet
Verwandle/ wie du pflegst den Winter in den May/
Den Schnee in bunten Klee/ schaff einen Brunn darbey/
Und Silber-klaren Bach/ der seine Ufer wäschet/
Mit lispelndem Geräusch/ und unter Blum und Kräutern/
Sucht den beredten Lauff anmuthig zu erweitern.
Was/ Aberwitziger/ wilt du Gesetze geben/
Mir/ die ich auch den Gott deß Donners zwingen kan/
Hub Venus fast erzürnt mit harten Worten an:
Durch mich soll Margenis die Liebste wieder leben.
Trotz aller Musen Quell! Seht auf ihr Charitinnen/
Das Wunder meiner Hand den schönen Bach hie rinnen.
Es schien der linde West Narcissen auß zu blasen/
Ein kräfftiger Geruch den Ort gantz zu umziehn;
Man sah die Bäume krauß/ die Rosen-Sträuche blühn/
Der Spiegel-helle Bach floß durch den grünen Rasen.
Als Margenis entzückt vor Freuden aufgesprungen/
Und durch die Amorn hin zu dieser Flut gedrungen.
Ach! rief sie/ Brunn deß Heils sey tausendmal wilkommen/
Quell/ der mich sterbende auß Charons Nachen reist!
Fluth/ die mit Lebens-Thau benetzet meinen Geist!
Strom/ mit dem alle Lust und Liebe kommt geschwommen!
Bach/ die den Ursprung hat auß den Elyser Feldern/
Dem irrd' schen Paradiß/ und hoch geprießnen Wäldern.
Sie ließ den Marmor-Leib in die geliebten Wellen/
So scheint die Lilie durch ein Venedisch Glaß/
Als Augen/ Mund und Brust umfloß das süsse Naß/
Und fieng sich Buhlern gleich im küssen anzustellen/
Bald spielt es umb den Mund/ bald lieff es umb die Brüste/
Als wenn ein Doppel-Brunn auch hier entspringen müste.
Jhr Götter last die Lust auf ewig mich geniessen/
Jhr/ die ihr selbst geliebt/ wist was die Liebe thut/
Mir dringt durch Marck und Bein/ die angenehme Fluth.
Ach könt ich wie ein Bach in gleicher Lust zerfliessen!
Rief Margems erfreut mit sehnlichem Verlangen
So daß die Flut mehr Glut und Zunder hat empfangen.
Was schaft die Venus nicht? die Bach kriegt Arm und Glieder/
Es fühlt die Margenis die Lippe/ so sie küst/
Sie schmeckt das Zucker-Brod/ das ihren Mund versüst/
Und gibt den treuen Kuß mit reichem Wucher wieder.
Sie
Hochzeit-Gedichte.
Wo find ich eine Fluth/ die Liebes-Flammen leſchet
Verwandle/ wie du pflegſt den Winter in den May/
Den Schnee in bunten Klee/ ſchaff einen Brunn darbey/
Und Silber-klaren Bach/ der ſeine Ufer waͤſchet/
Mit liſpelndem Geraͤuſch/ und unter Blum und Kraͤutern/
Sucht den beredten Lauff anmuthig zu erweitern.
Was/ Aberwitziger/ wilt du Geſetze geben/
Mir/ die ich auch den Gott deß Donners zwingen kan/
Hub Venus faſt erzuͤrnt mit harten Worten an:
Durch mich ſoll Margenis die Liebſte wieder leben.
Trotz aller Muſen Quell! Seht auf ihr Charitinnen/
Das Wunder meiner Hand den ſchoͤnen Bach hie rinnen.
Es ſchien der linde Weſt Narciſſen auß zu blaſen/
Ein kraͤfftiger Geruch den Ort gantz zu umziehn;
Man ſah die Baͤume krauß/ die Roſen-Straͤuche bluͤhn/
Der Spiegel-helle Bach floß durch den gruͤnen Raſen.
Als Margenis entzuͤckt vor Freuden aufgeſprungen/
Und durch die Amorn hin zu dieſer Flut gedrungen.
Ach! rief ſie/ Brunn deß Heils ſey tauſendmal wilkommen/
Quell/ der mich ſterbende auß Charons Nachen reiſt!
Fluth/ die mit Lebens-Thau benetzet meinen Geiſt!
Strom/ mit dem alle Luſt und Liebe kommt geſchwommen!
Bach/ die den Urſprung hat auß den Elyſer Feldern/
Dem irꝛd’ ſchen Paradiß/ und hoch geprießnen Waͤldern.
