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Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

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Des ersten Hauptstücks
zweyter Abschnitt.
Von dem Tacte, oder musikalischen Zeitmaase.
§. 1.

Der Tact macht die Melodie: folglich ist er die Seele der Musik. Er be-
lebt nicht nur allein dieselbe; sondern er erhält auch alle Glieder derselben
in ihrer Ordnung. Der Tact bestimmet die Zeit, in welcher verschiedene No-
ten müssen abgespielet werden, und ist dasjenige, was manchem, der sonst in
der Musik schon ziemlich weit gekommen ist, auch wider seine von sich selbst hä-
gende gute Meinung öfters noch mangelt; welcher Mangel von der anfänglichen
Vernachlässigung des Tactes herrühret. Es ist also an dem musikalischen Zeit-
maase alles gelegen: und der Lehrmeister hat seine größte Mühe mit Gedult da-
hin anzuwenden, daß der Schüler solches mit Fleiß und Obachtsamkeit recht-
schaffen ergreife.

§. 2.

Der Tact wird durch das Aufheben und Niederschlagen der Hand ange-
zeiget; nach welcher Bewegung alle zugleich singende und spielende Personen sich
zu richten haben. Und gleichwie die Mediciner die Bewegung der Pulsadern
mit dem Name Systole und Diastole benennen (a): also heißt man in der
Musik das Niederschlagen Thesin das Aufheben der Hand aber Arsin (b).

§. 3.

Bey der alten Musik hatte man unterschiedliche Meinungen: und es war al-
les in grosser Verwirrung. Man bemerkte den Tact durch ganze Cirkel und hal-

be
(a) Sustole, Diastole.
(b) Thisis, Arsis Giuseppe Zarlino Cap. 49. Es kommt unfehlbar von tithemi, po-
no;
und von airo tollo.
D 2


Des erſten Hauptſtuͤcks
zweyter Abſchnitt.
Von dem Tacte, oder muſikaliſchen Zeitmaaſe.
§. 1.

Der Tact macht die Melodie: folglich iſt er die Seele der Muſik. Er be-
lebt nicht nur allein dieſelbe; ſondern er erhaͤlt auch alle Glieder derſelben
in ihrer Ordnung. Der Tact beſtimmet die Zeit, in welcher verſchiedene No-
ten muͤſſen abgeſpielet werden, und iſt dasjenige, was manchem, der ſonſt in
der Muſik ſchon ziemlich weit gekommen iſt, auch wider ſeine von ſich ſelbſt haͤ-
gende gute Meinung oͤfters noch mangelt; welcher Mangel von der anfaͤnglichen
Vernachlaͤſſigung des Tactes herruͤhret. Es iſt alſo an dem muſikaliſchen Zeit-
maaſe alles gelegen: und der Lehrmeiſter hat ſeine groͤßte Muͤhe mit Gedult da-
hin anzuwenden, daß der Schuͤler ſolches mit Fleiß und Obachtſamkeit recht-
ſchaffen ergreife.

§. 2.

Der Tact wird durch das Aufheben und Niederſchlagen der Hand ange-
zeiget; nach welcher Bewegung alle zugleich ſingende und ſpielende Perſonen ſich
zu richten haben. Und gleichwie die Mediciner die Bewegung der Pulsadern
mit dem Name Syſtole und Diaſtole benennen (a): alſo heißt man in der
Muſik das Niederſchlagen Theſin das Aufheben der Hand aber Arſin (b).

§. 3.

Bey der alten Muſik hatte man unterſchiedliche Meinungen: und es war al-
les in groſſer Verwirrung. Man bemerkte den Tact durch ganze Cirkel und hal-

be
(a) Συστολὴ, Διαστολὴ.
(b) Θίσις, Ἄρσις Giuſeppe Zarlino Cap. 49. Es kommt unfehlbar von τίθημι, po-
no;
und von αἴρω tollo.
D 2
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[27/0049] Des erſten Hauptſtuͤcks zweyter Abſchnitt. Von dem Tacte, oder muſikaliſchen Zeitmaaſe. §. 1. Der Tact macht die Melodie: folglich iſt er die Seele der Muſik. Er be- lebt nicht nur allein dieſelbe; ſondern er erhaͤlt auch alle Glieder derſelben in ihrer Ordnung. Der Tact beſtimmet die Zeit, in welcher verſchiedene No- ten muͤſſen abgeſpielet werden, und iſt dasjenige, was manchem, der ſonſt in der Muſik ſchon ziemlich weit gekommen iſt, auch wider ſeine von ſich ſelbſt haͤ- gende gute Meinung oͤfters noch mangelt; welcher Mangel von der anfaͤnglichen Vernachlaͤſſigung des Tactes herruͤhret. Es iſt alſo an dem muſikaliſchen Zeit- maaſe alles gelegen: und der Lehrmeiſter hat ſeine groͤßte Muͤhe mit Gedult da- hin anzuwenden, daß der Schuͤler ſolches mit Fleiß und Obachtſamkeit recht- ſchaffen ergreife. §. 2. Der Tact wird durch das Aufheben und Niederſchlagen der Hand ange- zeiget; nach welcher Bewegung alle zugleich ſingende und ſpielende Perſonen ſich zu richten haben. Und gleichwie die Mediciner die Bewegung der Pulsadern mit dem Name Syſtole und Diaſtole benennen (a): alſo heißt man in der Muſik das Niederſchlagen Theſin das Aufheben der Hand aber Arſin (b). §. 3. Bey der alten Muſik hatte man unterſchiedliche Meinungen: und es war al- les in groſſer Verwirrung. Man bemerkte den Tact durch ganze Cirkel und hal- be (a) Συστολὴ, Διαστολὴ. (b) Θίσις, Α῎ρσις Giuſeppe Zarlino Cap. 49. Es kommt unfehlbar von τίθημι, po- no; und von αἴρω tollo. D 2

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Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/49>, abgerufen am 23.11.2024.