Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite
Das eilfte Hauptstück.
[Abbildung]
§. 22.

Alle diese Auszierungen brauche man aber nur, wenn man ein Solo
spielet; und dort sehr mäßig, zur rechten Zeit, und nur zur Abwechselung
einiger öfter nach einander kommenden Passagen. Und man sehe wohl auf die
Vorschrift des Componisten: denn bey der Anwendung solcher Auszierungen
verräth man am ehesten seine Unwissenheit. Absonderlich aber hüte man sich
vor allen willkührlichen Zieraten, wenn mehrer aus einer Stimme spielen.
Was würde es vor eine Verwirrung geben, wenn ieder nach seinem Sinne die
Noten verkräuseln wollte? und würde man nicht letztlich wegen der verschiedenen
ungeschickt eingemischten abscheulichen Schönheiten keine Melodie mehr verstehen?
Ich weiß wie bange einem wird, wenn man die singbarsten Stücke durch unnö-
tige Verzierungen so erbärmlich verstümpeln höret. Jch will in dem folgenden
Hauptstücke hiervon etwas mehrers reden.



Das
J i 2
Das eilfte Hauptſtuͤck.
[Abbildung]
§. 22.

Alle dieſe Auszierungen brauche man aber nur, wenn man ein Solo
ſpielet; und dort ſehr maͤßig, zur rechten Zeit, und nur zur Abwechſelung
einiger oͤfter nach einander kommenden Paſſagen. Und man ſehe wohl auf die
Vorſchrift des Componiſten: denn bey der Anwendung ſolcher Auszierungen
verraͤth man am eheſten ſeine Unwiſſenheit. Abſonderlich aber huͤte man ſich
vor allen willkuͤhrlichen Zieraten, wenn mehrer aus einer Stimme ſpielen.
Was wuͤrde es vor eine Verwirrung geben, wenn ieder nach ſeinem Sinne die
Noten verkraͤuſeln wollte? und wuͤrde man nicht letztlich wegen der verſchiedenen
ungeſchickt eingemiſchten abſcheulichen Schoͤnheiten keine Melodie mehr verſtehen?
Ich weiß wie bange einem wird, wenn man die ſingbarſten Stuͤcke durch unnoͤ-
tige Verzierungen ſo erbaͤrmlich verſtuͤmpeln hoͤret. Jch will in dem folgenden
Hauptſtuͤcke hiervon etwas mehrers reden.



Das
J i 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0279" n="251"/>
            <fw type="header" place="top">Das eilfte Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/>
            <figure/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>§. 22.</head><lb/>
            <p>Alle die&#x017F;e Auszierungen brauche man aber nur, wenn man ein Solo<lb/>
&#x017F;pielet; und dort &#x017F;ehr ma&#x0364;ßig, zur rechten Zeit, und nur zur Abwech&#x017F;elung<lb/>
einiger o&#x0364;fter nach einander kommenden Pa&#x017F;&#x017F;agen. Und man &#x017F;ehe wohl auf die<lb/>
Vor&#x017F;chrift des Componi&#x017F;ten: denn bey der Anwendung &#x017F;olcher Auszierungen<lb/>
verra&#x0364;th man am ehe&#x017F;ten &#x017F;eine Unwi&#x017F;&#x017F;enheit. Ab&#x017F;onderlich aber hu&#x0364;te man &#x017F;ich<lb/>
vor allen willku&#x0364;hrlichen Zieraten, wenn mehrer aus einer Stimme &#x017F;pielen.<lb/>
Was wu&#x0364;rde es vor eine Verwirrung geben, wenn ieder nach &#x017F;einem Sinne die<lb/>
Noten verkra&#x0364;u&#x017F;eln wollte? und <choice><sic>wurde</sic><corr>wu&#x0364;rde</corr></choice> man nicht <choice><sic>letzlich</sic><corr>letztlich</corr></choice> wegen der ver&#x017F;chiedenen<lb/>
unge&#x017F;chickt eingemi&#x017F;chten ab&#x017F;cheulichen Scho&#x0364;nheiten keine Melodie mehr ver&#x017F;tehen?<lb/><choice><sic>ich</sic><corr>Ich</corr></choice> weiß wie bange einem wird, wenn man die &#x017F;ingbar&#x017F;ten Stu&#x0364;cke durch unno&#x0364;-<lb/>
tige Verzierungen &#x017F;o erba&#x0364;rmlich ver&#x017F;tu&#x0364;mpeln ho&#x0364;ret. Jch will in dem folgenden<lb/>
Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke hiervon etwas mehrers reden.</p>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <fw type="sig" place="bottom">J i 2</fw>
      <fw type="catch" place="bottom">Das</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0279] Das eilfte Hauptſtuͤck. [Abbildung] §. 22. Alle dieſe Auszierungen brauche man aber nur, wenn man ein Solo ſpielet; und dort ſehr maͤßig, zur rechten Zeit, und nur zur Abwechſelung einiger oͤfter nach einander kommenden Paſſagen. Und man ſehe wohl auf die Vorſchrift des Componiſten: denn bey der Anwendung ſolcher Auszierungen verraͤth man am eheſten ſeine Unwiſſenheit. Abſonderlich aber huͤte man ſich vor allen willkuͤhrlichen Zieraten, wenn mehrer aus einer Stimme ſpielen. Was wuͤrde es vor eine Verwirrung geben, wenn ieder nach ſeinem Sinne die Noten verkraͤuſeln wollte? und wuͤrde man nicht letztlich wegen der verſchiedenen ungeſchickt eingemiſchten abſcheulichen Schoͤnheiten keine Melodie mehr verſtehen? Ich weiß wie bange einem wird, wenn man die ſingbarſten Stuͤcke durch unnoͤ- tige Verzierungen ſo erbaͤrmlich verſtuͤmpeln hoͤret. Jch will in dem folgenden Hauptſtuͤcke hiervon etwas mehrers reden. Das J i 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/279
Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/279>, abgerufen am 23.11.2024.