Sie ließ den Marmor-Leib in die geliebten Wellen/
So ſcheint die Lilie durch ein Venediſch Glaß/
Als Augen/ Mund und Bruſt umfloß das ſuͤſſe Naß/
Und fieng ſich Buhlern gleich im kuͤſſen anzuſtellen/
Bald ſpielt es umb den Mund/ bald lieff es umb die Bruͤſte/
Als wenn ein Doppel-Brunn auch hier entſpringen muͤſte.
Jhr Goͤtter laſt die Luſt auf ewig mich genieſſen/
Jhr/ die ihr ſelbſt geliebt/ wiſt was die Liebe thut/
Mir dringt durch Marck und Bein/ die angenehme Fluth.
Ach koͤnt ich wie ein Bach in gleicher Luſt zerflieſſen!
Rief Margems erfreut mit ſehnlichem Verlangen
So daß die Flut mehr Glut und Zunder hat empfangen.
Was ſchaft die Venus nicht? die Bach kriegt Arm und Glieder/
Es fuͤhlt die Margenis die Lippe/ ſo ſie kuͤſt/
Sie ſchmeckt das Zucker-Brod/ das ihren Mund verſuͤſt/
Und gibt den treuen Kuß mit reichem Wucher wieder.
Sie
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[62/0136] Hochzeit-Gedichte. Wo find ich eine Fluth/ die Liebes-Flammen leſchet Verwandle/ wie du pflegſt den Winter in den May/ Den Schnee in bunten Klee/ ſchaff einen Brunn darbey/ Und Silber-klaren Bach/ der ſeine Ufer waͤſchet/ Mit liſpelndem Geraͤuſch/ und unter Blum und Kraͤutern/ Sucht den beredten Lauff anmuthig zu erweitern. Was/ Aberwitziger/ wilt du Geſetze geben/ Mir/ die ich auch den Gott deß Donners zwingen kan/ Hub Venus faſt erzuͤrnt mit harten Worten an: Durch mich ſoll Margenis die Liebſte wieder leben. Trotz aller Muſen Quell! Seht auf ihr Charitinnen/ Das Wunder meiner Hand den ſchoͤnen Bach hie rinnen. Es ſchien der linde Weſt Narciſſen auß zu blaſen/ Ein kraͤfftiger Geruch den Ort gantz zu umziehn; Man ſah die Baͤume krauß/ die Roſen-Straͤuche bluͤhn/ Der Spiegel-helle Bach floß durch den gruͤnen Raſen. Als Margenis entzuͤckt vor Freuden aufgeſprungen/ Und durch die Amorn hin zu dieſer Flut gedrungen. Ach! rief ſie/ Brunn deß Heils ſey tauſendmal wilkommen/ Quell/ der mich ſterbende auß Charons Nachen reiſt! Fluth/ die mit Lebens-Thau benetzet meinen Geiſt! Strom/ mit dem alle Luſt und Liebe kommt geſchwommen! Bach/ die den Urſprung hat auß den Elyſer Feldern/ Dem irꝛd’ ſchen Paradiß/ und hoch geprießnen Waͤldern. Sie ließ den Marmor-Leib in die geliebten Wellen/ So ſcheint die Lilie durch ein Venediſch Glaß/ Als Augen/ Mund und Bruſt umfloß das ſuͤſſe Naß/ Und fieng ſich Buhlern gleich im kuͤſſen anzuſtellen/ Bald ſpielt es umb den Mund/ bald lieff es umb die Bruͤſte/ Als wenn ein Doppel-Brunn auch hier entſpringen muͤſte. Jhr Goͤtter laſt die Luſt auf ewig mich genieſſen/ Jhr/ die ihr ſelbſt geliebt/ wiſt was die Liebe thut/ Mir dringt durch Marck und Bein/ die angenehme Fluth. Ach koͤnt ich wie ein Bach in gleicher Luſt zerflieſſen! Rief Margems erfreut mit ſehnlichem Verlangen So daß die Flut mehr Glut und Zunder hat empfangen. Was ſchaft die Venus nicht? die Bach kriegt Arm und Glieder/ Es fuͤhlt die Margenis die Lippe/ ſo ſie kuͤſt/ Sie ſchmeckt das Zucker-Brod/ das ihren Mund verſuͤſt/ Und gibt den treuen Kuß mit reichem Wucher wieder. Sie

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/136>, abgerufen am 22.11.2024.