Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.Des siebenden Hauptstücks, erster Abschnitt. §. 20. Es ist aber nicht genug, daß man dergleichen Figuren nach der ange- Des
Des ſiebenden Hauptſtuͤcks, erſter Abſchnitt. §. 20. Es iſt aber nicht genug, daß man dergleichen Figuren nach der ange- Des
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Des ſiebenden Hauptſtuͤcks, erſter Abſchnitt.
§. 20.
Es iſt aber nicht genug, daß man dergleichen Figuren nach der ange-
zeigten Strichart platt wegſpiele: man muß ſie auch ſo vortragen, daß die
Veraͤnderung gleich in die Ohren faͤllt. Freylich gehoͤrte eine dergleichen Lehre
des ſchmackhaften Vortrags in eine eigene Abhandlung: Von dem guten
muſikaliſchen Geſchmack. Allein warum ſoll man denn nicht bey guter
Gelegenheit auch etwas vom guten Geſchmack mitnehmen, und den Schuͤler
an einen ſingbaren Vortrag gewoͤhnen? Ein Anfaͤnger wird dadurch ge-
ſchickter die Regeln des Geſchmackes ſeiner Zeit beſſer einzuſehen; und der Lehr-
meiſter hat alsdann nur halbe Muͤhe ſolche ihm beyzubringen. Wenn nun
in einem muſikaliſchen Stuͤcke 2. 3. 4. und noch mehr Noten durch den
Halbcirkel zuſammen verbunden werden, daß man daraus erkennet, der
Componiſt wolle ſolche Noten nicht abgeſoͤndert ſondern in einem Schleifer
ſingbar vorgetragen wiſſen: ſo muß man die erſte ſolcher vereinbarten Noten
etwas ſtaͤrker angreifen, die uͤbrigen aber ganz gelind und immer etwas ſtiller
daran ſchleifen. Man verſuche es in den vorigen Beyſpielen. Man wird
ſehen, daß die Staͤrke bald auf das erſte, bald auf das andere oder dritte
Viertheil, ja oft ſogar auf die zwote Helfte des erſten, zwoten oder drit-
ten Viertheils faͤllt. Dieß veraͤndert nun unſtreitig den ganzen Vortrag:
und man handelt ſehr vernuͤnftig, wenn man dieſe und dergleichen Paſſagen,
ſonderheitlich die vier und dreyſſigſte, anfangs recht langſam abſpielet; um
ſich die Art ieder Veraͤnderung rechtſchaffen bekannt, nachdem aber
erſt durch eine fleiſſige Uebung gelaͤufiger zu machen.
Des
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