Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Schon um dessentwegen, weil Sie seine Beschützerin sind. Seine Beschützerin bin ich nicht, versetzte sie, warum auch sollte er meinen Schutz nöthig haben, der ihm nichts nützen würde? Aber er hat mehr gelernt, als alle Männer hier umher, und was er sagt und denkt, ist gut und verständig. -- Er wohnt arm und allein dort in dem kleinen Hause, thut Jedem wohl, so viel er vermag, hilft und räth den Leuten, welche zu ihm kommen, und beleidigt Niemanden. Das ist eine lange Lobrede, rief Stureson, ich beneide ihn darum, und sicher ist sie gerechtfertigt. Sie kennen den bescheidenen Schulmeister schon lange? Ich habe ihn früher wohl öfters gesehen, antwortete Mary, als er in Holmböe's Haus lebte, der ihn wie sein Kind hielt. Der wackere alte Mann hatte sich seiner angenommen, als er ihn einst tief in den Roskefjellen traf, wo Olaf Vieh hütete und an einem Wasserfalle sitzend auf seiner kleinen Violine spielte. Und er glaubte einen großen Virtuosen aus ihm zu machen, einen Ole-Bull, ein lappisches Genie, das durch die Welt reisen und sich bewundern lassen könnte, rief der Landrichter spottend. Mary schwieg, es kam ein Unwille über sie. -- Nun immerhin, fuhr Stureson fort, es ist genug aus ihm geworden, und wenn er mein Wohlwollen verdient, will ich gern mich seiner annehmen. Schon um dessentwegen, weil Sie seine Beschützerin sind. Seine Beschützerin bin ich nicht, versetzte sie, warum auch sollte er meinen Schutz nöthig haben, der ihm nichts nützen würde? Aber er hat mehr gelernt, als alle Männer hier umher, und was er sagt und denkt, ist gut und verständig. — Er wohnt arm und allein dort in dem kleinen Hause, thut Jedem wohl, so viel er vermag, hilft und räth den Leuten, welche zu ihm kommen, und beleidigt Niemanden. Das ist eine lange Lobrede, rief Stureson, ich beneide ihn darum, und sicher ist sie gerechtfertigt. Sie kennen den bescheidenen Schulmeister schon lange? Ich habe ihn früher wohl öfters gesehen, antwortete Mary, als er in Holmböe's Haus lebte, der ihn wie sein Kind hielt. Der wackere alte Mann hatte sich seiner angenommen, als er ihn einst tief in den Roskefjellen traf, wo Olaf Vieh hütete und an einem Wasserfalle sitzend auf seiner kleinen Violine spielte. Und er glaubte einen großen Virtuosen aus ihm zu machen, einen Ole-Bull, ein lappisches Genie, das durch die Welt reisen und sich bewundern lassen könnte, rief der Landrichter spottend. Mary schwieg, es kam ein Unwille über sie. — Nun immerhin, fuhr Stureson fort, es ist genug aus ihm geworden, und wenn er mein Wohlwollen verdient, will ich gern mich seiner annehmen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0055"/> Schon um dessentwegen, weil Sie seine Beschützerin sind.</p><lb/> <p> Seine Beschützerin bin ich nicht, versetzte sie, warum auch sollte er meinen Schutz nöthig haben, der ihm nichts nützen würde? Aber er hat mehr gelernt, als alle Männer hier umher, und was er sagt und denkt, ist gut und verständig. — Er wohnt arm und allein dort in dem kleinen Hause, thut Jedem wohl, so viel er vermag, hilft und räth den Leuten, welche zu ihm kommen, und beleidigt Niemanden.</p><lb/> <p> Das ist eine lange Lobrede, rief Stureson, ich beneide ihn darum, und sicher ist sie gerechtfertigt. Sie kennen den bescheidenen Schulmeister schon lange?</p><lb/> <p> Ich habe ihn früher wohl öfters gesehen, antwortete Mary, als er in Holmböe's Haus lebte, der ihn wie sein Kind hielt. Der wackere alte Mann hatte sich seiner angenommen, als er ihn einst tief in den Roskefjellen traf, wo Olaf Vieh hütete und an einem Wasserfalle sitzend auf seiner kleinen Violine spielte.</p><lb/> <p> Und er glaubte einen großen Virtuosen aus ihm zu machen, einen Ole-Bull, ein lappisches Genie, das durch die Welt reisen und sich bewundern lassen könnte, rief der Landrichter spottend.</p><lb/> <p> Mary schwieg, es kam ein Unwille über sie. — Nun immerhin, fuhr Stureson fort, es ist genug aus ihm geworden, und wenn er mein Wohlwollen verdient, will ich gern mich seiner annehmen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
Schon um dessentwegen, weil Sie seine Beschützerin sind.
Seine Beschützerin bin ich nicht, versetzte sie, warum auch sollte er meinen Schutz nöthig haben, der ihm nichts nützen würde? Aber er hat mehr gelernt, als alle Männer hier umher, und was er sagt und denkt, ist gut und verständig. — Er wohnt arm und allein dort in dem kleinen Hause, thut Jedem wohl, so viel er vermag, hilft und räth den Leuten, welche zu ihm kommen, und beleidigt Niemanden.
Das ist eine lange Lobrede, rief Stureson, ich beneide ihn darum, und sicher ist sie gerechtfertigt. Sie kennen den bescheidenen Schulmeister schon lange?
Ich habe ihn früher wohl öfters gesehen, antwortete Mary, als er in Holmböe's Haus lebte, der ihn wie sein Kind hielt. Der wackere alte Mann hatte sich seiner angenommen, als er ihn einst tief in den Roskefjellen traf, wo Olaf Vieh hütete und an einem Wasserfalle sitzend auf seiner kleinen Violine spielte.
Und er glaubte einen großen Virtuosen aus ihm zu machen, einen Ole-Bull, ein lappisches Genie, das durch die Welt reisen und sich bewundern lassen könnte, rief der Landrichter spottend.
Mary schwieg, es kam ein Unwille über sie. — Nun immerhin, fuhr Stureson fort, es ist genug aus ihm geworden, und wenn er mein Wohlwollen verdient, will ich gern mich seiner annehmen.
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